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224. Der Stein bei Seeth.

In Seeth, bei Friedrichstadt, wohnten einmal zwei Brüder. Der eine war reich, der andere arm. Der reiche war kinderlos, aber der arme war gesegnet mit sieben Kindern, für die er oft nicht wußte, wo das Brot hernehmen. Eines Tages kam die Mutter mit ihnen vor des reichen Oheims Tür und baten um Brot. Aber die Frau, die gerade allein zu Hause war, war ein hartherziges Weib, schnauzte sie an und sprach: »Was ziehst du herum wie eine Sau mit ihren Ferkeln? Schäme dich, du bekommst von mir nichts.« Verzweifelnd ging die Mutter mit ihrem Häuflein davon. Als abends nun der reiche Mann nach Hause kam und sich ein Stück Brot abschneiden wollte, da quoll Blut unter dem Messer hervor und das Brot war zu Stein geworden. Entsetzt sprach er zu seiner Frau: »Dies Zeichen bedeutet etwas; es ist heute Böses in unserm Hause geschehen.« »Davon weiß ich nichts«, antwortete die Frau, »nur die Schwägerin war hier mit ihren sieben, die hab ich abgewiesen.« »Da mußt du doch Sünde mit getan haben«, sagte der Mann und eilte nach dem Hause seines Bruders. Er fand unten niemand, wie er aber auf den Boden kam, da hingen da unter dem Dache sieben Leichen, die Mutter und sechs von den Kindern. Nur der älteste Sohn war entflohn und so dem entgangen, was die Mutter den andern Kindern angetan. Man konnte ihnen kein ehrlich Begräbnis geben, da sie auf diese Weise zu Tode gekommen waren; darum grub man alle sieben Leichen eben draußen vor dem Dorfe an der Landstraße ein, legte aber zum ewigen Gedächtnis einen Stein darauf, den man noch heute zeigt. Seine Inschrift aber ist jetzt schon ganz verwittert.

Durch Herrn Tamsen in Tondern.

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