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Christus hatte gesiegt, und die Massen folgten dem Überwinder. Da stand einer am Wege, Grimm und Hohn im Herzen; es war Luzifer, der Gefallene, der Verbannte. Nacht war sein Mantel, und seine Augen glichen dem Blitz, wenn er aus dem Dunkel kommt. Er beobachtete den Zug des Kreuzes, und sie zogen alle vorüber, die Armen an Geld und Geist, die Frommen und die Heuchler, die Herrschbegierigen und die Unterdrückten. Nun war er zu Ende, aber siehe! zwei Nachzügler folgten noch, und sie waren sehr in Eile. Sie ermunterten sich gegenseitig: »Schnell, daß wir die Spitze des Zuges erreichen!«
»Halt!« sagte Luzifer und vertrat ihnen den Weg. Sie gehorchten der königlichen Gebärde.
»Ich kenn' euch wohl,« fuhr er fort. »Du bist der Künstler und du der Denker. Warum folgt ihr dem Rabbi von Nazareth?«
»Er ist der Märtyrer, der Gekreuzigte.«
»Er ist es,« sagte Luzifer.
»Ist der Messias, der Heiland, der Erlöser!«
»Wahn der Toren!« rief Luzifer.
»Er ist der Magus, ist das Rätsel,« fuhr der Künstler eifrig fort. Er zieht mich an und läßt mich nicht los. Er gibt meinem Herzen Nahrung und beflügelt meine Phantasie. Es drängt mich, seine Gestalt in weißem Marmor nachzubilden, sein leuchtendes Auge muß ich malen, und einen ragenden Tempel will ich bauen, dessen Wölbungen sollen widerhallen von feierlicher Rede und geweihten Klängen. Laß mich frei, ich will ihm dienen!«
Luzifer trat zur Seite und sprach mit düsterm Lächeln: »Geh, sei ein Narr und diene!«
So folgte der Künstler dem Kreuz, und er ist des Heilands stärkster Bundesgenosse bis auf den heutigen Tag.
Da wandte sich der Dämon zu dem andern und fragte: »Und warum willst du ihm folgen?«
»Er hat Tiefe, er hat die Wahrheit,« war die Antwort.
»Die Tiefe des Irrtums und eine Wahrheit für ein paar tausend Jahre.«
»Meine Gedanken werden seltsam von ihm gefesselt.«
»Der Gedanke ist frei und soll nicht Fesseln tragen. Du bist ein Denker, und ein Denker soll nicht glauben, sondern zweifeln.«
Jener erhob seinen forschenden Blick und fragte: »Wer bist du, seltsamer Geist, daß du mich verlocken willst?«
»Ich bin's, der Lichtbringer. Ich will dich mit mir führen, und vor deinem Blick soll des Himmels kristallenes Gewölbe zerbersten. Tausend Welten sollst du erkennen, damit du über den Toren lächelst, der sich vermaß, die kleinste von ihnen zu erlösen. Komm, du sollst die Wahrheit suchen, und glauben sollst du auch: ich will dich lehren, an die Menschheit zu glauben.«
So sprach Luzifer, und ein Apostat folgte dem andern.
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