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420. Die Sylter Riesen.

C. P. Hansen, Beitr. zu den Sagen der Nordfriesen S. 27 ff.

In alten Zeiten sind hier auf Sylt heidnische Völker gewesen und haben einen seltsamen Glauben gehabt; sie sind ihre eignen Herren gewesen dieses Landes. Unter ihnen waren viele große Riesen fünf oder sechs Ellen lang; die nannte man Kämpen, denn sie waren so geschickt, mit Bogen und Pfeilen zu schießen auf Fingers Breite, dazu mit Stangen, daß alles was sie nur über halb sehen konnten, es wären Menschen oder Tiere, – das war alsobald tot. Und hatten drei Festungen und Burgen im Lande, Arentsburg, Tinseborg und Ratsborg, dazu oben bei Heidum einen Wachtturm wohl und fest verwahrt, daß sie allda des Tages sehen konnten, wannen und wo die Feinde wären. So stritten sie für das Land und sicherten und befriedeten es; aber die Leute darinnen mußten ihnen Schatz und Zins geben. Diese Riesen taten große Gewalt und Übel bei dem Volk. Denn so ein Bauer hinging, seine Schuld aufzumahnen, so haben sie ihn nachher heimlicher Weise mit Pfeilen oder Stockschlägen getötet und das Geld ihm dann genommen. Das mußten die armen Leute leiden und nicht klagen, denn sie hatten keine andre Herren als diese Riesen; und man höret sagen, daß wo ein Mann oder Frau unter ihnen gestorben, so mußten sie nicht unter den Gemeinen begraben werden, sondern man mußte ihre Leichname mit Feuer verbrennen und die übrigen Knochen an einem besondern Ort begraben.

Zuletzt hat der König von Dänemark einen dieser Riesen zu sich gefordert, der ein kunstreicher Arzt gewesen ist. Denn des Königs Tochter war mit einer innerlichen Krankheit beschwert, und hatte gelobt, so er ihr helfen könne, wollte ihm der König eine große Summe Geldes verehren. Der Doktor ist dahin gereist und hat des Königs Tochter gesund gemacht; da hat der König ihm großes Geld verehrt und mit Essen und Trinken ganz überflüssig traktieret. Damit wollte der Doktor wieder nach seinem Lande. Aber der König bat ihn: er hätte einen Edelmann, der auch innerlich krank wäre; könnte er den besser machen, so wollte er ihm noch mehr Geld geben. Darinnen willigte er. Aber in der Trunkenheit hat der König ihn ausgefraget wegen des Landes Sylt, und der Doktor hat ihm alle Gelegenheit davon ausgesagt. Dieser ist darauf zu dem Edelmann gereist. Aber der König ward darüber verursacht, daß er seine besten Kriegsleute mit Rüstung, Gewehr und Harnischen bekleidet nach dem Lande Sylt sandte, dasselbe einzunehmen. Die Kriegsleute haben sich in zwei Haufen geteilt, der eine Teil vom Westen zu Schiffe, der andere zu Lande von Osten zu Fuß, auf daß sie ja an einem gewissen Tage mochten zusammenkommen. Als nun die Fußgänger sich haben merken lassen, sind ihnen die Riesen entgegengekommen also, daß die Fußgänger sich bald in die Flucht gegeben haben. Aber die andern, so zu Schiffe angekommen waren, haben nicht gesäumt und sind von hinten über sie gekommen. Da konnten sie sich nicht länger wehren, sondern haben sich alsobald fangen und binden lassen, und sie wurden eilig in den Wachtturm zu Heidum festgesetzt und verwahret mit zweihundert von des Königs besten Kriegsleuten, bis man bei dem Könige gefragt, was man dabei tun sollte. Darauf der König also urteilte, man sollte ihnen nach ihrem Verdienst und Rechte durch den Büttel mit dem Schwerte die Köpfe abhauen lassen, und sie auf dem wüsten Felde begraben wegen ihres mörderischen Handels. Und damit des Königs Befehl ernstlich möchte vollbracht werden, so ist des Königs Anwalt mit dem Scharfrichter gekommen, und diese Riesen, so an Zahl hundertundzwanzig gewesen, wurden ganz trunken geschenket mit gutem Weine, also daß sie gesungen haben, dieweil etliche gerichtet wurden. Aber die beiden letzten haben nicht singen wollen, weil ihre Stunde so nahe war. Sie wurden auf der Heide im Felde begraben nach des Königs Befehl, und darauf ward das ganze Landvolk unter des Königs Gewalt getan bei Eidespflicht und bezwungen, bei Leibes- und Lebensstrafe ihrer eignen Gerechtigkeit abzustehen.

Hans Kielholt in Falks Heimreich II, 343.

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