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371. Werwölfe.

Urdsbr. 6, 46 aus Stormarn. Rahlf u. Ziese, Ahrensburg S. 187 f. Kristensen 2 F, 37. Fischer, Slesv. Folkes. 152 ff., 169 ff. Vgl. Nr. 369. 338 (»ole Möm, büst du dat?«). Wisser S. 269. Groth Ges. W. 1, 126.

1.

An einem heißen Erntetage legten sich einige Knechte auf dem Felde nieder zum Mittagsschlafe. Da bemerkte einer, der nicht einschlafen konnte, wie sein Nachbar leise aufstand und einen Riemen umspannte, worauf er zum Wolfe ward. Auf einer Weide nebenan ging eine Stute mit einem Füllen. Der Wolf lief auf sie zu, kämpfte lange mit der Stute, ergriff zuletzt das Füllen und ruhte nicht eher, als bis er es mit Haut und Haar aufgefressen. Darauf legte er sich wieder nieder zum Schlafen. Bald darauf aber erwachten die andern und es sollte nun wieder an die Arbeit gehn. Aber der Knecht, der den Wolfsriemen hatte, bat, sie möchten ihn noch ein wenig liegen lassen, es sei ihm noch gar nicht recht bequem. »Ja«, sagte der andre, der ihn beobachtet hatte, »das glaub' ich wohl, wenn einer ein ganzes Füllen im Leibe hat.« »Das ist dein Glück, daß du das nicht eine Viertelstunde eher gesagt hast«, antwortete jener und drohte ihm wenn er etwas verraten würde.

Mündlich aus Marne in Dithmarschen, aus Niederselk bei Schleswig durch Kandidat Arndt, aus Osterrade bei Bovenau, aus Kiestrup, Amts Hadersleben, durch Herrn J. F. Lorenzen – Grimm, Deutsche Sagen Nr. 213. Kuhns Mark. Sagen Nr. 243. Harrys Sagen Niedersachsens I, Nr. 34.

2.

Aus einer kleinen Stelle im Dorfe Elmenhorst, Guts Jersbek, an der alten Landstraße von Hamburg nach Oldesloe, wohnte ein Mann, der hatte von Geburt an die Gabe sich in einen Wolf verwandeln zu können. Die Nachbarn hatten ihn längst in Verdacht; aber erst durch Zufall kam man zur Gewißheit darüber. Denn vor Tagesanbruch, an einem Sommermorgen, kamen einmal zwei Hamburger Schlachter des Weges und bemerkten einen Wolf in der Nähe des Dorfes. Sie verfolgten ihn mit ihren großen Peitschen, konnten ihn aber nicht einholen. Als er endlich in das Haus schlüpfte und die Schlachter ihm nach in die Stube gingen, fanden sie zwar Mann und Frau im Bette liegen, doch war der Mann noch nicht ganz wieder verwandelt, sondern der Wolfsschwanz hing noch unter der Decke hervor. Wenn man einen solchen Wolf mit einer Ladung Erbsilber verwundet, muß er augenblicklich seine menschliche Gestalt annehmen.

Schriftliche Mitteilung.

3.

In Owschlag gab es früher viele Hexen und da geschahen wunderbare Dinge. Einst fuhr ein Bauer von da zur Stadt nach Eckernförde. Da sah er zu beiden Seiten des Weges hier einen Wolf und da einen. Sie gingen immer vor ihm her bis nach Kochendorf; da sprangen sie über eine Tür. Als der Bauer ihnen nachging, standen die Bäuerin und ihre Tochter mit Wolfsriemen in der Hand auf der Diele.

Einem andern Bauern begegnete auf dem Felde eine alte Wölfin. Sie sprang immer auf sein Pferd zu, um es am Halse zu packen. Da kam dem Bauern ihre Stimme so bekannt vor und er rief: »Büst du dat, mine olle Möm, odder büst du dat nich?« Da stand seine eigne alte Mutter in leibhaftiger Gestalt vor ihm und konnte kein Glied rühren. Der Bauer lud sie auf den Wagen und brachte sie nach Hause; aber sie lebte nicht mehr lange hernach.

Aus Niederselk bei Schleswig durch Herrn Kandidat Arndt.

*

 


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