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468. Die Kirchenbecher.

1.

Kristensen 1, 809.

Ein Bauer aus Rackebüll ritt eines Abends spät von Satrup noch Hause. Als er nun dem Hügel, den man Boehöi nennt, vorbei kam, fand er ihn emporgehoben und auf vier goldenen Pfeilern ruhen. Drinnen sind sie ganz lustig und trinken sich munter zu; da ruft der Bauer, man möge ihm auch zu trinken geben. Da kam einer sogleich heraus und reichte ihm einen goldnen Becher. Der Bauer aber wagte nun nicht zu trinken und goß alles rückwärts über aus, daß dem Pferde davon Haut und Haare weggingen. Dann ritt er mit dem Becher in der Hand spornstreichs seinem Dorfe zu. Der aber, der ihm den Becher gebracht, rief gegen den Hügel: »Komm schnell Einhorn, Goldhorn ist fort!« Da liefen sie beide dem Reiter nach, und eben als er in die Stalltür ritt, packten sie noch das Pferd bei einem Bein und rissen es beinahe ab. Der Mann wagte darnach nicht den Becher im Hause zu behalten, sondern schenkte ihn der Kirche.

Aus Sundewitt.

2.

Nach einer Überlieferung aus Jordkirch (Heim. 6, 48; vgl. Fischer, Slesv. Folkes. 345 ff.) wird der Bauer von einem Unterirdischen vor dem Trunk gewarnt zum Dank dafür, daß er ihm erlaubt hat, den Schwanz seines Pferdes anzufassen, damit er schneller zur Hochzeit seiner Schwester kommen kann. Auch erhält er einen großen Feuerstein, der sich später in Silber verwandelt. – Als der Kranke den Becher bekommt, ruft er jubelnd: »Ich hab' ihn!« und wie ein Echo erschallt es aus dem Hünengrab: »Hast du ihn?«

Auch die Kirche zu Jordkirch erhielt auf dieselbe Weise ihren Altarbecher. Aber da man ihn nicht allein in der Kirche, sondern auch bei Krankenkommunionen gebrauchte, so zeigte sich, daß der Becher eine wunderbare heilsame Kraft habe. Die meisten Kranken, die daraus tranken, genasen. Es war auch in Gebrauch, daß er bei Hochzeiten ausgeliehen und den Neuvermählten vorgesetzt ward; denn man meinte, daß der Segen und das Glück der Ehe dadurch besonders gefördert werde. Nachdem das nun schon viele Jahre hindurch Sitte gewesen war, kam einmal ein armer, in Lumpen gekleideter Mann auf eine Hochzeit in Alsleben und bat, man möchte ihm doch erlauben, einen Trunk aus dem Becher zu tun, weil ihn das, wie ihm gesagt wäre, von einer sonst unheilbaren Krankheit heilen würde. Mitleidig gewährte das junge Ehepaar ihm seine Bitte; aber kaum hatte der Bettler den Becher in die Hand bekommen, so verschwand er damit vor den Augen der Leute.

Herr Pastor Hansen in Jordkirch. – Vgl. die Sage vom Oldenburger Horn bei Grimm, Deutsche Sagen Nr. 541. Thiele, Danm. Folkes. II, 227. 230. 232 f.

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