Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Kurfürst Johann Friedrich der Großmüthige.

(1532-1554)

Die Schlacht bei Mühlberg.

(1547)

Tiefer grauer Morgennebel
Hüllt die Elb' und Lochau's Haide,
Hüllt das Lagerfeld vor Mühlberg,
Hüllt das Herz auch Johann Friedrichs.

In die Acht erklärt vom Kaiser,
Traut er seinem guten Glücke,
Trotzt der List des falschen Moritz,
Gott und Luthers Lehr' ergeben.

Sorglos um der Feinde Nahen
Lauscht der Kurfürst voller Inbrunst
In dem Zelt der Morgenandacht,
Die vom »guten Hirten« predigt.

Ahnend nicht die nächt'gen Schritte
Des kathol'schen Fürstenbundes,
Letzt der Kurfürst noch gemächlich
An der Tafel seinen Gaumen.

Horch! da grüßt Musik sein Frühstück,
Ferner Kugeln gelles Pfeifen!
Von der Elbe zischt's herüber
Aus der Hakenschützen Büchsen.

Gegen Ungarn, gegen Spanier
Rüstet sich des Sachsen Vortrapp;
Flugs die Schiffbrück' angezündet!
Nieder kracht sie in die Fluten.

Pfeilschnell doch auf ihre Trümmer
Schwingen sich die kecken Spanier,
Nackt, den Degen in den Zähnen
Schwimmen sie durch Kugelregen;

Schwimmen tollkühn, todeslachend
Und erreichen Mühlbergs Ufer,
Während deß hält Herzog Alba
Jenseits vor dem Kaiserlager.

Und er sieht in seichter Elbfurt
Einen Bürger Mühlbergs reiten:
»Heda, Bursch! kehr' um und führ' uns,
Widerspruch lohnt Dir die Kugel!«

Durch die Elbe rauscht der Kriegszug,
Festen Muths voran der Bürger,
Hinterdrein der Herzog Moritz,
Kaiser Karl und all die Seinen. –

In das Zelt zu Kurfürst Friedrich
Eilt jetzt warnend Wach' um Wache;
Doch der lacht: »O nimmer fürcht' ich
Meines Vetters Moritz Falschheit!«

In das Zelt zu Kurfürst Friedrich
Stürmt sein Kämmerer außer Athem:
»Kurfürst! schnell zu Roß! der Kaiser
Setzt schon über mit den Truppen!

»Herzog Moritz läßt euch melden,
Wenn ihr euch des Kaisers Gnade
Wollt ergeben, reicht die Hand er
Zur Vermittlung Euch als Vetter!«

Rasch auf's Roß schwingt sich der Kurfürst:
»Vorwärts! nichts von Gnad' und Moritz!
Trost für Kranke! – ha, mich schützt noch
Wald und Wittenberg und Elbe!«

Johann Friedrich jagt gen Lochau,
Hinter ihm des Feinds Geschwader,
Die in immer dichtern Haufen
Durch die Furt zum Ufer drängen.

Mittags, hei! welch Salutiren
Vor dem Wald auf Lochau's Haide,
Kugeln singen hier » Te Deum,«
Dort »Ein' feste Burg« dem Feinde.

Aber weh Dir, Kurfürst Friedrich,
An der Treue Deiner Feldherrn
Scheitert jetzt Dein leckes Fahrzeug,
Denn sie steuern Dich in's Unheil!

Ungrische Husaren stürmen
In des Feindes rechten Flügel,
In den linken drängt die Seinen
Mördrisch feuernd Herzog Moritz.

»Sieg-Hispania!« dröhnt der Kriegsschrei
Durch die kaiserlichen Reiter,
Die mit Karl und Alba sprengen
Mitten in der Sachsen Fußvolk.

Treulos flüchten Friedrichs Truppen
In der Kameraden Reihen,
Ihre Glieder wild verwirrend
Und im eignen Tod verblutend.

Rings nur Elend auf der Wahlstatt,
Leichen und zerschellte Waffen;
Lanzenknechte, schwerverwundet,
Hinter Weidenbäumen schmachtend!

Fliehend lenkt der Kurfürst Friedrich
Schon gen Wittenberg durch's Moorland,
Als ihn span'sche Reiterposten
Trotz der Dämmernacht erkennen.

»Ketzer, gib Dich!« schrei'n sie haltend;
Tigergrimmig ficht der Kurfürst,
Doch ein Hieb in seinen Backen,
Doch ein Halsstich macht ihn wanken.

Plötzlich naht dem Trupp ein Hauptmann
Von des Herzog Moritz Fähnlein,
Schnell den Spaniern wehrend ruft er:
»Kurfürst Friedrich! mir ergib Dich!« –

»»Und Du bist?«« – »Ein Deutscher, Trotta!«
»»Nun so bin ich Dein Gefangner!««
Einen Ring dem Ritter reichend
Flüstert Friedrich: »Führ' mich hin denn!« –

Dunkel deckt das blut'ge Schlachtfeld,
Drüber Raben krächzend flattern;
Ueber Leichen, argverstümmelt,
Folgt der Fürst zu Roß dem Sieger.

Aus den Wunden rinnt ein Blutstrom
Auf sein Panzerhemde nieder,
Doch ein Meer von herbern Qualen
Tobt der Gram in seinem Herzen.

Neben ihm das Freudejauchzen
Spanischer und welscher Laute,
Unter ihm das Krampfgeschluchze
Sterbender, getreuer Brüder.

Eine Stunde währt der Ritt wol
Zu dem Feldherrn Herzog Alba,
Der den fürstlichen Gefangnen
Spöttisch lächelnd führt zum Kaiser.

Kaiser Karl in goldnem Harnisch,
Eine Sturmhaub' auf dem Haupte,
In der Rechten einen Jagdspeer,
Hält zu Roß vor einem Zaune.

Kaum erblickt ihn Kurfürst Friedrich,
Richtet er sein Aug' gen Himmel,
Faltet fromm die Händ' und betet:
»Herr, mein Gott, erbarm' Dich meiner!«

Sich vom Pferde schwingend zieht er
Hurtig ab die Eisenhandschuh,
Fällt aufs Knie und streckt die Rechte
Dem gewalt'gen Karl entgegen.

Der doch weist die Hand zurück ihm;
Friedrich nimmt darauf den Helm ab:
»Allergnädigster Herr Kaiser,
Eurer Majestät Gefangner« –

Barsch nimmt Karl das Wort vom Mund ihm:
» Bin ich Kaiser jetzt? – Was meint ihr,
Wie ich euch nun soll begegnen?«
Kurz entgegnet Friedrich: »Fürstlich!«

»»Ein Gefängniß soll euch werden,
Wie es eure Schuld verdient hat«« –
Kurfürst Friedrich zuckt die Achseln,
Setzt den Helm auf und erwiedert:

»Herr! ich bin in euren Händen,
Thut mit mir, was euch genehm ist;
Hab' ich auch das Feld verloren,
Noch verlor' ich nicht den Gleichmuth!«



 << zurück weiter >>