Cicero
Vom Redner
Cicero

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XLIII. 169. Oft bedient man sich auch des WortmißbrauchesIm Lateinischen heißt diese Redefigur abusio, im Griechischen κατάχρησις., zwar nicht mit gleicher Feinheit, wie der Uebertragung, aber, wenn auch mit einer gewissen Kühnheit, doch zuweilen nicht ungeziemend, wie wenn wir eine reichlichegrandem orationem pro magna; man übersetzt: »eine tragische Rede statt einer erhabenen«; aber weder grandis hat an sich die Bedeutung tragisch, noch magna die Bedeutung erhaben. Rede statt einer großen, einen ärmlichenminutum animum pro parvo. Muth für Kleinmuth sagen. Aber in Betreff jener RedeweiseDer Allegorie. seht ihr wol, daß sie nicht in einem Worte. sondern in der Rede liegt; denn sie besteht, wie ich gezeigt habe, aus einer Zusammensetzung mehrerer Übertragungen. Die Redeweisen aber, die, wie ich bemerkte, entweder auf der Verwechslung eines Wortes beruhen oder darauf, daß man ein Wort anders verstanden wissen will, als seine eigentliche Bedeutung ist, sind gleichsam Arten der Uebertragung. 170. Auf diese Weise also geht der ganze Vorzug und das ganze Lob der einzelnen Worte aus drei Dingen hervor, indem das Wort entweder ein altes ist, das jedoch der Sprachgebrauch noch dulden kann, oder ein gemachtes, theils neuzusammengesetztes theils neugebildetes, wobei man gleichfalls Wohlklang und Sprachgebrauch berücksichtigen muß, oder ein übertragenes, wodurch die Rede am Meisten gleichsam mit Sternen geschmückt und beleuchtet wird. 171. Es folgt nun die Wortverbindung, wobei es besonders auf Zweierlei ankommt, erstens auf die Stellung der Worte und zweitens auf eine nach gewissen Tonverhältnissen abgemessene Bewegung der Worte. Die Stellung verlangt, daß man die Worte so verbindet und ordnet, daß sie weder rauh noch klaffend zusammenstoßen, sondern sich bequem und glatt zusammenfügen. Hierüber macht unter der Person meines Schwiegervaters der so geschmackvolle Spötter LuciliusS. zu I. 16, 72, Anm. 138. ein niedliches Wortspiel:

O wie wonnig die WorteQuam lepide λέξεις compostae gefügt sind, gleichend den Steinchen
Im musischen Estrich und künstlich gewürfelten Bildwerk!

Mit diesen Worten verspottet er den AlbuciusDerselbe, der II. 70, 281. erwähnt ist., aber auch mich verschonte er nicht:

Crassus hab' ich zum Eidam, drum denk' nicht, du seiest beredter.

Wie nun? Was thut denn dieser Crassus, mit dessen Namen du Scherz treibst? Offenbar das Nämliche, das Albucius will; nur um Etwas besser, wünschte ich, als Albucius; doch er scherzte über mich, wie er zu thun pflegt. 172. Aber man muß gleichwol die Wortstellung, von der ich rede, beobachten; denn sie bewirkt, daß die Rede wohl verbunden und zusammenhängend ist und sanft und gleichmäßig dahinfließt. Dieß werdet ihr erreichen, wenn ihr die Schlußsilben der vorhergehenden Worte mit den Anfangssilben der folgenden so verbindet, daß sie nicht rauh zusammenstoßen und nicht zu sehr auseinanderklaffen.


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