Cicero
Vom Redner
Cicero

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LXX. 281. Belacht wird auch die Zusammenstellung von Dingen, die mit einander in Widerspruch stehen, wie: »Was fehlt diesem als Geld und Verdienst?«Der Anfang der Frage. »Was fehlt diesem?« läßt erwarten, daß ihm Nichts fehle, die folgenden Worte aber zeigen, daß ihm Alles fehlt. Recht hübsch ist auch die freundschaftliche Zurechtweisung eines Menschen, als ob er sich irre. Auf diese Weise machte Granius dem AlbiusIch lese mit Ellendt Albium Granius. S. Ellendt in den Varianten und in dem erklärenden Kommentare. einen Vorwurf, daß er, obwol aus seinen Rechnungsbüchern von Albucius ein Umstand bewiesen schien, sich dennoch über die Lossprechung des Scävola sehr freute und nicht begriff, daß der Urtheilsspruch gegen seine Rechnungsbücher gefällt seiDie Sache verhält sich so. Albucius hatte den Augur Quintus Mucius Scävola wegen Unterschleifes angeklagt und zu seiner Beweisführung sich auf die Rechnungsbücher des Albius berufen. Scävola wurde freigesprochen, das Urtheil war also gegen die Rechnungsbücher des Albius gefällt worden, so daß diese Rechnungsbücher für gefälscht gehalten werden konnten. Albius, ein Freund des Scävola, freute sich sehr über dessen Freisprechung. Granius aber, einer der Anwesenden, macht ihm deßhalb einen Vorwurf, weil er nicht einsehe, daß durch die Freisprechung des Scävola seine Rechnungsbücher für unrichtig erklärt worden seien.. 282. Dem ähnlich ist auch die freundschaftliche Erinnerung bei Ertheilung eines Rathes. So gab Granius einem schlechten Anwalte, der sich beim Reden heiser geschrien hatte, den Rath kalten Meth zu trinken, sobald er nach Hause zurückgekehrt sei. »Ich werde, sagte jener, meine Stimme verlieren, wenn ich das thue.« – »Besser, erwiderte Granius, als deine Rechtshändel.« – 283. Hübsch ist es auch, wenn eine Aeußerung gethan wird, welche Jemandes Charakter trifft. Zum Beispiel: ScaurusS. zu I. 49, 214. hatte sich dadurch, daß er die Güter des Phrygio Pompejus, eines wohlhabenden Mannes, ohne Testament in Besitz genommen hatte, nicht wenig verhaßt gemacht. Da er nun als Beistand des angeklagten BestiaLucius Calpurnius Bestia, derselbe, der als Consul, durch Geld bestochen, mit Jugurtha Frieden schloß. Scaurus war der Unterfeldherr des Bestia gewesen. mit im Gerichte saß, und eben ein Leichenzug vorbeiging; so sagte der Ankläger Gajus MemmiusS. zu II. 59, 240.: »Siehe, Scaurus, da wird ein Todter fortgeführt; vielleicht kannst du dich in den Besitz seiner Güter setzen.« 284. Aber unter allen diesen witzigen Einfällen wird Nichts mehr belacht als das Unerwartete, wovon es unzählige Beispiele gibt, wie das von dem älteren AppiusS. zu II. 60, 246.. Als im Senate über die öffentlichen Aecker und das Thorische GesetzDas Thorische Gesetz war im Jahre 108 v. Chr. auf Vorschlag des Spurius Thorius gegeben, es enthielt, wie wir aus unserer Stelle deutlich sehen, auch Verordnungen über Weidegerechtigkeit. – Wer der hier angeführte Lucilius sei, ist unbekannt. verhandelt, und Lucilius von denjenigen hart bedrängt wurde, welche sagten, daß von seinem Viehe die öffentlichen Aecker abgeweidet würden: so sagte Appius: »Das ist nicht des Lucilius Vieh; ihr irrt euch;« – er schien den Lucilius zu vertheidigen; – »ich glaube, es ist herrenloses ViehAppius wollte hierdurch andeuten, da das Vieh herrenlos sei, so sei es auch gestattet sich desselben zu bemächtigen.; es weidet, wo es Lust hat.« 285. Auch gefällt mir die Aeußerung jenes ScipioPublius Cornelius Scipio Nasica Serapio, Sohn des Nasica Corculum, im Jahre 139 v. Chr. Consul, tödtete im Jahre 134 den Tiberius Gracchus., der den Tiberius Gracchus erschlug. Als ihm Marcus FlaccusMarcus Fulvius Flaccus verklagte den hier angeführten Scipio wegen der Ermordung des Tiberius Gracchus. Im Jahre 121 v. Chr. wurde er mit Gajus Gracchus in einem Aufstande ermordet. unter vielen Lästerungen den Publius MuciusPublius Mucius Scävola, der in dem Jahre (134 v. Chr.), wo Tiberius Gracchus getödtet wurde, Consul war. Er stand wegen seiner großen Rechtschaffenheit in großer Achtung beim Volkes Deßhalb erregte auch die Aeußerung des Scipio Unzufriedenheit. zum Richter vorschlug, sagte er: »Diesen lehne ich feierlich ab; er ist übel gesinnt.« Als sich hierüber ein Gemurmel erhob, fuhr er fort: »Ach, versammelte Väter, ich lehne ihn ab, nicht weil er gegen mich übel gesinnt ist, sondern weil er es gegen Alle istDas Unerwartete in der Aeußerung des Scipio liegt darin, daß er nach dem erhobenen Gemurmel sein Urtheil über den Scävola nicht, wie man erwartet hatte, milderte, sondern vielmehr schärfte, indem er den Scävola für einen Verräther des Vaterlandes erklärte, wahrscheinlich deßhalb, weil Scävola den gewaltsamen Maßregeln des Scipio gegen Tiberius Gracchus nicht beistimmen wollte..« Das Witzigste aber, das ich von unserem Crassus gehört habe, ist Folgendes. Silus hatte als Zeuge den Piso durch die Behauptung, er habe Nachtheiliges über ihn reden hören, beleidigt. Da sagte Crassus: »Es ist möglich, Silus, daß der, von dem du es gehört zu haben behauptest, es im Zorne gesagt hat.« Silus stimmte zunickend bei. – »Möglich auch, daß du es nicht recht verstanden hast.« – Auch dazu nickte er mit dem ganzen Kopfe, um sich dem Crassus gefällig zu beweisen. – »Möglich auch, fuhr dieser fort, daß du das, was du gehört zu haben behauptest, überhaupt nie gehört hast.« Dieß kam so unerwartet, daß ein allgemeines Gelächter den Zeugen ganz außer Fassung brachte. An Witzen dieser Art ist Novius reich, und bekannt von ihm ist der Scherz: »Weiser, wenn du frierst, so – zitterst duDas Unerwartete liegt darin, daß man nach den Worten: »Weiser, wenn du frierst« einen guten Rath gegen den Frost erwartet; statt dessen folgen die Worte: »so zitterst du.« Um so überraschender erscheint der Nachsatz, wenn wir annehmen, daß die Worte gegen die Stoiker gerichtet sind, die durch ihre Philosophie gegen alle äußeren Einwirkungen gewaffnet zu sein behaupteten. – Ueber Novius s. zu II. 63, 255.« und vieles Andere.


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