Ludwig Rellstab
1812 – Ein historischer Roman
Ludwig Rellstab

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Fünftes Kapitel.

Dolgorow stieg wieder zu Pferde, nahm fast alle waffentragenden Männer zusammen und setzte sich an ihrer Spitze gegen die Landstraße hin in Bewegung. Willhofen und vier Landleute mit Spießen blieben zurück zur Bewachung der Gefangenen, denen man gestattete, sich an den großen Feuern zu wärmen; auch wurde etwas Brot und Branntwein unter sie verteilt. Ludwigs Herz sehnte sich nach Bianka. Er fragte daher Willhofen: »Was werden wir nun beginnen, lieber Freund? Welches wird meine, deine nächste Bestimmung sein?«

»Ich muß hier den Befehl der Fürstin erwarten, die dort drüben bei der kranken Gräfin in der Hütte ist«, antwortete er. »Sie werden wohl die Rückkehr ihres Schlittens abwarten, der Verwundete nach dem Dorfe gebracht hat.«

Die Bezeichnung Fürstin war Ludwig schon zuvor peinlich aufgefallen. Er fragte: »Ist die Fürstin denn nicht die Tochter des Grafen?« – »Jawohl,« erwiderte Willhofen, »aber an den Fürsten Ochalskoi verheiratet.« – »Verheiratet!« rief Ludwig und erblaßte. – »Oder besser, verheiratet gewesen,« fuhr Willhofen fort, »denn der Fürst ist tot. Ich glaube, unter uns gesagt, es ist gar nicht zur Ehe gekommen. Denn am Hochzeitsabend wurde das Schloß von den Franzosen überfallen und gestürmt, und der Fürst erhielt eine schwere Wunde, an der er endlich zu Moskau gestorben ist.« Ludwig horchte gespannt auf.

»Hier auf dieser Stelle im Walde habe ich ihn eine ganze Zeit im Dickicht verstecken müssen, bis wir einen Wagen herbeischafften, um ihn mit der jungen Frau nach dem Jagdschloß zu bringen.« – »Hier, hier?« unterbrach Ludwig den Erzählenden, und eine erschütternde Ahnung bewegte seine Brust. – »Gerade hier; denn das Schloß liegt kaum eine Stunde von hier; man kann es nur vor der hohen Waldung nicht sehen. Dort drüben –« – »Wann geschah die Erstürmung?«

»Am 17. August; ich weiß es noch wie heute.« – »Allgnadenreicher Gott!« rief Ludwig außer sich und warf sich auf die Knie. »Allmächtiger Lenker unserer Tage! Wer will wider dich murren! An welchen Fäden führst du unser Geschick! Ewiger! Unendlicher! Nimm meinen heißen, tränenreichen Dank! Prüfe mich nun, so hart und schwer du magst, ich werde nimmer verzagen; kein Zweifel soll meine Brust bewegen; denn wunderbar hast du gewaltet und gewacht! Du wirst alles herrlich in deiner leuchtenden Weisheit vollenden!«

Willhofen betrachtete den Betenden mit Erstaunen. Er ahnte geheime Beziehungen, doch wagte er nicht, danach zu forschen. Als Ludwig aufstand und in heftiger Wallung auf und nieder ging, trat er zu ihm und sprach, indem er seine Hand ergriff: »Das ist wacker, lieber Herr; Frömmigkeit ist eine hohe Tugend. Auch ich habe oft inbrünstig zum Herrn gebetet, und ich hoffe, auch er werde mich erhören. Hat er mich doch jetzt aus dem fernen Asien, wo ich vergessen von der Heimat als des Fürsten Ochalskoi Leibeigener lebte, wieder bis hierher geführt zu dem Sohne meines lieben Herrn. O, ich bitte euch, ihr scheint so viel bei dem Grafen Dolgorow zu gelten, ich bitte euch dringend, verwendet euch bei ihm um meine Freiheit.« – »Gewiß!« versprach Ludwig mit einem Handschlag. »Aber sagst du nicht, du seiest Leibeigener des Fürsten?« – »Freilich wohl; doch die Güter sind jetzt durch den Heiratsvertrag an den Grafen gefallen. Ach, wenn es von der Fürstin abhinge, mir die Freiheit zu geben – dann hätte ich sie längst. Den Grafen Dolgorow habe ich noch nicht darum zu bitten gewagt.«

Ein Diener redete mit Willhofen. »Die Gräfin Dolgorow läßt euch herüberrufen, lieber Herr«, sprach Willhofen. »Folgt nur diesem Manne hier, er wird euch führen.«

Ludwig ging pochenden Herzens. Der Diener führte ihn nach der flüchtig von Tannenzweigen erbauten Hütte hinüber. Bianka kam ihm auf halbem Wege entgegen; sie war freundlich, doch eine stille Schwermut schwebte auf ihren Zügen. »Ich werde Sie zu meiner Mutter führen«, sprach sie mit gedämpfter Stimme. »Sie haben sie schon auf unserer Flucht aus Italien kennen gelernt. Fühlen Sie sich nur nicht verletzt durch den vielleicht zu kalten, förmlichen Empfang, den Sie erfahren könnten. In diesem Lande kennt man die milden Sitten Deutschlands noch wenig; hier gilt der Rang alles, und der Nationalstolz und der Haß gegen Fremde sind in diesem Augenblicke beide so mächtig aufgeregt, daß kaum die Stimme der wärmsten Dankbarkeit sich dagegen zu erheben vermag.« – »Dankbarkeit?« entgegnete Ludwig. »Wer soll hier dankbar sein? Sie, der ich kaum bewußt einen leichten Dienst leistete, welcher das höchste Glück meines Lebens bildete, oder ich, der ich Ihnen alles, alles verdanke?« – »Sie wollen die Gegendienste, die der Zufall herbeiführte, in Anschlag bringen?« sprach Feodorowna. »Vielleicht gar auch, daß Sie nicht jetzt, da Sie in unsere Hand fielen, barbarisch gemordet wurden wie die andern Unglückseligen?« – »Sollt' ich auch,« antwortete Ludwig nach einigem Zögern, »der Warnung uneingedenk sein, die ich in Moskau empfing?« – »So haben Sie mich an meinem Zeichen erkannt?« fragte Feodorowna mit einem unaussprechlich liebevollen Blicke. – »Was könnte ich je vergessen, das ich durch Sie gekannt!« erwiderte er kühn.

Ein leichtes Rot überflog die blassen Wangen des schönen Angesichts; sie senkte die Wimpern und sprach leise: »Auch mir sind die wenigen Stunden unvergeßlich geblieben, die wir zusammen zugebracht. O, daß Sie sich so schnell von uns trennten!« – »Wähnen Sie, es war mein Wille?« rief Ludwig. »O nein! So kränken Sie mich nicht! – Ein feindseliger Dämon führte uns auseinander. Er leitete meine Schritte irre; zu spät muß ich das Ufer erreicht haben.« – »Mein Vater drängte zur Eile«, unterbrach ihn Feodorowna. »Ich versuchte es durch ein Zeichen –«

»O, ich habe es gefunden«, unterbrach Ludwig sie mit bewegter Stimme, ergriff ihre Hand und drückte sie an seine Lippen. »Doch erst am nächsten Morgen glänzte es mir, nach vergeblich irr durchwanderter Nacht, als ein Stern der Hoffnung entgegen. Nie vergesse ich den Augenblick, wo ich jenes Band rosig durch die Büsche schimmern sah. Noch in dieser Stunde trage ich es auf dem Herzen. Hier ist es!«

Tränen drangen in ihr schönes Auge, als sie dies Zeichen der Liebe in der Hand des Geliebten erblickte. »Wir schlugen gleich jenseit des Stroms einen gefährlichen Pfad in das hohe Gebirge ein«, sprach sie bebend und suchte vergeblich ihrer Bewegung mächtig zu werden.

»Und ich wähnte, Ihnen das Tal hinauf, über den Gotthard am sichersten zu folgen. Unablässig forschte ich nach Ihren Spuren, bis mir in Deutschland ein unglückseliges Blatt –«

»Hat mein Abschiedswort Sie also doch erreicht?« fiel Feodorowna freudig bewegt ein. – »Es war der bitterste Kelch, der mir je aus holdseliger Hand gereicht wurde.« – »Das Geschick hat ihn gemildert, wir wollen dankbar sein«, erwiderte Feodorowna, und eine fromme Rührung bewegte ihre Stimme. »Ich glaubte nicht, daß es uns wieder zusammenführen würde; doch eine höhere Hand leitet die Fäden, an denen unser Leben schwebt.« – »Wahrlich, eine wunderbar waltende Macht!« rief Ludwig in überdrängender Wallung aus. »O wüßten Sie, wie nahe ich Ihnen indessen schon gewesen!«

Bianka sah ihn verwundert an. »In Moskau meinen Sie?« – »Nein, unfern von hier – ich war bei dem Erstürmen jenes Schlosses dort.« – »Sie selbst?« rief sie und sah ihn mit zweifelnden Blicken an; dann hob sie Auge und Hände gen Himmel und sprach aus innerster Seele: »O allgütiger Vater im Himmel, wie durfte ich nur einen Augenblick an deiner Huld verzagen! O, Sie wissen nicht,« wandte sie sich gerührt wieder zu Ludwig, »Sie ahnen nicht, von welchem unseligen Geschick Sie mich erlösten! Doch,« fuhr sie eilig und leise fort, »verschweigen Sie um des Himmels willen, daß Sie Anteil an dem Kampf in jener Nacht hatten; denn man würde es Ihnen nimmer vergeben!«

Unter diesem Gespräch waren sie an die Hütte gekommen. Feodorowna trat zuerst ein; Ludwig folgte. Auf einem Ruhebett erblickte er, in Pelze gehüllt, die Gräfin Dolgorow, deren Züge, obwohl ein Ausdruck der Krankheit und der Leiden sie entstellte, er sogleich wiedererkannte. Sie sah ihn nicht mit Freundlichkeit, sondern mit Herablassung an. »Es freut mich,« sprach sie gemessen, »daß wir Ihnen den Dienst, den Sie uns in Italien geleistet, zu vergelten Gelegenheit finden, wiewohl es mich betrübt, Sie unter denen zu treffen, die den Krieg in unser Vaterland trugen.« – »Ich glaube mich darüber schon gerechtfertigt zu haben, gnädigste Gräfin«, erwiderte Ludwig mit einigem Stolze. – »Sie könnten jetzt Gelegenheit finden, die Schuld des Schicksals auszugleichen. Gott hat die Heere der Feinde geschlagen; das Verderben bricht über sie herein; die gerechte Sache siegt. Es steht jetzt nur bei Ihnen, teil an dem Kampfe zu nehmen.«

Ludwig schwieg einige Augenblicke, dann antwortete er ruhig und entschlossen: »Sie werden mir gestatten, Ihnen auf dieses Ansinnen eine meine Entschlüsse rechtfertigende Antwort zu erteilen. Ich selbst halte Rußlands Sache für eine gerechte; nur mit innerm Widerstreben habe ich an dem Kampfe dagegen teilgenommen. Ich tat nicht mehr, als die Ehre des Mannes, des Soldaten, der sich einmal zu einer Fahne gestellt hat, von mir forderte. Ein einzelner, vermochte ich dem Strome der Weltereignisse nicht zu gebieten, noch ihm zu widerstehen; dies spricht mich von persönlicher Verantwortung gegen dieses Land frei. Vielleicht wünschte keiner in dem ganzen Heere den Krieg; darum soll auch der einzelne das allgemeine Unrecht weder vertreten, noch entgelten, noch kann er es verhüten. Dem edeln Führer, unter dessen Schutz ich mich begeben, meinen nächsten teuern Waffengenossen, war meine Gesinnung nicht fremd. Aber sie ehrten sie und übten eine so zarte Schonung, daß sie mich jeder Pflicht zu entheben suchten, die meinem Herzen schwer werden konnte. Ich selbst mußte dagegen ankämpfen, um nicht einen schimpflichen Verdacht auf meine Ehre, meinen männlichen Mut zu laden. Was Freundschaft, was brüderliche Liebe Wohlwollendes ersinnen kann, ward mir von meinen Waffengefährten. Jetzt werden Sie, ich bin es überzeugt, nicht mehr verlangen, daß ich sie treulos verrate und selbst die Waffen zu ihrer Bekämpfung ergreife. Zwänge eine heilige Pflicht für mein eigenes Vaterland mich dazu, so müßte ich ihr freilich gehorchen; und dennoch würde ich mit noch schwererm Herzen in einen solchen Kampf ziehen als in den gegen Rußland. Denn wie die großen Massen des Ganzen einander gegenüberstehen mögen, der einzelne trifft doch nur auf den einzelnen, und ich würde lieber das Schwert auf mich selbst zücken als gegen die edeln, teuern Freunde, mit denen ich bisher Gefahren und Drangsale geteilt habe.«

Die Gräfin schien empfindlich über Ludwigs freie, feste Entgegnung, doch in Feodorownas Auge glänzte eine heilige Freude und Rührung über die adelnde Gesinnung dessen, zu dem ihr Herz sie mit süß überwältigender Macht hinzog. »Die Sache Rußlands ist auch die Ihres Vaterlandes, sie ist die ganz Europas,« erwiderte die Gräfin nach einigem Besinnen; »doch ich fühle mich zu schwach, Ihnen das jetzt unwiderleglich darzutun. Sie werden uns auf ein Jagdschloß, zwei Stunden von hier, begleiten; es liegt so tief im Walde, daß es vor jedem feindlichen Überfalle gesichert ist. Doch können wir erst gegen Abend aufbrechen, weil unser Schlitten einige Schwerverwundete nach einem ziemlich weit von hier entfernten Dorfe bringt. Indessen sollen unsere Leute Sorge tragen, daß es Ihnen an nichts mangele.«

Bei diesen Worten winkte sie mit der Hand, als bedeute sie Ludwig, daß er abtreten könne. Doch Feodorowna fiel, sichtlich erschreckt über den kalten, vornehmen Ton der Gräfin, ein: »Diese Sorge werde ich selbst übernehmen, teuerste Mutter; der Retter unsers Lebens darf uns nicht undankbar finden.« – »Ich hoffe, er werde russische Großmut kennen und schätzen lernen«, antwortete die Gräfin stolz und verdrießlich. »Doch würde ich dich bitten, meine Tochter, mich nicht zuviel zu verlassen, da du weißt, daß ich deines Beistandes in meinem Zustande hier, wo wir jeder Bequemlichkeit des Lebens entsagen mußten, notwendig bedarf.«

Ludwig verbeugte sich und ging; doch Feodorowna folgte ihm sogleich. »Ich beschwöre Sie, tun Sie nichts, was Ihnen Mißgunst zuziehen würde«, sprach Ludwig dringend zu ihr, als sie im Freien waren. »Das schönste Glück ist mir ja geworden; was kann ich Höheres wünschen?« – »O, Sie entschuldigen so gütig,« erwiderte Feodorowna; »doch auch ich muß meine Mutter verteidigen. Sie ist mit ganzer Seele ihrem Vaterlande ergeben, und dies ist auch die Ursache, weshalb Sie uns hier in dieser seltsamen Lage antreffen. Sie wollte durchaus – und fügte sich darin nicht bloß dem Willen meines Vaters – durch ihre Gegenwart, durch Zuspruch, Hilfe für Verunglückte und durch jenen anregenden Einfluß, der höher Stehenden so leicht wird, wenn sie ihn auf die in Demut Untergebenen üben wollen, den Mut und Eifer der versammelten Volksmenge anspornen. Diese Pflicht hat sie mit solcher, die weiblichen Kräfte übersteigenden Anstrengung geübt, daß sie jetzt krank und erschöpft darniederliegt und gezwungen ist, sich auf jenes Schloß zu begeben, wohin wir hoffentlich bald abreisen werden.«

Ihr Gespräch wurde dadurch unterbrochen, daß der Greis, welcher Ludwigs Retter aus den Händen erbitterter Feinde gewesen war, als er vor zwei Stunden, an den Todespfahl gebunden, ein Opfer der Volksrache fallen sollte, aus dem Gebüsche trat. Es war Gregor. »Sei gegrüßt, meine Tochter,« redete er Feodorowna in russischer Sprache an; »erbarmst du dich dieses Unglücklichen?« – »Diesem ehrwürdigen Greise,« rief Ludwig, als er ihn gewahr wurde, und ergriff mit warmem Dankgefühle seine Hand, »verdanke ich zuerst das Leben und jetzt das schönste Glück desselben.« – »Also ihr, Vater Gregor,« sprach Feodorowna gerührt, »habt mir diesen teuern Freund, der einst der Retter meines Vaters, meiner Mutter und meiner selbst war – ach er ist es zweimal geworden – ihr habt ihn mir erhalten? Diese neue Schuld muß mein Herz gegen euch übernehmen?« – »Liebe Tochter,« entgegnete Gregor freundlich, »das Gebot des Herrn forderte seine Rettung. Er war hilflos, ohnmächtig, gebunden; unsere Feinde waren auch seine Feinde, und so gehörte er uns an. Möchte er jetzt ganz einer der Unsern werden und das Schwert gegen die Frevler wenden, die von Gottes Racheblitzen furchtbar getroffen werden.«

Ludwig schwieg, denn er verstand die russisch gesprochenen Worte nicht; doch Feodorowna erwiderte schnell: »Nein, mein Vater, dies laß uns nicht flehen und nicht von ihm fordern. Wie schwer sich die Seinigen an ihm vergangen haben mögen, er soll nicht Rache an ihnen üben, darf nicht Verräter an denen werden, die eine Sprache mit ihm reden, in einer Heimat mit ihm wohnen. Rußlands heilige Sache bleibe seinen eigenen Söhnen überlassen! Sie sind stark genug, sich selbst Rache und Sühne zu schaffen. Es muß ihr Ruhm, ihr eifersüchtiger Stolz sein, keinen Fremden an dem Werke teilnehmen zu lassen, das sie selbst zu vollenden vermögen. Darum mein Vater, laß uns die Gesinnungen dieses Gastes gegen die Seinigen ehren. Dich führt ein willkommenes Geschick mir entgegen. Dir sei der Fremde zur Pflege empfohlen, du wirst väterliche Sorge für ihn tragen, bis ich zu dir sende. Teile dein Mahl, dein Lager mit ihm, denn du siehst, er ist erschöpft von harten Bedrängnissen. Dir übergebe ich ihn, und wisse, deine Tochter hält ihn so teuer wie einen Bruder – darum gelte er dir gleich einem Sohne.«

Feodorowna sprach mit warmem Eifer. Gregor reichte dem Gast die Rechte zum Zeichen, daß er ihn gern aufnehme, und redete ihn lateinisch an: »Salve! Sis felix quomodo mihi es exoptatus!«

Ludwig erkannte jetzt erst, daß er einen Diener des Herrn vor sich habe; erfreut, ein Mittel zu sehen, sich mit ihm zu verständigen, entgegnete er ihm: »Salve, mi Pater! Gratias tibi ago ex intimo pectore salvatori vitae meae! Sis felix quomodo benignus es.«

Feodorowna nahm Abschied von Ludwig und ging zur Mutter zurück. Er selbst folgte dem ehrwürdigen Gregor, der ihn zu einer zweiten Hütte führte, vor welcher ein großes Feuer loderte. Mit Dank nahm er das Mahl an, welches der Greis ihm bot. Während er die schlichte, aber stärkende Kost verzehrte, trat auch Willhofen heran und setzte sich auf Gregors wohlwollende Aufforderung zu ihnen. Jetzt fand Ludwig erst Muße, sich nach seinem Vater, der Diener sich nach der Mutter Ludwigs und ihren Schicksalen zu erkundigen. Ach, sie konnten beide nur von Dahingegangenen sprechen, aber dennoch bewegten diese Erinnerungen ihre Seelen süß schmerzlich. Nur eine Sorge, nur ein Kummer lag auf Ludwigs Herzen: Bernhards Geschick. Zwar waren alle starken Kräfte seiner Hoffnungen wach geworden, doch bedurfte es auch wieder nur eines Blicks auf seine Umgebung, um seine Befürchtungen ebenso mächtig anzuregen.


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