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25. Isern Hinrik.

Frahm 31 ff. Nieders. 20, 228. Detl. v. Liliencron Ges. W. 3, 349.

(1346, † 1381.)

1.

Graf Geerts Sohn Hinrik begab sich in den Dienst des Königs von Engelland und verrichtete große Taten. In einer Schlacht (bei Cressy) nahm er den König von Frankreich, oder wie andre sagen, den König von Böhmen gefangen mit zween seiner Ritter, indem er ihn bei den beiden güldenen Ketten ergriff, die er am Halse trug, und aus dem Haufen an sich zog. Die Engelländer aber töteten aus Abgunst den König, damit Hinrik nicht den Ruhm behielte. Doch ist er wegen dieser herrlichen Tat der Isern Hinrik genannt worden, und der König von Engelland hielt ihn hoch, und machte ihn zu einem Hauptmann in seinem Heere.

Darüber wurden die Englischen noch neidischer. Als Isern Hinrik darum einmal auf Fütterung mit seinen Leuten ausgegangen, fielen sie ihn feindlich an; aber die Schützen der Holsten zogen voran, trafen viele und manche der Englischen mußten tot auf dem Platze bleiben. Der König selber kannte der Seinen Hinterlist wohl und hörte auf ihre Klagen nicht, sondern hatte den Grafen nur desto lieber.

Es war auf eine Zeit aber der König in fremden Landen; Graf Hinrik aber blieb auf dem Schlosse samt der Königin, der die Verleumder immer in den Ohren lagen und sprachen: »Es hat der König diesen deutschen Sachsen vielen in Engelland von hohem Adel fürgezogen; wer weiß aber oder will glauben, ob er auch einer vom Adel ist und sich nicht bloß um sein Glück zu machen dafür ausgegeben hat? Es ist die Natur des Löwen, daß er einem gebornen Herrn kein Leid tut: lasset uns versuchen, ob der Graf Hinrik einer sei.« Also gewannen sie die Königin, die dem Grafen auch nicht die Ehre in ihrem Lands gönnte, und da sie wußten, daß er sich des Morgens vor Tage in die frische Lust zu begeben pflegte, und im Schloß herumspazierte und dann nachsah, ob alles recht verwahret sei, so ließen sie eines Abends den Löwen los, den der König sich hinter einem Gitter eingesperrt hielt, und dachten er solle den Grafen als einen unedlen zerreißen.

Graf Hinrik stund des Morgens, wie er pflegte, in der Dämmerung auf, und schlug einen langen Mantel nackend um, hängte ein Messer an einem Riemen um den Hals und ging also in den Hof hinunter. Wie er herab kam und sich nichts besorgte, sprang der Löwe ihn grimmig an und brüllte. Der Graf aber unverschrocken griff an sein Messer und sprach mit ernstlicher Stimme: »Bis stille, bis stille, du frevellicher Hund!« Und alsobald legte sich der Löwe stumm zu des Grafen Füßen. Darüber verwunderten sich alle die andern, die heimlich zugesehen hatten; der Graf aber nahm ihn und führte ihn wieder in seinen Stall.

Presbyter Bremens. bei Westphalen III, 86 ff.; Albert Kranz, Saxon. IX, 24. Johann Petersen S. VI. – Die Sage vom Löwen ward später auf den Herzog Adolf übertragen; s. unten Nr. 27. Albert Kranz erzählt dieselbe auch als eine ungarische, und Bechstein, Thüring. Sagen I, 73 vom Landgrafen Ludwig, Thiele, Danm. Folkes. I, 67 von Christian IV.

2.

Andere erzählen noch:

Der Graf sei einmal mit mehreren Engelländern von hohem Adel während eines Festes vor des Löwen Gegitter gestanden. Da er nun wußte was die bösen Zungen über ihn redeten, und er die Natur des Löwen kannte, öffnete er es und sprach: »Ist jemand unter Euch vom rechten Adel, der tue mir nach, was ich jetzt tu«; und ist alsobald zum Löwen unerschrocken hineingegangen und hat ihm den Kranz aufgesetzt, den er des Festes wegen auf dem Haupte trug. Darauf ging er wieder heraus ohne sich umzusehen, der Löwe aber stand stille, gleich als wäre er darob entsetzet. »Ist nun jemand unter Euch«, sprach der Graf zu den Edelleuten, »der seinem edlen Geschlechte getrauen darf, der hole mir mein Kränzlein wieder, das ich drinnen gelassen habe.« Da sind alle schamrot geworden und davon gegangen, ohne ein Wort zu sagen.

Albert Kranz und Johann Petersen a. a. O.

3.

Graf Hinrik aber war der Nachstellungen der Engelländer müde und bat den König um Urlaub. Darüber ward dieser nicht wenig betrübt und bot ihm Land und Schlösser zu Eigen, wenn er bleiben wollte; aber da der Graf auf seinem Willen bestand, hat er ihm und seinen Erben ein Jahrgeld ausgesetzt von vierhundert, oder wie andre sagen, von hundert Nobeln.

Darauf ist der Graf in die Dienste des Papstes Urbanus gegangen, und hatte auch hier viel von der Hinterlist seiner Feinde zu leiden, entging aber glücklich aller Fahr durch seine sonderliche Behendigkeit und Stärke.

Weil der Papst viel von seinen Kriegstaten gehört hatte, machte er ihn zum Hauptmann über sein Heer. Der Graf aber wohnte in Rom in einer öffentlichen Herberge, die zum Schwerte genannt war. Als er nun zum Heere abreisen wollte, warnte ihn der Wirt, der ein Deutscher war, und die Art der Welschen wohl kannte, vor ihrer Hinterlist und Tücke. Der Graf aber meinte, er wäre niemands Feind, auch keinem vor der Zeit aus dem Felde gewichen, er wolle in Gottes Namen reiten. Da sprach der Wirt: »So nehmet Eures Dieners Kleider und Rüstung und tut ihm Eure wieder«; das tat der Graf und ritt also fort. Wie sie darauf in einen engen Weg kamen, wurden sie von einer großen Zahl feindlich angerannt, und obwohl sie riefen, sie seien Freunde und nicht Feinde, kehreten die Welschen sich nicht daran, bis sie den erschlagen hatten, der mit des Grafen Rüstung geziert war. Da fragten sie erst, wer sie wären und von wannen sie kämen. Als sie nun hörten, wen sie erschlagen hätten, stellten sie sich sehr betrübt und sagten, sie seien von ihrem Hauptmanne abgefertigt, alle gefangen zu ihm zu bringen, die ihnen begegneten; sie sollten nun auch mit ihnen reiten.

Wie sie nun zu dem Hauptmanne ins Lager kamen, stellte auch der sich sehr betrübt, merkte aber bald, daß der Graf noch am Leben sei, und schwur einen Eid ihm kein Leid zu tun, wenn er sich ihm anzeigen wollte. Da nun der Graf und die Seinen alle gefangen waren, hielten sie nichts für besser als die Wahrheit zu sagen. Da empfing ihn der Hauptmann mit großer Herrlichkeit, wie man Fürsten zu empfahen pflegt, sagte ihm aber wie unrecht der Papst an ihm gehandelt habe, daß er einen fremden Hauptmann, ehe seine bedungene Zeit um wäre, an seine Stelle setzen wolle; wollte er so lange verziehen, werde er ihm gerne weichen. Das wollte aber der Graf nicht, sondern begehrte lieber sogleich wieder zurück zu reiten. Solches ward ihm gewährt und er entkam auch diesmal der Gefahr. Daraus ist er eine Zeitlang zu Bologna gewesen, wo der Papst wohnte; hat aber vergeblich gewartet, daß ihm seine Zehrung und erlittener Schade erstattet werde. Als es ihm endlich zu gebrechen anfing, zog er zum Herzog von Mailand, der ihn herrlich empfing und ihn weiter bis Köln geleiten ließ. Da nahm er auf Glauben so viel Gelds von den Kaufleuten, daß er wieder in sein Land zehrte. Solches hat er ihnen in Lübeck nachher freundlich bezahlet.

Früher war Graf Hinrik auch im Dienste eines Königs von Schweden gewesen. Da er nun einmal wider die aufrührerischen Finnländer geschickt ward, kam er mit seinem Kriegsvolk durch Wadsteen, wo eine heilige Frau wohnte, mit Namen Brigitte St. Brigitta starb 1383 in Rom., die zukünftige Dinge weissagen konnte. Das bewegte ihn, daß er zu ihr ging und von ihr forschte, wie der Krieg ein Ende gewinnen würde. Da antwortete ihm die Frau, wenn er das Land unter sich bringen wolle, so müsse er sonder Waffen und Kriegsrüstung dahinziehen. Alsobald kehrte Graf Hinrik sich zu den Seinen, die umher standen, und sprach: »Dieses Weib ist landbürtig, und ich bin hier fremde; was läge ihr daran, wenn wir alle um unser Leben kämen? Ich will mich in Harnisch rüsten in Gottes Namen.« Darum verachtete er ihren Rat, zog mit Gewalt in Finnland, bezwang das Volk und kam also in Frieden wiederum nach Hause.

Man erzählt noch heute, daß den Isern Hinrik einmal seine Feinde haben fangen wollen, da er sich gerade in einem Saale oben in einem Hause befand. Da sie sich nun um ihn drängten und kein Ausweg weiter war, ist er in voller Rüstung durchs Fenster in den Hof gesprungen und also ihnen glücklich entkommen.

Darum sagt man auch immer noch von einem, der alles durchmachen kann, und den nichts so leicht anficht: » Dat is recht en isern Hinnerk

Presbyter Bremens. bei Westphalen III, 91 f., 75 f. Die Nordelvische Sassenchronik Staatsbürgerl. Magazin 3, 360 weiß von Heinrichs Zuge zum Papste Historischeres zu erzählen, was ganz abweicht von der mitgeteilten Relation. – Mündlich.

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