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Friedrich und sein Kind.

(1307)

Wie funkeln im Thale Schwert und Speer,
Wie rasseln die Panzer und Schienen,
Mit eisernem Stachel fliegen herbei
Die schwäbischen Räuberbienen.

Thüringens Herz, die Wartburg liegt
Von Kaiser Albrecht umzingelt,
Hohngrinsend hat das schuppige Heer
Die Veste dicht umringelt.

Deß lacht der Landgraf Friedrich stolz,
Er streicht die vernarbte Wange:
»Ich trotze dem hungerdrohenden Gift,
Der kaiserlichen Schlange!«

Aufging ihm in der höchsten Noth
Des Lebens freundliche Sonne,
Er drückt sein neugeborenes Kind
Ans Herz voll Vaterwonne.

Er herzt es heiß, er küßt es sanft
Und spricht zu seinem Weibe:
»Heut sorg' ich für mein Töchterlein,
Daß es keine Heidin bleibe!«

Er stößt ins Horn – Vasallen nahn,
Geharnischt von Kopf zu Fuße,
An ihre Spitze tritt Friedrich keck
Und neigt sich zum Abschiedsgruße:

»Elisabeth! es sinkt die Nacht,
Bei mir ist das Kindlein geborgen,
Ich reite mit ihm zu Tennebergs Abt,
Von der Taufe kehr' ich am Morgen!«

Flugs schwingt er sich mit dem Kind aufs Roß,
Ihm folgen die bärtigen Mannen,
Die Amme mitten in ihrer Hut
Sprengen sie schweigsam von dannen.

Schon jagen sie über die Felder hin,
Schon lenken sie um den Hügel,
Da hebt sich winkend mit der Hand
Der Landgraf hoch im Bügel:

»Hört ihr das Roßgetrappel fern,
Von rechts her tragen's die Lüfte!« –
Gewappnet zum Kampf stemmt Mann an Mann
Die Streitaxt in die Hüfte.

Hell schimmert ein rother Fackelschein,
Grell lodert er näher und näher,
Die Reichspaniere funkeln darein
Der feindlichen Sperber und Häher.

Vom Waffenlärm erwacht das Kind,
Es weint vor Durst so kläglich,
So hilflos schmachtend, – des Vaters Brust
Durchzuckt der Schrei unsäglich.

Schon hüllt den Berg in düstres Roth
Der Fackeln qualmende Flamme –
Da faßt der Landgraf hastig das Kind
Und reicht es der zitternden Amme.

»Haltet an, ihr Herrn! schlagt muthig drein!
Den Aar gilts niederzureißen!
Mein Kind muß trinken – und sollt es selbst
Thüringen kosten und Meißen.«

Die Amme stillt das dürstende Kind,
Es trinkt vom himmlischen Quelle
So wonnigsüß, so befriedigt still,
Die Aeuglein blinken ihm helle:

Indessen der Vater mit Löwenkraft
Die Schädel der Feinde spaltet,
Indessen vom Schlag der Thüringer Faust
Die schwäbische Streitlust erkaltet.

»Mein Kind muß trinken – und sollt es selbst
Thüringen kosten und Meißen« –
An diesem Schlachtruf mußten ins Gras
Viel Hundert Gewappnete beißen.

Und wieder nimmt der Landgraf kühn
Sein Kindlein in die Arme,
Jagt wilden Flugs gen Tenneberg,
Gefürchtet vom Kaiserschwarme.

Den Abt vom Kloster Reinhardsbrunn
Läßt stracks der Landgraf rufen,
Trägt ihm zur Taufe die Tochter empor
Die heiligen Altarstufen.



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