Ludwig Rellstab
1812 – Ein historischer Roman
Ludwig Rellstab

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Zweites Kapitel.

Feodorowna war kaum in ihrem Gemach angelangt, als sie ihr Kammermädchen hinabschickte, um einige junge Mädchen zu rufen, welche mit ihr im Schloß als Gespielinnen erzogen worden waren. Das Los dieser Armen erschien ihr äußerst traurig; denn nachdem sie das Glück besserer Verhältnisse und höherer Ausbildung kaum gekostet hatten, mußten sie in den nun erst recht drückenden Stand dienstbarer Leibeigenschaft zurückkehren und die düstern Wohnungen und Beschäftigungen ihrer Eltern teilen. Darum gedachte sie dieser Genossinnen ihrer Kindheit, mit denen sie so manche Stunde der unbefangensten Freude durchlebt hatte, stets mit ganz besonderer Liebe. Es waren drei Töchter der Landleute, mit denen sie aufgewachsen war: Kathinka, Olga und Axinia. Alle drei waren in Feodorownas Alter; Kathinka und Olga, gute Geschöpfe, doch in jener beschränkten, demütigen Ansicht, welche dem Leibeigenen durch alle Verhältnisse des Lebens aufgedrungen wird, fast untergegangen. Sie empfingen daher die Zeichen der Liebe und die Geschenke, welche Feodorowna ihnen mitgebracht hatte, nur mit einer unterwürfigen Dankbarkeit, ohne den Mut zur Äußerung der Freude zu haben. Axinia dagegen zeigte eine tiefe, zitternde Rührung; sie war dankbarer für die Liebe als für die Gaben derselben; doch sagten die Tränen, welche ihre Wange benetzten, noch etwas anderes. Es schien ein geheimer Kummer auf ihrer Seele zu lasten. Feodorowna, welche teilnehmend nach allem fragte, was die Lebensumstände ihrer Jugendgespielinnen anging, suchte auch Axiniens Kummer zu erforschen. Doch das schüchterne Mädchen blickte scheu zur Erde; ihre Tränen flossen reichlicher, aber sie schwieg und seufzte nur aus tiefer Brust.

In diesem Augenblick trat gerade der Diener ein, der ihr die Aufforderung des Vaters, beim Abendessen zu erscheinen, überbrachte, »Man erwartet mich wohl schon?« fragte Feodorowna.

»Se. Exzellenz,« erwiderte der Diener sich tief verneigend, »haben wenigstens befohlen, daß schleunigst aufgetragen werde,«

»Meldet meinem Vater, ich würde sogleich kommen«, erwiderte Feodorowna und winkte dem Diener, sich zu entfernen. »Ich muß euch jetzt entlassen,« sprach sie zu den Mädchen, »allein morgen in der Frühe besucht mich wieder. Und so hoffe ich euch die Zeit hindurch, die ich hier verweilen kann, wenigstens jeden Tag zu sehen.« Die Mädchen gingen; nur Axinia zögerte, als habe sie noch etwas auf dem Herzen. »Wünschest du noch etwas, Liebe?« sagte Feodorowna, als sie das Zögern des Mädchens bemerkte, und nahm sie freundlich bei der Hand.

Axinia, in Tränen, vermochte nicht zu antworten; sie zitterte. »Willst du mir's allein anvertrauen?« – »Ja, ja!« rief die Weinende heftig. – »Nun so komm morgen ganz früh, oder wenn du willst, erwarte mich hier auf meinem Zimmer bis nach dem Abendessen. Es bleibt so jetzt die ganze Nacht hindurch hell, und Kathinka bestellt wohl bei deinem Vater, daß du später kommst.«

Dankbar ergriff Axinia die Hand ihrer milden Wohltäterin, küßte sie mit innigster Liebe und bat mit kaum hörbaren Worten, bleiben zu dürfen. Feodorowna eilte indessen hinab, um den Vater nicht warten zu lassen. Sie trat in den Saal, wo schon die Abendtafel gedeckt wurde; der Vater hörte ihre Entschuldigung wegen des längern Verweilens finster aber schweigend an, Ochalskoi sagte ihr einige höfliche Worte, jedoch in jenem kalten Tone, welcher stets einen richtigern Maßstab für das Gesagte ergibt als die Worte selbst. Man ging zur Tafel; die Unterhaltung war einsilbig und frostig. Das unbehagliche Gefühl des innern Zwiespalts unter den Anwesenden lähmte jede freiere und wärmere Ergießung der Brust. Selbst Gregor vermochte nicht das liebevolle Entgegenkommen seiner Schülerin so herzlich zu erwidern, als nach langer Abwesenheit zu geschehen pflegte; denn auch ihn drückte der niederschlagende Gedanke an die Mitteilungen, welche der Vater ihm gemacht hatte. So wurde die Tafel bald aufgehoben, und man begrüßte sich so kalt, als man beisammengesessen hatte. Gregor ging; der Greis nahm einen herzlich wehmütigen Abschied von Feodorowna, Seine mitleidigen Blicke bewegten sie, denn sie verstand sie richtig. O Gott, alle Qualen ihrer Seele stammten von den Eltern, denen sie ihr ganzes Leben hindurch nur die heißeste Liebe gezeigt, ihnen tausend Opfer gebracht hatte! Um ihre Tränen zu verbergen, trat sie in eins der Fenster und blickte auf die Landschaft hinaus, welche noch immer in dem rötlichen Dämmerscheine des Abendhimmels glühte, da die Sonne in diesen nördlichen Gegenden kaum ein wenig unter den Horizont taucht, so daß Abend- und Morgenröte ineinanderschmelzen und mit ihrem Rosenschimmer die ganze laue Juniusnacht erhellen. Der Strom zog in golden flutender Bahn zwischen seinen Hügelufern dahin; zwei Fischernachen wiegten sich leicht auf der Welle; ein Geier mit breiten ausgespannten Flügeln schwebte majestätisch, hoch über den Waldgipfeln des jenseitigen Ufers; die Türme der Festung Smolensk ragten wie schwarze Basaltfelsen aus dem goldenen See des Abendhimmels empor. Eine feierliche Stille waltete über der ganzen Landschaft. Feodorowna blickte wehmütig über die Fluren hin, wo sie die Tage der Kindheit verlebt hatte. »Ach,« seufzte sie still, »ist denn mein Herz eine fremde Pflanze auf diesem Boden? Hat er es nicht genährt? Oder haben mich sanftere Sitten und ein milderer Himmel so entartet, daß ich nicht mehr tauge für den rauhen Norden? Die Wiege meiner Tage sieht mich nicht lächelnd an wie sonst, sondern düster, als solle sie zu meinem Grabe werden. Ist denn nichts wahr und ewig in der Natur? Trügen selbst die heiligsten Bande? Gütiger Gott, vergib mir, aber wie der Boden der Heimat mir fremd geworden, so scheint mir's auch, als ob der heilige Quell meines Lebens sich trübe, als ob das Herz des Kindes den Eltern nicht mehr warm und frei entgegenzuschlagen vermöge! Kalt wie eine Schlange umschlingt dies Gefühl meine Brust! Wäre es denn wahr, daß es nur noch eine Pflicht der Liebe für mich gäbe, aber daß ihre lebendigen Wurzeln selbst erstorben sind? Nein, nein! Es kann, es darf nicht sein, es ist nur der ewige Feind, der mich täuschen will. Die Natur ist heilig, wahr, redlich; nur unser Herz entartet. Himmlische Mutter Gottes, läutere das meine, flöße ihm die alte heilige Liebe wieder ein, in der das schuldlose Kind so glücklich war.«

Ein großer, liebender Entschluß war in diesem Augenblick in ihrer Seele gereift; sie wollte sich bittend, reuig, weinend zu den Füßen des Vaters und der Mutter werfen und von ihrer Liebe erflehen, was sie bereits durch Festigkeit zu erringen sich vorgenommen hatte. Schnell wandte sie sich um; da sah sie den Saal leer, nur die Diener waren noch beschäftigt, die Tafel abzuräumen. Ihre Eltern, Fürst Ochalskoi hatten sich bereits gleichgültig, ohne Nachtgruß entfernt; der letztere wohl nur, weil Dolgorow ihn zu einem vertrauten Gespräch an den Arm genommen und mit in sein Gemach geführt hatte. Von dem Schauer des Unbehagens berührt, den plötzlichen, vollen Erguß ihrer Seele so störend gehemmt zu sehen, kostete es Feodorowna Mühe, die äußere Fassung zu behalten. Da drang plötzlich der Gedanke sanft tröstend in ihr Herz: es wartet ja selbst eine Unglückliche auf Milderung ihrer Leiden durch mich; ich will sie freundlich an dieses Herz nehmen; was sie auch quäle und bedränge, von mir soll sie die Liebe erfahren, nach der ich mich so vergeblich sehne. Mit diesem Gedanken ging sie hinüber auf ihr Gemach, um Axiniens Klagen zu hören.

Als sie, denn ihr schwebender Schritt war kaum zu hören, unvermutet die Tür ihres Zimmers öffnete, sah sie das Mädchen im inbrünstigen Gebet vor einem Marienbilde knien, welches in einer Nische an der gegenüberstehenden Wand aufgestellt war. Um sie nicht zu stören, blieb Feodorowna an der Schwelle stehen. Axinia kniete so, daß nur ihr Halbprofil zu sehen war. Dieses wurde aber durch das Rosenlicht, welches durch die Fenster zur Seite fiel, zauberisch beleuchtet. Sie hatte die weißen Arme sanft gehoben und hielt die Hände gefaltet; das Haupt war zu der himmlischen Helferin emporgewandt. In zwei zierlich geflochtenen Zöpfen hing das reiche braune Haar ihr über den Nacken herunter. Leise zog Feodorowna die Tür nach sich und schwebte einige Schritte vorwärts, so daß sie nun das Gesicht des Mädchens fast ganz von der Seite sehen konnte. Da erst bemerkte sie die kalten, starren Tränen, die der Armen auf der bleichen Wange hingen, die selbst das rosige Licht des Abends, das sie umfloß, nicht fröhlich röten wollte. Ihr Busen hob sich von leisen, tiefen Seufzern, die Lippen bewegten sich wie flüsternd im Gebet; das Auge hing so unverwandt an dem Antlitz der himmlischen Mutter, ihre Seele war so ganz in dem heißen Flehen aufgegangen, daß sie die Kommende noch nicht bemerkte, als diese schon ganz nahe stand. Erst als sie sanft zu ihr sprach: »Axinia, du betest?« fuhr sie erschreckt empor, stand zitternd vor der gütigen Gebieterin und wollte sich demütig niederbeugen, um ihre Hand zu küssen. »Nein, nein, nicht so,« sprach Feodorowna, nahm sie liebevoll in die Arme und blickte sie mit unbeschreiblicher Güte an; »sei wieder die alte, vertraute Gespielin. Schütte mir dein ganzes Herz aus, du Arme, denn ich sehe, du hast tiefen Kummer!«

»Ach, ihr werdet mich verstoßen, werdet mich verachten«, rief das Mädchen, wand sich los und rang verzweiflungsvoll die Hände.

»Axinia, was ist dir, sprich, entdecke dich«, fragte Feodorowna ahnungsvoll schauernd.

»Nein, nein, ich vermag es nicht«, rief die Unglückliche, und bedeckte ihr glühendes Antlitz mit beiden Händen; die Beklemmung drohte ihr den Atem zu rauben. Was bedurfte es noch der Worte! Jeder Zug des in Angst, Scham und Jammer vergehenden Mädchens sprach zu deutlich. »Axinia, du bist gefallen? Du?« sprach Feodorowna mit tiefstem Ausdruck des Schmerzes, aber ohne Vorwurf. Das Mädchen sank, wie zusammenbrechend, ihr zu Füßen nieder. »Tretet die Verworfene in den Staub,« rief sie wild; »ach, seid barmherzig und laßt mich nicht länger bitten!«

Feodorowna beugte sich mitleidsvoll zu ihr nieder und versuchte sie emporzuheben. »O, du Unglückselige! Richte dich auf, fasse dich; du hast Trost bei mir gesucht, ich werde dich nicht von mir stoßen.«

»Nein! Laßt mich zu euern Füßen liegen«, rief Axinia und drückte das Haupt verbergend in Feodorownas Gewänder, indem sie ihre Knie fest umschlang. Feodorowna legte ihr beide Hände wie segnend auf das Haupt und sprach erschüttert »Deine Schuld richtet Gott! Mein Herz, das selber menschlich fehlt, soll dich nicht verdammen; ich will mit dir weinen, will deine Qualen lindern, wenn ich's vermag. O, du warft gut, Axinia, du warst gut auch gegen mich. Du hattest ein weiches, liebendes Herz; es kann kein böses geworden sein. Ich will dich nicht von mir stoßen, da ich weiß, was das Herz der Unglücklichen sucht. Vertraue mir, richte dich auf, sei ganz offen gegen mich; dies ist der erste Schritt der Rückkehr von der Verirrung!«

Axinia hob das Antlitz langsam empor und blickte zu Feodorowna auf. »O, ihr seid mild wie eine Heilige«, rief sie, und sanfte Tränen entströmten ihren Augen. Sie bedeckte die hilfreich dargebotene Hand mit Küssen und ließ sich von der gütigen Gebieterin emporheben, denn ihre bebenden Knie versagten ihr fast den Dienst. Feodorowna leitete sie an ihr Ruhebett und setzte sich zu ihr nieder.

Lange dauerte es, bis die Wallung in Axiniens Brust es ihr gestattete, das Bekenntnis ihrer Verirrung abzulegen. Der Graf hatte einen jungen Deutschen, namens Paul, als Gärtner in seinen Diensten, den er sehr begünstigte. Dieser hegte schon längst eine Neigung zu der anmutigen Axinia, der sich jedoch ihr Vater Wasiliew widersetzte, weil der Graf abwesend und dessen Erlaubnis unumgänglich notwendig war. Sein Aufenthalt war aber damals den Bewohnern seiner Güter unbekannt, indem er schon seit Jahren durch die entferntesten Länder Europas reiste. Zugleich trug der Alte Bedenken, weil Paul sich zur protestantischen Religion bekannte. Indessen hatte Axinia ihm ihre innigste Liebe zugewendet, und beide unterhielten lange ein geheimes, süßes Verständnis. Als nun der keimende Frühling alle Triebe mit süßen Kräften schwellte, wurde auch in den jugendlichen Herzen die Leidenschaft mächtiger als das strenge Gebot der Pflicht. Paul, der seinem deutschen Herzen die knechtischen Gesinnungen der Leibeigenen nicht einzupflanzen vermochte, glaubte überdies ein Recht des freien Menschen üben zu dürfen und wähnte, wenn Axinia erst durch die Bande der Liebe sein Weib sei, so müsse sich auch das Gesetz seinem Willen fügen. Mit kühnem Ungestüm bedrängte er das weiche, hingebende Mädchen; ihr widerstehender Wille ermattete und löste sich kraftlos auf in dem süßen Rausche des Herzens. Sein glühendes Bitten, seine brennenden Küsse siegten über ihre Tränen, über ihre bangen Seufzer. Zu spät erwachte sie aus der qualvoll seligen Betäubung, und mit Entsetzen sah sie nun das wahre Antlitz der Tat, erkannte die Natter, die sich unter den Rosen ringelte, auf denen sie entschlummert war.

Die stumme Todesangst in der Brust, barg sie sich scheu im Hause des Vaters und sah selbst den Geliebten nicht mehr. Angstvolle Nächte folgten den Tagen der Qual. So verstrich ein voller Monat. Paul ging indessen stumm, verstört umher. Die Nachricht, daß der Graf komme, gab ihm das Leben wieder. Dem Herrn, der ihn liebte, wollte er alles gestehen, von seiner Gunst die Geliebte erbitten. Unter die Landleute gemischt, eilte er ihm voll banger Hoffnungen entgegen. Da war das erste Wort, welches er hörte, das Versprechen Dolgorows, seine Geliebte, Wasiliews Tochter, mit dem Sohne des alten Iwan zu vermählen. Er wußte, daß der Graf solche Entschlüsse, solche Versprechungen nicht zurücknahm. In Todesangst eilte er zu Axinien, die still und traurig daheimgeblieben war, während die übrigen die ankommende Herrschaft begrüßten; denn sie wagte es nicht, ihrer sonst so geliebten Gebieterin vor die Augen zu treten. Während Paul in stummer Verzweiflung noch bei Axinien verweilte und beide ihres Jammers keinen Rat wußten, traf schon Feodorownas Botschaft ein, welche die Gespielin aufs Schloß berief. Von der Kraft der Liebe ermutigt, von dem immer näher herandringenden Unglück zur Notwendigkeit des Handelns getrieben, beschloß Axinia, der Gebieterin alles zu entdecken, und durch den schwachen Schimmer der Hoffnung, der sich an diesen Entschluß knüpfte, aufgerichtet, ging sie aufs Schloß. Sie hatte ihn nun vollführt, und für ihr Unglück eine tröstende Teilnahme, für ihren Fehltritt eine milde Vergebung gefunden.

Nachdem Feodorowna die Bekenntnisse Axiniens angehört hatte, richtete sie die Verzagende durch sanften Zuspruch auf. »Es kann noch alles gut werden, Axinia; ich werde meinen Vater morgen mit dem Frühesten bitten, daß er seine Einwilligung zu deiner Verbindung mit Paul gebe; für das Versprechen, welches er dem alten Iwan gegeben, wird sich wohl eine Entschädigung finden lassen. Denkt mein Vater wie ich, so wird er deine Verbindung mit Paul für eine Pflicht halten, von der er selbst sich nicht loszusagen vermag. Du, gehe nun nach Hause, und lege dich getröstet zur Ruhe; für heute ist es zu spät, doch morgen mit dem Frühesten will ich Paul zu mir rufen lassen und selbst mit ihm sprechen. Nun gute Nacht; stille deine Tränen, Axinia, Gott hat deine Reue, deinen Schmerz gesehen; er wird dir vergeben. Und hast du bittere Tage, trostlose Nächte erdulden müssen, so glaube nur, du bist nicht die einzige Unglückliche auf dieser Erde« Schnell wandte sich Feodorowna nach diesen Worten ab, verhüllte das schöne Antlitz in ihr Tuch, sank müde in die Kissen ihres Lagers und stützte das gramgebeugte Haupt trauernd in die Hand. Axinia ergriff in gerührter Dankbarkeit die matt herabgesunkene Rechte ihrer Gebieterin, bedeckte sie stumm mit Küssen und Tränen und verließ dann leise das Gemach. Es war schon alles still im Hause, das Kammermädchen, Jeannette, eine deutsch und französisch sprechende Elsässerin, welche Feodorowna erst vor wenigen Wochen zu Petersburg in ihre Dienste genommen hatte, harrte noch im Vorsaale auf die Befehle ihrer Gebieterin. Sie geleitete Axinia bis an die Pforte hinab, die der alte Schließer mürrisch öffnete. Der Ordnung des Hauses gemäß, die um so strenger beobachtet wurde, da der Herr eben wiedergekehrt war, befanden sich alle Diener und Beamte schon in ihren Wohnungen. So gern daher Axinia ihren Freund von der glücklichen Wendung ihres Geschicks unterrichtet hätte, so bestimmt sie wußte, daß er bange darauf geharrt hatte, so war es doch heute nicht mehr möglich für sie; durch die späte Stunde ein wenig ängstlich, schlüpfte sie daher der Hütte ihres Vaters zu, in der sie seit einem Monat die erste Nacht zubrachte, ohne wachend in hoffnungslosem Jammer auf ihrem Lager zu sitzen.


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