Ludwig Rellstab
1812 – Ein historischer Roman
Ludwig Rellstab

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Achtes Kapitel.

Es war schon heller Tag, als er durch ein leises Klopfen an seine Tür erwachte. Auf sein »Herein!« trat der jüngste der drei Offiziere, der blondlockige, blühende Graf Jaromir ein. »Verzeihen Sie,« sprach er, »daß ich Sie so früh störe. Allein es würde uns ein so großes Vergnügen sein, die Reise mit Ihnen gemeinschaftlich fortzusetzen, daß ich von meinen Kameraden beauftragt bin, Sie darüber zu befragen; ein Auftrag, den ich sehr gern vollziehe, selbst auf die Gefahr, Sie erzürnt zu haben.«

Ludwig entschuldigte sein langes Schlafen und versprach sogleich aufzustehen und in den Frühstückssaal hinunterzukommen. In wenigen Minuten fand er sich daselbst ein. Die Offiziere grüßten ihn mit Herzlichkeit. Rasinski, der alle geselligen Beziehungen gern soweit als möglich auszudehnen schien, erklärte, daß er die Veranlassung gewesen, auf Ludwig zu warten, weil man sich unmöglich habe entschließen können, vor ihm abzureisen und ihn die berühmte Gotthardstraße allein passieren zu lassen. »Zwei Menschen,« meinte er, »die zusammen über die Teufelsbrücke gegangen sind, bleiben durch diese Erinnerung für das Leben so verbunden wie die beiden Ufer der Reuß eben durch diese Brücke. Selbst der wildeste Strudel des Lebens wird nicht alle Fäden zwischen ihnen zerreißen, so unzerstörbar sind gemeinsame, anziehende Erlebnisse und Erinnerungen.« Ludwig empfand diese Wahrheit und dankte dem Grafen mit warmer Aufwallung für sein freundschaftliches Benehmen. Überdies der frische, winterliche Morgen, das kräftige Körpergefühl, die wohltuende Zuvorkommenheit der Gefährten, alles zusammen wirkte so glücklich auf ihn, daß er sogar eine Art von Heiterkeit wiedergewann, obgleich Biankas Bild nicht aus seiner Seele wich und als eine stumme, trauernde Gestalt mitten in den schönen, frischen Gemälden der Gegenwart stand, die ihn umgaben. Der Schmerz um sie drang durch alle die muntern und rauschenden Lebensmelodien, die er um sich her vernahm, wie ein langgehaltener Klageton mit unablässiger Beharrlichkeit hindurch.

Die Maultiere waren gezäumt; die Führer standen bereit. Man verließ das stattliche Gasthaus der Drei Könige zu An der Matt und ritt nun das Tal abwärts, dem schwarzen Eingangstor desselben entgegen. Wie mußte die Ähnlichkeit der Umgebungen Ludwigs Erinnerungen mächtig erwecken. Wie auf dem Simplon öffnete sich jetzt die düstere Höhle, das Urner Loch genannt; wie dort brauste daneben der Strom, wie dort fiel in der Mitte durch ein großes vergittertes Oval augenblicklicher Lichtschimmer hinein, und man sah die Reuß, einem weißen Gespenst ähnlich, schäumend vorüberschießen. Jetzt betäubte der furchtbare Donner des Stromes das Ohr. Die Kluft öffnete sich, und man stand in dem von turmhohen Felsen umstarrten Engpaß, wo die tobende Reuß sich tief in den Abgrund hinunterstürzt und in ihrer Wildheit alle Schranken der Ufer zu durchbrechen und zu zertrümmern droht. Über diesen wogenden, zischenden Kessel ist die schmale Brücke mit so verwegener Hand geworfen, daß die Sage fast recht zu haben scheint, wenn sie behauptet:

Sie ist nicht erbaut von Menschenhand,
Es hätte sich's keiner verwogen.

Als die Wanderer über den Steg ritten, zitterte er unter ihnen. Graf Rasinski hielt einen Augenblick an und starrte in die Felskluft über sich hinauf und in den schäumenden Abgrund unter sich hinab. Er wollte etwas sagen; allein das Getöse des Wassersturzes übertäubte jede menschliche Stimme. Und dennoch herrschte hier das schauerliche Gefühl einer ewigen Stille und Öde, denn kein Vogel regt sich, kein Insekt summt, kein Halm, kein armes Moosfädchen grünt, sondern nur die starren, unbeweglichen Granitmassen ragen zackig in den blauen Äther empor. Man fühlt gewissermaßen mitten in dem tobenden Donner der Reuß, daß, sowie der Strom versiegte, auch jeder Laut erstorben wäre, und man wie in einer steinernen Grabeshöhle der Natur stehen würde.

Eine Zeitlang verweilten die Reisenden und ließen den mächtigen Eindruck dieses wilden Gemäldes still in sich nachwirken. Ludwig beobachtete mit einer eigenen Bewegung des Gemüts einige silberweiße, leichte Wölkchen, die in dem schmalen blauen Raum des Äthers, den man zwischen den Felsenmauern erblickte, über das Tal hinwegzogen. Sie schienen wie selige lächelnde Geister in jenen glücklichen Räumen des Lichts hoch über dem schauerlichen Abgrunde der Verdammnis dahinzuschweben. Ludwig verlor sich, den Blick nach oben gerichtet, in träumendes Sinnen. Rasinski weckte ihn daraus, indem er an ihm vorüberritt ihn leicht auf die Achsel schlug, dann seine Hand ergriff, sie herzlich drückte und ihm durch ein ernst-freudiges Zuwinken (denn der Donner des Wassersturzes versagte die Mitteilung durch Worte) zu sagen schien: Nicht wahr, ein prachtvolles Schauspiel? Die es gemeinsam genossen, verbindet die Erinnerung auf lange Zeit!

Rasinski war durch Alter, Entschiedenheit, Übergewicht an Einsicht und Erfahrung der stillschweigend anerkannte Gebieter seiner Umgebungen; so gehorchte man ihm auch ohne weiteres bei den Anordnungen der Reise; denn er wußte überall das rechte Maß und das, was sich für den Augenblick am besten schickte, glücklich zu treffen. Er war es, der den Weg fortsetzte, die andern folgten ohne Zwang, aber doch unwillkürlich.

Über eine Stunde lang ritt man in den sogenannten Schüllenen auf breiten, nackten Granitplatten hin; von beiden Seiten stiegen die nackten Felswände auf, doch zur Rechten drängte sich die Reuß, in einer ununterbrochenen Kette von Wasserfällen in das Tal hinabbrausend, zwischen dem schmalen Pfade und der felsigen Mauer des jenseitigen Ufers ein. Über die nächsten Felsabstürze ragten hohe, zackige, ganz mit Schnee bedeckte Gipfel der Alpen herein, die bald, in graue Wolkenschleier gehüllt, das glänzende Haupt verbargen, bald, blitzend in dem kalt abprallenden Sonnenstrahl, sich mit kühnen Umrissen auf dem tiefblauen Grunde des Himmels abzeichneten. Wäre es nicht zu früh in der Jahreszeit gewesen, so würde das Tal von nun an bewachsener und freundlicher geworden sein. Indessen herrschte hier noch viel mehr als auf der freiern Simplonstraße der Winter, und der Schnee deckte noch die meisten Felskuppen, ja oft auch noch die Wipfel der Schwarztannen, die nach und nach häufiger zu werden anfingen. Allmählich wurden die Höhen jedoch waldig und buschig und von Zeit zu Zeit sah man schon einen grünen, hellen Grasstreifen unter der dünnen Schneedecke hervorschimmern.

Die Reise wäre trotz der zu frühen Jahreszeit noch überreich an schönen Eindrücken gewesen und würde für Ludwig durch das Interesse, welches ihm seine Begleiter einflößten, gewiß zu einem der erfreulichsten Erlebnisse geworden sein, wenn nicht der Schmerz sich mit steigender Kraft seiner Seele bemächtigt hätte. Eine Zeitlang mochten die neuen Umgebungen, der Anteil an den Begleitern die wunderbare Natur, ja selbst Sonnenlicht und heiterer Himmel mit ihren vereinten Kräften dem tiefen Gram seiner Seele einigermaßen das Gleichgewicht halten. Jetzt aber, da diese frischen Reizmittel sich abgestumpft hatten, da die Hoffnung, doch noch das Ziel seines Strebens zu erreichen, mehr und mehr schwand, die Angst, es auf immer zu verlieren, höher und höher stieg, jetzt ward seine ganze Seele wieder der ungestillten Sehnsucht zum Raube, die unsere Brust vielleicht noch heftiger und schmerzlicher erregt als ein entschiedener Verlust. Denn bei diesem wirkt jede dahineilende Minute beruhigend, heilend; bei jener aber spannt die langsam verrinnende Zeit das Herz auf eine gesteigerte Folter, wenigstens so lange, bis die völlige Betäubung und Ermattung durch den Schmerz und die dumpfe, abgestumpfte Ruhe eintritt, die dem halben Tode gleicht.

Schon bei guter Zeit erreichte man das Dorf Am Steg, wo das Schächental sich in wilder Zerklüftung von dem der Reuß abzweigt. Hier frühstückten die Reisenden und setzten dann den Weg nach Altorf fort, der im breitern, grünen Tale an frischen Wiesen entlang führt und nicht mehr von dem donnernden Getöse der Reuß, sondern nur von einem muntern, jugendlichen Brausen und Rauschen derselben begleitet wird. Die Reisegefährten Ludwigs wollten den Vierwaldstätter See beschiffen und eilten deshalb, Flüelen zu gewinnen, um womöglich zum Abend noch Luzern zu erreichen. Ludwig aber hatte jetzt nur noch die einzige Hoffnung, den Gegenstand seines Suchens auf der nächsten großen Straße nach Deutschland zu treffen, und war daher entschlossen, zumal da er den See und seine Merkwürdigkeiten bereits kannte, seine Reise so rasch als möglich über Zürich nach Schaffhausen fortzusetzen. Er beschloß daher, sich von seinen Begleitern zu trennen. Rasinski, dessen aufmerksamem Blicke selten etwas entging, fragte ihn nach seinem Gepäck. Ludwig hatte sich schon darauf gefaßt gemacht und eine Ausflucht vorbereitet. Er erwiderte, daß er, und dies war richtig, sein größeres Gepäck nach Heidelberg vorausgeschickt, das geringere aber, und hier berichtete er unwahr, durch die Nachlässigkeit oder Untreue eines Vetturino auf dem Wege von Mailand nach Duomo d'Ossola eingebüßt habe.

Mit freundschaftlicher Bereitwilligkeit, aus dem Felde her daran gewöhnt, das Letzte gern und freudig zu teilen, boten ihm seine Begleiter einiges Notwendige aus ihrem Vorrate an. Dies war ihm in der Tat willkommen, denn er wäre sonst genötigt gewesen, in Zürich einige Ankäufe zu machen, die er scheuen mußte, weil seine Reisekasse in der Tat nicht mehr die stärkste war, und er wenigstens alle seine Mittel darauf verwenden wollte, Bianka einzuholen oder aufzufinden. Man nahm also herzlichen Abschied voneinander und versprach sich in Dresden ein frohes Wiedersehen, wenn es das Glück nicht fügen sollte, daß man sich schon früher wieder auf der Landstraße begegnete. Nicht ohne Wehmut sah Ludwig seine rasch gewonnenen Freunde scheiden; denn ob er sie wiederfinden würde, blieb ungewiß, da ihr Aufenthalt in Dresden vielleicht nur kurze Zeit dauerte und nicht mit Ludwigs Eintreffen daselbst zusammenfiel, weil dieses wegen der Nachforschungen, die er anzustellen gedachte, unbestimmt war. Der Krieg aber trieb alles in rascher Bewegung vorwärts.

Im Wirtshause zu Altorf befand sich zufällig ein Hauderer, der mit einem leeren Wagen nach Zürich wollte. Ludwig bedingte sich für ein Billiges einen Platz und setzte, nachdem er seinen freundlichen Führer Joseph und den Maultiertreiber aus Urlichen entlassen hatte, seine Reise unverzüglich fort. Ohne weitere Erlebnisse erreichte er am späten Abend Zug, und am andern Mittag, über den Albis, wo er den letzten reichen Blick über die Berge und Seen der Schweiz und auf die Alpenkette genoß, Zürich. Dies war ein Punkt, den Bianka, wenn sie einen jener Älpenpässe im Kanton Wallis überschritten hatte, fast notwendig berühren mußte. Mit größter Sorgfalt erkundigte sich Ludwig daher in allen Gasthäusern, ob Fremde, denen ähnlich, die er beschrieb, eingetroffen wären. Er hatte seinen Weg so schnell und glücklich zurückgelegt, daß er fast nicht zweifeln konnte, er müsse früher in Zürich eingetroffen sein. Daher beschloß er, diesen und den nächsten Tag zu warten und seine Nachforschungen fortzusetzen. Er tat es, aber vergeblich. Auch den dritten Tag gab sein sehnendes Herz noch zu, wiewohl er in der tödlichen Angst schwebte, daß er vielleicht ebendadurch die Möglichkeit verliere, die Geliebte auf einer der Straßen Deutschlands einzuholen. Als auch diese letzte Bemühung ihm keine Spur entdeckte, mußte er sich endlich mit zerrissenem Herzen entschließen, den Weg nach der Heimat fortzusetzen. Über Schaffhausen nach Freiburg traf er nach einigen Tagen in Heidelberg ein.

Es war in den ersten schönsten Tagen des Mai, als er in den reizenden Ort, wo er so manche frohe Stunde zugebracht hatte, einfuhr. Er betrat ihn mit Wehmut. Seine Universitätsfreunde hatten mit ihm zugleich die Stadt verlassen. Nur ein Jahr war vergangen, und schon würde er, einige entferntere Bekannte abgerechnet, sich ganz fremd unter den Jünglingen, die hier studierten, gefunden haben. Worauf er sich anfangs mit treu anhänglichem Sinn gefreut hatte, seinen alten redlichen Wirt, einige Familien der Stadt, mit denen er Umgang gehabt hatte,endlich seine Lieblingsspaziergänge wieder zu besuchen, die jetzt im frischesten Grün prangten und von lauen Blütendüften umhaucht wurden, alles dies erregte in ihm nur eine ernste, ja düstere Schwermut. Unmutig beschloß er endlich, seine Reise nach Hause zu beschleunigen, um in den Armen der geliebten Mutter und Schwester Trost für sein von allen Seiten schmerzlich verwundetes Herz zu suchen; er bestellte für den nächsten Morgen einen Platz auf der Post.

Als er am Abend zuvor seine Sachen gepackt und alles geordnet hatte, ging er, um an der Wirtstafel das Abendessen einzunehmen, in den Saal hinab. Die Gäste, einige Fremde und einige unverheiratete Professoren aus Heidelberg, saßen schon bei Tische. Einer derselben hielt ein Zeitungsblatt in der Hand, aus dem er der Gesellschaft die wichtigsten Nachrichten über den bevorstehenden Krieg mitgeteilt zu haben schien.

»Was gibt's Neues ?« fragte Ludwig, ohne Bedeutung in die Frage zu legen.

»Was den Krieg anlangt, noch nichts Entschiedenes,« erwiderte sein Nachbar; »Truppenmärsche, Nachrichten vom Ankommen und Abreisen der Generale, lange Berichte über die furchtbaren Zurüstungen des französischen Kaisers, kurz alles das, was wir schon seit Wochen täglich wiederholt finden. Aber mitunter werden die Zeitungen auch in anderer Beziehung interessant. Sie gestalten sich in unserer romantischen Zeit selbst zu kleinen Romanen, und wir finden sogar Briefe darin, die Liebesbriefen nicht unähnlich sind. Lesen Sie einmal hier diese Anzeige, die soeben den Gegenstand unsers Gesprächs bildet.« Ludwig warf einen gleichgültigen Blick in das Blatt. Doch kaum hatte er die ersten Zeilen gelesen, als er der Herrschaft über sich selbst fast nicht mehr mächtig war. Die Worte, die das neugierige Erstaunen der Gesellschaft erregt hatten und in ihm einen wahrhaften Sturm wechselnder Empfindungen aufjagten, lauteten folgendermaßen:

»An den unbekannten Freund!

»Dem Retter in der höchsten Not, der die Fremde als Schwester begrüßte, sie treu wie ein Bruder geleitete und beschirmte, heißen, unvergeßlichen Dank. Zerriß er selbst die Bande ebenso schnell, wie eine höhere Hand sie wunderbar knüpfte, so erfahre er, daß sein Wille geehrt wird, daß nur gerührte Dankbarkeit die Scheidende erfüllt. Doch trennte unbegreiflicher Zufall die Schwester von dem Bruder, o so glaube er ihr, daß die tiefste Wehmut und Trauer sie in die weiteste Ferne begleiten wird. Führen die verschlungenen Pfade menschlicher Geschicke ihn jemals wieder mit der jetzt weit von ihm Getrennten zusammen, o so soll er eine treue Schwester wiederfinden, die ihm jedes Opfer freudig bringen wird, weil sie ihm alles, alles dankt.

»Die gerettete B.....«

»Nun, was sagen Sie dazu?« fragte der Nachbar Ludwig, der den Blick nicht von den teuern Zeilen wegwenden konnte, und dem verdunkelnde Tränen ins Auge gedrungen waren.

»Seltsam, in der Tat seltsam!« erwiderte er hastig und suchte seine Bewegung hinter dem rasch hervorgezogenen Tuche zu verbergen. »Ich finde den Brief so rührend,« fuhr er mit einem erzwungenen Lächeln fort, »er erregt so tausend Ahnungen und Vermutungen, daß er mich fast mehr bewegt hat, als er sollte. Ich bin aber einmal ein romantischer Träumer!«

»Es ist uns allen nicht anders ergangen,« entgegnete der Nachbar, »denn gerade das Geheimnisvolle dieser Worte erregt so romantische Ahnungen, daß man nie jung gewesen sein, nie dichterisch gefühlt haben müßte, wenn man nicht in der Phantasie das reizendste weibliche Wesen erblicken, die süßesten Tränen, die je ein holdes Auge getrübt haben, fließen sehen sollte. Ja, ich möchte beinahe behaupten, daß jedermann in seinem Leben irgendein Verhältnis gehabt hat, an das hier mit wunderbarer Macht erinnernder Bewegungen gestreift wird.«

»Und gerade in dieser jetzigen so ereignisvollen Zeit,« bemerkte ein dritter, »wo die friedlichsten, die sichersten Lebensverhältnisse häufig durch Geschicke betroffen worden sind, die den wunderbarsten Abenteuern nichts nachgeben, gerade jetzt knüpfen sich die vielfachsten Vorstellungen an diese Zeilen.«

Das Gespräch über diesen Gegenstand wurde aufs neue sehr lebhaft und gab Ludwig Zeit, sich zu fassen. Doch stand er Qualen des Todes aus während der Stunde der Mahlzeit. Endlich war sie vorüber, hastig, aber unvermerkt steckte er das teuere Blatt in den Busen, verließ den Saal und eilte fast betäubt auf sein Zimmer. Hier stürzte ein Strom lange zurückgehaltener, heißer Tränen über seine Wangen. Von sehnsüchtigem Schmerz überwältigt, flehte er aus der tiefsten Tiefe seiner Seele: »O, gütiger Gott, trenne mich nicht auf ewig von ihr, laß das holde Gestirn noch einmal auf meinem dunkeln Pfade leuchten! Zu grausam wärest du, hättest du mir des Himmels Seligkeit nur darum gezeigt, um mich auf ewig in die Finsternis der Ausgeschlossenen zurückzustoßen!«


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