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Die hohe Mauer

Drei Leute standen vor einer Mauer, einer sehr hohen Mauer, ein Entschlossener, ein Bedächtiger und ein Dritter, von dem man nicht ganz genau sagen konnte, wie er eigentlich war, so beweglich erschien er.

»Ich will hinüber!« rief der Entschlossene.

»Das wird wohl nicht gehen!« erwiderte der Bedächtige. »Wolle doch erwägen: die Mauer ist zu hoch, als daß es dir etwas helfen könnte, hinaufzuspringen; du kannst auch nicht steigen, weil sie leider keine Vorsprünge hat, und sie ist viel zu glatt und ohne Risse, als daß du dich einkrallen könntest.«

»Dann hilf mir,« sagte der Entschlossene.

»Ich dir helfen?« sagte der Bedächtige. »Laß uns ermessen, wie hoch ich dich heben könnte! Urteile selbst, gewiß nicht höher als so. Aber auch dann könntest du nicht die Zinnen fassen. Es geht wirklich nicht.«

»Es geht doch!« rief der Bewegliche und seine Augen blitzten.

»Es geht doch?« wiederholte der Bedächtige spottend. »Was hast du Irrlicht denn für Kraft, daß du so zuversichtlich sagen kannst: Es geht doch?«

»Ich habe unendliche Kraft, wenn man mir nur vertraut,« sagte der Bewegliche. »Ich reiße alles mit mir fort, alles wächst in dem, dem ich die Hand reiche, alle seine Kräfte verdoppeln sich, und am Ende fliegen wir. Vorwärts! Du mußt, du kannst!«

So sprach er, und als der Entschlossene das Leuchten sah, das von seinem Antlitz aus ging, rief er mit Jauchzen: »Ich will!«

Und nun begann ein Ansturm auf die Mauer, ein seltsames Ringen, Klettern, Steigen und Emporschnellen, ein Tragen und Gehobenwerden, und wenn es auch nicht gleich gelang, endlich waren sie doch an der andern Seite und riefen Triumph; der Bedächtige aber blieb hüben – für alle Zeit.

»Wie ist das nur möglich gewesen! Das hätte ich wirklich nicht gedacht!« rief der Verstand.

Die beiden andern waren der Wille und das Gefühl, die dann allmächtig sind in allen Dingen dieser Welt, wenn sie sich richtig miteinander verbinden.

*