Cicero
Vom Redner
Cicero

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XXXVII. 148. Hierauf sagte Crassus: Nach sehr gewöhnlichen und auch dir nicht unbekannten Dingen, Sulpicius, fragst du. Denn wer hat hierüber nicht Belehrungen und Anweisungen gegeben oder auch in Schriften niedergelegt? Aber ich will dir willfahren und das wenigstens, was mir bekannt ist, kurz auseinandersetzen; jedoch dir den Rath geben dich lieber an die Urheber und Erfinder dieser Kleinigkeiten zu wenden. 149. Jede Rede also besteht aus Worten, die wir zuerst einzeln für sich, dann in ihrer Verbindung betrachten müssen. Denn es gibt einen Schmuck der Rede, der aus einzelnen Worten entspringt, und einen anderen, der in der Aneinanderfügung und Verbindung der Worte besteht. Wir müssen also entweder solche Worte gebrauchen, welche eigentliche und bestimmte Bezeichnungen der Dinge sind, beinahe mit den Dingen selbst entstanden; oder solche, welche übertragen und gleichsam an eine fremde Stelle gesetzt sind; oder solche, welche wir selbst erfinden und neu bilden. 150. Bei den eigentlichen Worten nun besteht das Lob des Redners darin, daß er niedrige und verschollene meidet, auserlesene dagegen und lichtvolle anwendet, die etwas Volles und Tonreiches zu haben scheinen. Aber bei dieser Art der eigentlichen Worte muß man eine Auswahl vornehmen und diese nach dem Urtheile der Ohren bestimmen, wobei auch die Gewohnheit gut zu sprechen eine sehr große Geltung hat. 151. Auch das Urtheil, das man so oft von Laien über Redner aussprechen hört: »Dieser gebraucht schöne Worte« oder »der gebraucht nicht schöne Worte« gründet sich nicht auf eine Kunstregel, sondern auf ein natürliches Gefühl; hierbei ist es kein großes Lob das Fehlerhafte zu vermeiden, wiewol dieses von Wichtigkeit ist; gleichwol bildet der Gebrauch und Vorrath guter Worte gleichsam den Grund und Boden des Redners. 152. Doch was der Redner selbst darauf bauen und an welcher Stelle er Kunst anwenden soll, das, glaub' ich, müssen wir untersuchen und entwickeln.


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