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Der Brüder Aussöhnung.

(1450)

Unablösbar wie der Epheu,
Der mit grünbemoosten Ranken
Eng verwächst dem Nachbarbaume,
Schlossen sich an Kurfürst Friedrich
Die getreuen Bürger Gera's,
Retteten die Stadt und schlugen
Tapfer bei dem ersten Sturme
In die Flucht die Böhmschen Horden,
Herzog Wilhelms rohe Söldner.

Apel Graf von Vitzthum, rührig
Stets der Brüder Zwist zu schüren,
Sprengt durch die gelösten Reihen
Und entlodert listgen Wortes
Zu erneutem Sturm die Böhmen,
Ihrer Wuth die Stadt versprechend.

Streift ein Blitz des Baumes Rinde,
Sengt und flammt empor der Epheu,
Der den Stamm getreu umklammert,
Doch der Baum steht fest im Marke.

Nichts vermochten mehr die Bürger,
Wie sie löwenmuthig kämpften,
Trostlos fiel die Stadt dem Feinde,
Nieder rasselten die Brücken,
Und die Böhmen zogen siegend
Durch die blutgedrängten Gassen,
Plünderten die Häuser, schonten
Nicht das Kind im Mutterleibe,
Dolchten Frau'n und Greise nieder.

Furchtbar loht die Stadt in Flammen,
Alles flüchtet, Rettung suchend,
In die Kirche Sankt Salvator.
Tigergierig labt sich Vitzthum,
Mordsucht stachelt ihm das Herz auf,
Durch die Fenster, durch die Thore
Läßt er auf die Flüchtgen feuern,
Und zuletzt mit Donnerbüchsen
Selbst die Kirche niederkrachen,
Daß die Zitternden am Altar,
Die von des Geschützes Kugeln
Noch verschont zum Himmel flehten,
Jach zermalmt vom Sturz der Pfeiler,
Lagen unter Schutt und Trümmer.
»Weh Dir Vitzthum,« scholls im Lande,
»Weh Dir, Brand- und Plündermeister!«

Kurfürst Friedrich rückte näher
Seines Heeres Marsch beflügelnd;
Schlachtbereit am Elsterufer
Steht er schon mit seinen Truppen,
Sieht mit schmerzumflorten Blicken
Hier die Stadt als Aschenhaufen,
Dort den feindgesinnten Bruder
Unfern im verschanzten Lager.

In sein Zelt tritt ungemeldet
Das Gesicht geschwärzt vom Pulver
Sein erprobter Büchsenmeister,
Und erbietet kühnen Tons sich
Mit Verlaub nur einer Kugel
Den unsel'gen Kampf zu enden.
Friedrich mißt ihn scharfen Auges:
»Sprich! wie willst Du dies beginnen?«
Ihm erwidert rasch der Andre:
»Meine Donnerbüchse richt' ich
Auf das Zelt des Herzogs Wilhelm,
Nur ein Schuß ins Netz des Hasses
Und geschlossen ist die Fehde.«

Uebermannt von tiefer Wehmuth
Schüttelt ernst das Haupt der Kurfürst:
»Guter Freund, so lieb Du's meinest,
Schneidet doch Dein Wort ins Herz mir;
Ziel' auf wen Du willst, nur Einen,
Meinen Bruder triff mir nimmer!«

Ein vertrauter Rath des Fürsten,
Abgeordnet just zu Wilhelm,
Hörte Friedrichs edle Rede.
Freudig hoffend überbringt er
Samt der ihm befohlnen Meldung
Jenes ehrne Wort, draus leuchtend
Des Gemüthes Gold sich kündet.

Kaum vernimmt es Herzog Wilhelm,
Ueberflammt den Raschentschlossnen
Des Gefühls erweckte Röthe:
Hastig greift er nach dem Helme,
Schreitet hastig aus dem Zelte.

Vitzthum trifft ihn auf dem Wege:
»Wohin Herzog! – laßt Euch warnen,
Friedrich lockt in falsches Garn Euch,
Meuchlings fällt Euch seine Bosheit!«

Wilden Blicks entgegnet Wilhelm:
»Still! Du Brand- und Plündermeister,
Ich bin Herzog ohne Vormund!«
Spricht's und eilt ins Zelt des Bruders.

Gegenüber stehn die Fürsten
Lang sich stumm, des Worts nicht mächtig,
Ihre Rede spricht das Auge.
Endlich bricht der Kurfürst Friedrich
Des bewegten Herzens Schwüle
Sanft mit zitternd leiser Stimme!
»Bruder! Denk des letzten Wunsches
Unsres hochverehrten Vaters!« –

Herzog Wilhelm reißt den Helm ab
Und ihm unbekannte Tropfen
Von den Wimpern schüttelnd fliegt er
An die Brust des sanften Bruders:
»Friedrich! gern nun will ich sterben!
Eins nur möcht' ich traun erleben,
Daß die schurkischen Verläumder,
Die das Herz vom Herzen rissen,
Funken wild zur Flamme schürten,
Den verdienten Lohn empfangen.
Vitzthum ist verbannt von heut an,
Dies betheuert Dir mein Handschlag,
Dies besiegelt Dir mein Kuß.«



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