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Herzog Bernhard vom Weimar.

Der achte und jüngste Sohn des Herzogs Johann von Weimar ward 1604 geboren, einer der edelsten und kühnsten Feldherrn, weshalb er auch mit Recht den Beinamen des Großen führt. In 34 Schlachten trug er den Sieg davon, und jede That ward durch sein Vertrauen auf Gott gekräftigt. 1631 trat er in Gustav Adolfs Dienste und avancirte bald zum General der Infanterie. In der Schlacht bei Lützen erkämpfte er den ruhmreichen Sieg. Allenthalben breitete er sein Banner aus, bis im Jahre 1634 die kaiserliche Armee sich mächtig verstärkt hatte. Dennoch wagte er die Schlacht bei Nördlingen, die einzige, die er verlor. Unerschüttert durch diese Niederlage schloß er einen Vergleich mit Frankreich und reiste selbst nach Paris, wo er auf das ehrenvollste empfangen wurde. Seinen Fehler bei Nördlingen machte er durch neue Siege wieder gut. Er starb zu Neuenburg am Rhein, den 4. Juli 1639. Viele, darunter der Herzog selbst, glaubten, er sei auf Anstiften Frankreichs vergiftet worden. – Schiller sagt über ihn die eben so wahren als edeln Worte: »Bernhard steht in der neuen Geschichte als ein schönes Bild jener kraftvollen Zeiten da, wo persönliche Größe noch etwas ausrichtete, Tapferkeit Länder errang, und Heldentugend einen deutschen Ritter selbst auf den Kaiserthron führte. Sein Geist strebte nach einem großen, vielleicht nie erreichbaren Ziele; aber Männer seiner Art stehen unter andern Klugheitsgesetzen, als diejenigen sind, wornach wir den großen Haufen zu messen pflegen; fähig, mehr als andere zu vollbringen, durfte er auch verwegnere Pläne entwerfen.«

(1639)

Auf das Krankenlager gestreckt
Lag Herzog Bernhard zu Neuburg am Rhein.
Die großen Pläne, die seine Seel' erweckt,
Mischten in all seine Träume sich ein:
Gegen Frankreich verschanzt er und schirmt er sich dreist,
Schon sieht er sich über den Rhein im Geist,
An der Donau Strand
Hält er dem Kaiser und Baiern Stand – –

Da schüttelt aus seinem Siegeslauf
Des Fiebers fühllose Hand ihn auf,
Er streicht sich die dunkeln wallenden Locken
Aus dem schönen sonnegebräunten Gesicht,
Wendet zum Arzte sich unerschrocken,
Faßt und drückt ihm die Hand und spricht:

»O! Richelieu's Kunst wirkt sicher und still,
Weil ich die deutschen Provinzen nicht will
An Frankreich verkaufen, vererben!
Wie dem Schwedenkönige wird mir's ergehn,
Als das Volk mehr auf ihn, als auf Gott gesehn,
Mußt' er sterben!« –

Die Stabsofficier' umstehn ihn schweigend,
Bekümmert die ernsten Blicke neigend.
Sein Beichtiger spricht mit ihm allein,
Dem verglimmenden Sterne Licht zu leihn.

Da plötzlich fährt verklärten Gesichts
Der Herzog von dem Lager empor,
Ihm flirrts vor den Augen, ihn täuscht es im Ohr,
Als tönte die Stimme des Weltgerichts.
Seine Thaten ziehen in glänzender Reih
Dem blanken Spiegel der Seele vorbei:
»Er sieht sich als Jüngling auf schäumendem Roß,
Wie er das Schwert für den Glauben schwingt,
Von der Musketier' und der Reiter Troß
Im wilden Kriegesgetümmel umringt –
Bei Nürnberg dringt er wie Wetterschein
Aufs verschanzte Lager des Wallenstein.
Eine Kanonenkugel tödtet sein Pferd,
Er aber beherzt
Führt flugs das Fußvolk mit blutigem Schwert,
Mit zerschossnen Fahnen, pulvergeschwärzt,
Von Kugeln umsaust, von Leichen umthürmt,
Bis er den steilen Hügel erstürmt. –

»Jetzt sieht er sich in dem Feldquartier
Unter Gustav Adolfs edlem Panier:
Immer vorwärts, ohne zu wanken
Locken des Glaubens Siegesgedanken.
An der Spitze des Heeres im lützner Feld
Betet » Gott mit uns!« der schwedische Held.
Die Karthaunen, donnernd durch Nebeldampf,
Wecken den Morgen zum furchtbaren Kampf.
Die Mordwuth tobt, ein entfesseltes Meer,
Doch tapfer stehn Schweden und Sachsen,
Wie an den Boden gewachsen,
Des Friedländers kriegesgewaltigem Heer.
Da gellt ein Schrei: »Der König blutet!«
Und der Schrecken der Worte flutet
Durch die Protestanten von Mund zu Mund,
Ein blutiges Roß jagt über den Grund –
Wo ist der Reiter? –
»Folgt mir Genossen,
Der König Schwedens ist meuchlings erschossen,
Seid Helden und rächt sein vergossenes Blut!« –

Heil Bernhard von Weimar! braust's durch die Schaaren,
In des eisernen Hagels Todesgefahren
Stürzt sich die nimmer versöhnbare Wuth.
Dem Herzog wird in dem dicksten Gefechte
Vom Haupte geschossen der fürstliche Hut –
Gleichviel! der Kampf für der Menschheit Rechte
Reicht ihm dafür in des Lorbeers Geflechte
Der Unsterblichkeit leuchtendes Gut.
Der Schlachtlärm verhallt – in Jammer und Weh
Flüchtet geschlagen des Kaisers Armee.

An der Donau wirbt jetzt der Sachsenheld
Um neuen Triumph auf blutigem Feld,
Seine Stirn, der Erfahrung eisiger Sitz,
Sein Arm, der Tapferkeit zündender Blitz.
So schweift er von Osten erobernd gen Westen,
Deutschland vor fränkischer List zu befesten.« – –

Da zuckt er zusammen, ihm fiebert das Hirn,
Aus der Erinnerung spiegelndem Traum
Weckt ihn des Zeltes beschränkter Raum,
Und krampfhaft hält er die pochende Stirn.
Dann kehrt er langsam das Haupt zur Wand
Und winkt den Umstehenden mit der Hand:
»Ihr Brüder, wir haben bei Waffengeklirr
Genug geredet in Schlachten und Fehden;
Jetzt laßt mich allein – ihr macht mich sonst irr –
Ich habe mit meinem Gotte zu reden!«

Er spricht es leis
Zu der Gefährten erschüttertem Kreis, –
Und neigt erblaßt das schöne Haupt.



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