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Friedrich des Großmüthigen Todesurtheil.

(1547)

Vor Wittenbergs Veste geht's lustig her
Im kaiserlichen Lager,
Der Spanier trinkt dem Deutschen zu,
Der Florentiner dem Prager.

Da läuft die Marketenderin
Mit den Würfeln durch die Zelte,
Ihr liebes Wort, ihr heitrer Blick
Scheucht des bärtigsten Kriegers Kälte.

Hier predigt ein Fähnrich schneidenden Tons
Der berauschten Söldnermasse:
»Meiner Treu! ich war in dem Rattennest heut,
Ein Bollwerk ist jede Gasse!« –

»Was Bollwerk!« schreit ihm höhnisch drein
Des Kaisers Pferdebube,
»Keinen Stein auf dem andern lassen wir stehn
In Wittenbergs Ketzergrube!« –

Im Purpurzelte sitzt Kaiser Karl,
Eine Trommel dient ihm zum Throne;
Der Herzog Alba hält Blutgericht
Mit den Großen der spanischen Krone.

Kalt zuckt der Hohn über Alba's Stirn,
Um die bleichen, gefurchten Wangen,
Er spricht das Urthel Kursachsens Herrn,
Den der Kaiser bei Mühlberg gefangen.

Der Kurfürst Friedrich spielt indeß
Ganz sorglos und unverdrossen
Im nächsten Zelt das geliebte Schach
Mit seinem gefangnen Genossen.

Dem Herzog Ernst von Braunschweig gilt's
Einen Fehlzug abzulauern,
Nicht kümmern den Fürsten jetzt Kaiser und Reich,
Ihn kümmern nur Thürm' und Bauern.

Da theilt sich des Zeltes Vorhang zurück,
Begleitet von Lanzenknechten
Tritt der Waffenherold des Kaisers herein,
Ein Pergament in der Rechten.

Er tritt herein und hervor zum Tisch
Und liest mit kräftiger Stimme:
»Kurfürst von Sachsen, das Urthel hört
Ob eurem rebellischen Grimme!

»Als ein Beleidger der Majestät,
Als Empörer seiner Vasallen,
Als Geächteter, Herr, ist euer Haupt
Dem Schwerte des Henkers verfallen!« –

Wol hört Johann Friedrich den Todesspruch,
Doch ruhig bleibt seine Miene,
Als wär' gegen Furcht sein Herz geschirmt
Mit zehnfacher Panzerschiene.

Schlausinnend blickt er auf Herzog Ernst,
Spielt über dem Bret mit dem Finger,
Als ging es jetzo nicht um den Kopf,
Als ging es nur um den Springer.

Sanft spricht er: »Ich meine die Majestät
Wird sich noch zur Gnade bequemen,
Wenn nicht, so sagt mir den Tag meines Tods,
Lebwohl von den Meinen zu nehmen.

»Den Todestag nennt mir, ich bitt' euch heiß,
Bleibt der Kaiser so unversöhnig!« –
Dann kehrt' er zu Braunschweigs Herzog sich rasch:
» Pergamus! – Schach biet' ich dem König!«



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