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Johann Christian Günther (1695-1723)

Nütze die Zeit!

Das Haupt bekränzt, das Glas gefüllt!
So leb ich, weil es Lebens gilt.
Und pflege mich bei Ros und Myrten.
Fort, Amor, wirf den Bogen hin
Und komm, mich eiligst zu bewirten!
Wer weiß, wie lang ich hier noch bin!

Komm, bring ein niedliches Kaffee,
Komm, gieß der Sorgen Panaschee,
Den güldnen Nektar, in Kristallen!
Seht, wie die kleinen Perlen stehn!

Mir kann kein beßrer Schmuck gefallen,
Als die aus dieser Muschel gehn.

Mein Alter ist der Zeiten Raub,
In kurzem bin ich Asch und Staub:
Was wird mich wohl hernach ergötzen?
Es ist, als flöhen wir davon.
Ein Weiser muß das Leben schätzen,
Drum folg ich dir, Anakreon.

Werft Blumen, bringt Cachou und Wein,
Und schenkt das Glas gestrichen ein
Und führt mich halb berauscht ins Bette.
Wer weiß, wer morgen lebt und trinkt!
Was fehlt mir mehr? Wo bleibt Brünette?
Geht, holt sie, weil der Tag schon sinkt!

Liebeswechsel

Wir sind doch nicht alle für eine geboren
Und haben nicht alle solch Fleisch und solch Bein,
Der ersten, der besten beständig zu sein;
Der Lobspruch der Treue verführt nur die Toren,
Was schadets der Liebsten, die unser begehrt,
Wenn man gleich zuweilen den Nebenweg fährt?

Nun kommt mir nicht etwa mit albernen Possen,
Und rückt mir die starken Versprechungen vor!
Im Lieben hat wahrlich die Rache kein Ohr.
Ich schwöre verbindlich, bis daß ichs genossen;
Unk bin ich dann fertig, so schwenk ich den Hut
Und gehe zur andern, die eben das tut.

Ich habe, das glaubt nur, ein ziemlich Gewissen,
Worin schon mein Scherzen manch Dutzend begräbt,
Die, wo ich auf Erden gewohnt und gelebt,
Mein zärtliches Leiden befriedigen müssen.
Kommt, artige Kinder! Kommt häufig heran!
Dieweil ich noch manche beherbergen kann.


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