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Ludwigs Bestattung.

Im Schloßhof ist es öd' und stumm,
Als ging ein Geist der Ahnen um.

Leis flüstert Mund dem Munde zu:
»Der edle Herr ging ein zur Ruh.«

Entbieten läßt in früher Stund'
Der Vogt die Ritter in der Rund.

Bald regt sich's in den Gängen wirr,
Die Wartburg hallt vom Schwertgeklirr.

Die Edeln all in blankem Stahl
Umfängt der helle Rittersaal.

Drin steht, bekränzt mit Blumen zart,
Der Landgraf Ludwig aufgebahrt.

Die Ritterschaar befällt ein Graun,
Als sie den Sarg im Saale schaun.

Da tritt zu den erstaunten Reihn
Der greise Schloßkaplan herein:

»Ihr edeln Herrn! Entschlafen ist
Der Landgraf heut in Jesu Christ.

»Sein letzter Wille thut euch kund,
Daß ihr ihn tragt zum kühlen Grund.

»In aller Stille sei's gethan,
Dies sein Gebot. Nun greifet an!« –

Betroffen steht der ganze Kreis,
Und Einer spricht zum Andern leis.

Vier Junker schreiten drauf hervor,
Und heben rasch den Sarg empor.

Die Andern folgen – und im Nu
Geht's mit der Last dem Thore zu.

Der Eine seufzt: »Gott sei's gelobt!
Nun hat er endlich ausgetobt!«

Der Zweite lacht: »Bei meinem Eid!
Das Wamms von Holz gönnt ihm der Neid!«

Der Dritte murrt: »War's nicht genug,
Daß lebend er uns quält und schlug?

»Daß uns sein Leib im Tod noch drückt,
Und ihm das freie Haupt sich bückt?

»Sein Herzblatt ruft, den Bauersmann!
Der setze seine Schultern dran!« –

Der Vierte: »Ha! das sei uns gleich!
Sind wir doch wieder Herrn im Reich!« –

»» Ihr Herrn im Reich?«« hallt's wieder gell,
Vom Sarg hebt sich der Deckel schnell.

Der Landgraf Ludwig stahlbewehrt
Springt auf gesund und unversehrt:

»Pfui! schämt euch, Herrn der Ritterschaft! –
Feig bebt ihr vor lebend'ger Kraft!

»Doch Todte, deren Macht entflohn,
Beschimpft ihr frech mit Spott und Hohn.

»Ich prüft' euch – ihr bestandet schlecht,
Mehr fühlen sollt ihr Kraft und Recht!

»Mehr fühlen, daß ich Herr im Land,
Dem theuer ist der Bauern Stand!« –

Die Ritter, schmachvoll überführt,
Erbeben wie vom Blitz gerührt.

Der Landgraf blickt verächtlich drein,
Stolz schreitet er zur Wartburg ein.

*

Und als die Stunde Ludwigs schlug
Und ihn zu Grab der Adel trug,

Da flüstert's rings: » Ihr Träger sacht,
Daß ja der Landgraf nicht erwacht
!« –



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