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467. Der Abendmahlskelch in Viöl.

Einl. S. XIV. Vgl. zu Nr. 238. Urdsbr. 6, 79 und Heim. 8, 26 aus Stapelholm. Kristensen 1, 772 aus Alfen. Lorenzen S. 9 f. Vgl. die Sage vom Oldenburger Horn: Mitt. des anthropol. Vereins in Schl.-H. 18 (1907) S. 22 ff. – Johansen, nordfr. Sprache S. 225 f.

Ein Mann aus Viöl kam Abends von Flensburg geritten. Als er nun einen Grabhügel erreichte, feierten da die Unterirdischen eben ein großes Fest und ließen einen großen goldenen Becher die Reihe herumgehen; darin war ein Trank, der sah wie Buttermilch aus. Der Bauer hielt sein Pferd an und bat arglistig: »Laßt mich auch einmal einen Schluck aus dem Becher kriegen!« Treuherzig reichten sie ihm denselben dar. Er aber ergriff ihn, goß den Trank hinter sich und sprengte davon. Da hörte er einen Unterirdischen rufen: »Dreibein, komm heraus!« Der Bauer sah sich um und sah ein Ungeheuer hinter sich, das ihn verfolgte. Aber sein Pferd lief schneller als Dreibein. Da hörte er nun viele Stimmen rufen: »Zweibein, komm heraus!« Der Bauer sah sich wieder um und erblickte ein andres Ungeheuer, das sah noch schrecklicher aus und konnte auch schneller laufen als Dreibein, es hätte ihn aber doch nicht eingeholt. Da hörte er alle mit einer Stimme rufen: »Einbein, komm heraus!« Der Bauer sah sich wieder um, da sah er ein drittes Ungeheuer, das war noch viel, viel schrecklicher und viel größer als die andern beiden, und kam in gewaltigen Sprüngen, immer kopfüber, auf ihn los. Das hätte ihn auch gepackt, wäre nicht eben die große Tür seines Hauses offen gewesen. Kaum hatte er sie zugeschlagen, so war Einbein da und fuhr mit großem Geprassel dagegen, mußte aber draußen bleiben. Am andern Morgen besah der Bauer sein Pferd, da hatte der Trank ihm den Schweif halb weggesengt. So beißend war er gewesen. Den Becher aber schenkte der Bauer der Kirche, wie er in der Angst gelobt hatte, als er Einbein sah.

Durch Herrn Pastor Karstens in Elmshorn. – Nach einer sonst übereinstimmenden Version (durch Herrn Schullehrer Petersen in Norsted) bietet der Unnerersche dem Manne den Trunk an; als er ihn ansetzen will, überkommt ihn ein Grauen; er gießt den Inhalt des Bechers hinter sich und sprengt davon. Eine Schar Unterirdischer verfolgt ihn mit Steinwürfen. Er setzt mit seinem Pferde über das Heck hin, das den Eingang verschließt, und ist in Sicherheit; denn die nachgeworfenen Steine prallen nun alle gegen das Tor. Der Becher ist in der Viöler Kirche lange gebraucht worden und erst vor einigen Jahren, als das Pastorat vom Blitze getroffen wurde, mit verbrannt. Vgl. Nr. 75. 238. 343. 344.

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