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531. De gode Krischan.

Abendmahl: Nr. 537, 1. Stelle ohne Graswuchs: zu Nr. 207.

Es war einmal eine traurige Zeit für Blankenese. Kein Fisch ging ins Netz mehr, keiner biß mehr an die Angel, das Korn auf dem Felde verdorrte und war taub, die Obstbäume standen leer, Kühe und Schafe trockneten auf, die Pferde wurden lahm, es herrschte der bitterste Mangel. Und je weiter es in dem Jahre gegen den Herbst kam, je ärger ward es. Eine Scheune und ein Stall nach dem andern brannten ab, so wie Korn und Vieh eingebracht waren. Selbst die kleinen Kinder wurden Nachts vor dem Bette der Eltern aus den Wiegen weggestohlen, obgleich man Türen und Fenster wohl verwahrt hatte und sie nachher auch noch immer fest verschlossen fand. Was die Ursache dieses Unglücks sei, wußte niemand zu sagen, niemand wußte auch Rat. Der Ort war dem äußersten Elend nahe. Da entdeckte endlich durch Zufall ein Hirtenbursche, wie es damit sei. Er war gegen Abend vor Müdigkeit am Abhange des hohen Sülbergs eingeschlafen. Erst um Mitternacht erwachte er und wollte eben schnell nach dem Dorfe zurückkehren, als er zu seinem Schrecken den Berg sich voneinander tun und ein altes häßliches Weib aus der Spalte hervorkommen sah. Eine Weile stand sie noch auf der Spitze des Berges still und sah sich nach allen Seiten um, dann stieg sie hinab und ging dem Dorfe zu mit den Worten: »Nun, ich will hin und will allen Kühen und Pferden die Schwänze abschneiden. Das soll morgen einen hübschen Spektakel geben.« Der Hirtenjunge hatte sich aus Furcht hinter einen Busch verkrochen und platt auf den Bauch niedergelegt, um nicht von der Hexe gesehen zu werden. Kaum aber war sie fort, eilte er dem Strande zu, machte ein Boot los und fuhr auf die Elbe hinaus; denn ins Dorf wagte er sich nicht, weil er der Hexe leicht begegnet wäre. Am Morgen aber ruderte er wieder zurück, weckte die Leute und erzählte, was er gehört hatte. Da sah man nun in den Ställen nach und kein Pferd und keine Kuh war verschont geblieben; später fand man die abgeschnittenen Schwänze unten am Ufer liegen.

Nun dachten die Blankeneser darauf, wie am besten dem Unheil abzuhelfen sei. Die heilige Christnacht ward zur Ausführung des Planes ausersehen. An der Stelle des Berges, wo der Hirtenjunge das Weib hatte herauskommen sehen, ward ein großer Holzstoß errichtet und viel Stroh zusammengetragen. Am Abend versammelte sich das ganze Dorf, alt und jung, am Fuße des Berges, mit dem Pastor aus Nienstedten an der Spitze; der gute Christian, wie der Hirtenjunge hieß, stand allein in der Nähe des Scheiterhaufens mit einer brennenden Lunte in der Hand. Als nun die Uhr zwölf schlug, so fing es in dem Holzstoß an zu rasseln, mehrere Stücke fielen auseinander und in einem Augenblick stand die Hexe vor ihm. Sogleich steckte der Bursche die Lunte in das Stroh und in demselben Augenblicke stimmten die Leute unten am Berge einen Gesang an und kamen immer näher herzu. Der Scheiterhaufen stand bald in hellen Flammen; darum konnte die Hexe nicht zurück in den Berg, gegen den Pastor und den Gesang konnte sie auch nicht ankommen, und dem guten Christian konnte sie nichts anhaben, weil er erst eben vorher das Abendmahl genommen hatte und reines Herzens war. Die Blankeneser kamen unterdes immer näher und näher in einem Kreise auf sie zu und drängten sie so endlich in die Flamme; da mußte sie elendiglich verbrennen. Die Stelle, wo dies geschehen ist, blieb bis auf diesen Tag kahl und öde, und kein Halm wächst darauf; aber die Geschichte vom goden Krischan ist noch in Blankenese und der ganzen Umgegend wohl bekannt; denn er war es, der das Dorf von der Plage befreite, so daß es seitdem wieder zu seinem alten Wohlstand kommen konnte.

Auf dem Sülberg, dem höchsten Berge in der ganzen Gegend, stand in alten Zeiten ein Schloß, und der ganze Berg war mit Wald bewachsen. Jetzt ist das Schloß in den Berg verwünscht; aber einmal im Jahre, in jeder Mainacht, tut sich der Eingang dazu auf.

Sagenbibliothek. Hamburg bei Menk. Bd. I. Heft VIII, Nr. 10. – Mündlich.

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