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Barbara Uttmann,
geb. von Elterlein.
Erfinderin des Spitzenklöppelns.

Diese Wohlthäterin des Erzgebirges (geb. 1514) stammte aus dem Nürnbergischen Patriciergeschlecht derer von Elterlein, die sich des Bergbaus wegen ins Erzgebirge gewandt und dort das Städtchen Elterlein gegründet hatten. Sie verheirathete sich mit Christoph Uttmann, einem reichen Bergherrn zu Annaberg, wo sie das Spitzenklöppeln erfand. Den 14. Januar 1575 starb sie als Wittwe zu Annaberg.

(1514-1575)

Am Quell, wo im Grase die Veilchen stehn,
Ruht unter der duftigen Linde
Die liebliche Braut, ihre Locken wehn
Im neckenden Frühlingswinde,
Der Quell gibt rieselnd durch Ranken
Musik den sel'gen Gedanken:

»Wie bald kommt die bräutliche Stunde heran,
Was biet' ich dem Lieben als Bestes?
Was all' mit der Nadel ich für ihn ersann,
Nicht würdig doch ist es des Festes!
Gern müht' ich mich emsig die Nächte,
Wenn das Schönste dem Schönsten ich brächte!«

So sinnt sie besorglich, und träumerisch blickt
Ihr Aug' auf die Wurzel der Linde –
Welch duftig Gewebe hält lieblich umstrickt
Buntschillernd die knorrige Rinde!
Ein Kunstwerk unendlicher Wonnen,
Von Spinnen bedachtsam gesponnen!

Und Barbara staunt und jauchzt: »Natur!
Du Künstlerin ohne Gleichen!
Könnt' Menschenhand doch die Wunder nur
Des kleinsten Geschöpfes erreichen:
Daß so hohe Kunst ich erfände!
Herr! segne mir Sinn und Hände!«

Lang starrt sie noch auf den zitternden Flor,
Dann wandelt zum Hause sie einsam,
Schon senkt sich die Nacht auf Hügel und Moor,
Auf Hütten und Augen gemeinsam:
Nur Barbara wacht noch begeistert,
Von keinem Schlummer bemeistert.

Sie windet das Garn, sie probet und strebt
Zu formen das Flornetz der Spinnen,
Steckt Nadeln und schlinget die Fäden und webt
Und klöppelt mit regem Beginnen;
Schon dämmert herüber der Morgen,
Sie webt noch mit schaffenden Sorgen.

Da schleicht neugierig zur Thüre herein
Die Magd und klatscht in die Hände:
»Ei tausend! mein Fräulein von Elterlein,
Ihr klöppelt so früh schon behende?
Das wird ja ein Kragen von Spitzen,
Wie kaum in Brabant wir besitzen!

»Nun wirkt nur noch blumige Schnörkel hinein,
Ich hab' euch ein Muster aus Brüssel,
Auf der Flucht nach Sachsen pascht' ichs herein,
Das gibt Euch zu Allem den Schlüssel!«
Das Mägdlein lacht' auf und rannte
Und brachte die zierlichste Kante. –

Am Quell, wo im Grase die Veilchen stehn
Rauscht's festlich unter der Linde:
Da wirbelt der Reigen, die Bänder wehn
Im neckenden Frühlingswinde,
Da leuchtet im bräutlichen Glanze
Die Jungfrau im Myrthenkranze.

Am Arme führt sie der Bräutigam,
Der Bergherr, mit stolzem Behagen,
Es ziert seinen Nacken so männlichstramm
Ein blendender Spitzenkragen,
Die Braut küßt er innig und leise
Und führt sie zum Tänzerkreise:

»Ihr Burschen und Mägdelein, aufgeschaut!
Mein Bärbelchen Uttmann soll leben!
Seht hier, was in Nächten die liebende Braut
Dem Liebsten thät wirken und weben!
Den Halsschmuck seht flimmern und blitzen
Aus eigens geklöppelten Spitzen!

»Ihr thätiger Geist, ihre sinnige Hand
Wird des Erzgebirgs tröstender Segen!« –
Da zieht ihn Barbara leis' am Gewand
Zur Lind' und erröthet verlegen:
»Still, Christoph! sieh hier meine Meister,
Der Spinnen kunstfertige Geister!«



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