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Kurfürst Moritz.

(1548)

Auf dem Weinmarkt zu Augsburg rauscht es und glänzt,
Was hat der Pomp zu bedeuten?
Karthaunen und Pauken donnern darein,
Die summenden Glocken läuten.

In die Reichsstadt zieht der Kaiser Karl,
Als Mühlbergs Sieger zu thronen,
Mit dem Kurhut seinem erprobten Freund,
Dem Herzog Moritz zu lohnen.

In offenem Wagen folgt dem Zug
Der Kurfürst Friedrich gefangen,
Vierhundert Spanier im Geleit,
Mit purpurnen Bändern behangen.

Vor dem Tanzhaus dehnt die Tribüne sich aus,
Dran gleißen Wappen und Quasten,
Die Treppe starrt von Tapezerein,
Von kostbaren güldenen Lasten.

Drei hallt's vom Thurm – zur Tribüne wallt
Der Zug bei Trompetenschmettern,
Der Kaiser ragt aus der Fürsten Kreis,
Eine Blüt' aus sammtenen Blättern.

Im Ring des Markts galopirt ein Trupp,
Die Blutfahne weht aus dem Trosse,
Rothe Fähnlein schmücken der Reiter Hut,
Rothe Fähnlein den Schweif der Rosse.

Im Kurkleid naht Herzog Moritz jetzt,
Von Fürsten und Adel begleitet;
Zehn Fahnen glänzen zu Seiten ihm,
Wie er vor zur Tribüne reitet.

Er steigt vom Roß, und die Stufen hinauf,
Beugt dreimal die Knie vor dem Throne;
Der Kurfürst von Mainz liest ihm den Eid,
Den er nachspricht mit kräftigem Tone.

Das Reichsschwert nimmt der Kaiser sodann,
Läßt den Knopf den Kurfürsten küssen,
Gibt's drauf in die Hand ihm, als Erzmarschall
Fortan es tragen zu müssen.

Mit den zehn Lehnfahnen belehnt ihn dann
Der Kaiser mit Landen und Leuten,
Und geruht ihm den Sitz im Fürstenkreis
Neben Brandenburg anzudeuten. –

Gefangen saß Kurfürst Friedrich indeß
Am Markt im Welserschen Hause,
Die Seele, vertieft in Gottes Wort,
War ferne dem festlichen Brause.

Da stört ihn Gekreisch und Pferdegewiehr
Beim Tusch des Trompetengeschmetters;
Zum Erker tritt er, die Arme verschränkt
Und erblickt die Belehnung des Vetters.

Den Moritz, den er als Knaben geliebt,
Den er treu wie sein Auge gehalten,
Den sieht er in seinen Würden jetzt
Mit seinem Recht schalten und walten.

Großmüthig flüstert er vor sich hin:
»Gott helfe mir tragen die Bürde!
Wie drunten sich doch das Gesindel freut
Ob der mir entrissenen Würde.

»Der Allmächtige gebe, daß sie die Lust
Für immer ruhiglich schlürfen,
Daß sie meiner und der Meinigen nie
In diesem Leben bedürfen!« –

Auf's Neue jauchzen Trompeten und Volk
Für Moritz, den sieghaften Streiter;
Zum Sessel kehrt Friedrich zurück und liest
In der Bibel voll Andacht weiter.



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