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Die Belagerung von Gröningen.

(916)

Der Kaiser kam in raschem Zug,
Zu beugen Heinrich's Stolz,
Deß festen Sinn kein Bischoffstrug,
Kein Königszepter schmolz.

Zu Gröningen bei Halberstadt
Belagert und verrammt
Sah Heinrich all' die Seinen matt,
Doch Konrads Heer entflammt.

Es sprengt des Kaisers Kämmerling
Zu Heinrich's Burg empor:
»Ist Gnade dir ein süßes Ding,
So öffne Stadt und Thor!«

Unschlüssig blickt der Herzog drein,
Der Zweifel macht ihn stumm –
Da tritt Graf Dietmar hurtig ein,
Als wüßt er nichts darum.

Behaglich streicht er sich das Kinn:
»Nun Herzog, nachgedacht!
Wo soll das neue Kriegsvolk hin,
Das rings ich aufgebracht?«

Dem Herzog fährt's durch Bein und Mark:
»Wie viel sind's ihrer Mann?« –
»»Ich schlag' die Fähnlein, voll und stark,
Auf dreißigtausend an!««

Zu dem Gesandten wendet sich
Der Herzog barsch und spricht:
»Ein Feigling nur verpfändet sich,
Ich aber beug' mich nicht!« –

Im Lager ging die Kunde drauf
Angstvoll von Reih' zu Reih', –
Das Kaiserheer brach eilig auf
Und gab die Veste frei.

Herbei ruft Dietmar von Wettin
Den Herzog rasch und neckt:
»Ei! wie behend die Spatzen fliehn,
Wenn sie die Scheuche schreckt!

»Sieh hin, was meine List ersann!
Und wisse, daß im Wind
All meine dreißigtausend Mann
Auf fünf geschmolzen sind!«



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