Cicero
Vom Redner
Cicero

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XLI. 185. Und weil ich nun von der Unverschämtheit dieser Leute gesprochen habe, so laßt mich auch ihre Lässigkeit und Trägheit züchtigen. Denn wäre auch diese Rechtsgelehrsamkeit weitläuftig und schwierig, so müßte doch die Größe ihres Nutzens die Menschen antreiben sich der Anstrengung des Erlernens zu unterziehen. Aber, o unsterbliche Götter, ich würde mich in der Gegenwart Scävola's nicht so äußern, wenn er nicht sich selbst zu äußern pflegte, daß ihm die Erlernung keiner anderen Wissenschaft leichter erscheine. 186. Gar Viele freilich haben hierüber aus gewissen Gründen eine andere Ansicht. Erstlich nämlich hielten es in früheren Zeiten die Männer, die im Besitze dieser Wissenschaft waren, zur Behauptung und Vermehrung ihrer Macht nicht für gut, daß ihre Wissenschaft veröffentlicht würde; denn nachdem Gnäus FlaviusGnäus Flavius, der Sohn eines Freigelassenen, war bei dem Oberpriester Appius Claudius Cäcus Schreiber gewesen und hatte dadurch Gelegenheit gehabt, die damals von den Oberpriestern aufbewahrten und geheim gehaltenen Rechtsformeln abzuschreiben. Im Jahre 304 v. Chr. machte er als Aedilis Curulis diese Rechtsformeln öffentlich bekannt. Diese Sammlung von Rechtsformeln, auf denen das bei gerichtlichen Verhandlungen zu beobachtende Verfahren beruhte, heißt jus Flavianum. zuerst die Rechtsformeln öffentlich ausgestellt hatte, und durch das Rechtsverfahren zur allgemeinen Kunde gekommen war, fehlte es doch an Männern, die jenen Stoff kunstgerecht nach Klassen vertheilt und angeordnet hätten. Denn von keinem Gegenstande läßt sich ein wissenschaftliches Lehrgebäude aufstellen, wenn nicht der, der die Dinge, die er wissenschaftlich anordnen will, kennt, zuvor jene WissenschaftDie Dialektik. sich angeeignet hat, durch die er einen noch nicht kunstgerecht geordneten Stoff in eine kunstgerechte Form bringen kann. Ich sehe, während ich mich kurz fassen wollte, habe ich mich etwas zu dunkel ausgedrückt; doch ich will den Versuch machen und mich, wo möglich, deutlicher erklären.


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