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Joseph Maria Frank (geb. 1885)

Das Maskulinum

Nach vollzogener Spaltung wird der Jüngling zum Mann.
Und da es nicht anders geht und er muß und es so Tradition ist.
Sucht er sich, falls er nicht reicher Leute beruflicher Sohn ist.
Einen Beruf (nach Neigung oder Schicksalszeigung) und zeigt alsdann.
Was er kann oder nicht kann.

Und da die Gefühle, sein Hirn umnebelnd, ihn forte durchkrempeln.
Die Wäsche leidet und Auswärtsessen so wenig bekommt wie Alleinesein,
Sucht er eine Gattin und fällt nach erprobter Auswahl auf eine herein
Und läßt sich das stempeln.

(Zwecks Betäubung ist es üblich, das mit Pastoren und Kinderchören zu inszenieren,
Sowie Festessen, diversen Weinen, ff. Likören und hiesigen Bieren.)

Worauf man sich dann in die Betten begibt und die Gattin begehrt.
Sich verträgt und sich schlägt und sich legitim vermehrt.
(Und das manchmal auch heimlich, still und leise,
Leider auf illegitime Weise.)

Nachwort:

Es gibt aber auch andere, die ewig lebig und Junggesellen bleiben
Und sich dennoch Gefühle und Zeit mit Frauenspersonen vertreiben.
Das allerdings sind die ganz Durchtriebenen und Verruchten,
Die von Müttern und Vätern grimmigst Verfluchten,
Die vom Schoße der Kirche im Schwarzbuch Gebuchten
Und von lüsternen Jungfrauen meist Gesuchten.

Das Femininum

Mit perfekter Büste und entwickeltem Leib
Entpuppt sich aus der Jungfrau durch Glaube, Hoffnung und festen Willen,
Alle materiellen und sentimentalen Bedürfnisse in Bälde zu stillen,
Sozusagen das ›Weib‹.

Der traditionelle Zweck heiligt ihm alle greifbaren Mittel,
Und wie mit allen Wassern gewaschen kann auch das simpelste Gretchen
Den Betreffenden auf den Boden kartätschen
Und beschließt ganz nach Wunsch das Kapitel.

(Sitzt es schlüsselbehaftet dann im eigenen Heime quasi in Butter,
Ähnelt es äußerst einem vor Anker gegangenen Kutter.)

Und ist dann oft das, was ›Er‹ sich nennt:
Hosenbesitzer und Dirigent.

Die größten Helden der Weltgeschichte hätten darüber Bände schreiben können;
Aber aus bestimmten Gründen durften sie leider sich dieses nicht gönnen.
So hatte z.B. eine solche Xanthippe
Selbst einen Sokrates an ihrer Strippe!

Und auch heute vergißt mancher den Aphorismus nie:
»Wer seine Frau lieb hat, den – züchtigt sie!«

Nachwort:

Es gibt aber auch andere,die ewig ledig und Jungfrauen bleiben
Und sich dennoch Gefühle und Zeit mit Mannspersonen vertreiben.
Über diese übelbeleumdeten, stark frequentierten Gestalten,
Die sich an Straßenecken und in schlechten Häusern aufhalten,
Brauchen wir uns nicht breiter und weiter zu entfalten,
Darüber ist man in praxi orientiert und ungehalten.

Doch auch sie beweisen ein göttliches Walten,
Denn ohne sie würde mancher Arzt seine Praxis verlieren
Und der Staat weniger Lustbarkeitsteuer kassieren!

Das Weder-Noch

Wie Platen muß es durch das Leben wandern.
Die p. t. Publikumsgefühle sind ihm fremd und findet es konform
Den seinen anormal und ist mithin ein armes Norm,
Da es verfilmt und »anders als die andern«.

Verschüchtert liebt es meist nur sich allein;
Doch seit es neuerdings sich sozusagen bestens akklimatisiert hat,
Klubs frequentiert und Mode ist und Zeitschriften ediert hat.
Liebt es sich auch zu zwein.

(Jäh hört man Tante Minchen kreischend hier bemerken:
»Wo blievt die Polizei! Min Gott, wat sind dat Ferken!«)

Sei ruhig, Tanting! Was im deutschen Staate derart liebt sich,
Verfällt dem § 175

!

Nachwort:

Mit Einschränkung! D. h. nicht alle –
Von wegen »das« packt man nur »ihn«
Und läßt im parallelen Falle
Die »Jungfrau«, tobt sie »maskulin«.
Ungestört in ihrem Spleen.

Woraus man sieht, daß auch die Kralle
Des »Rechts für alle« dann und wann
Galant sein kann.

(Beweis: Es werden die »Garçonnen«
Für Obiges nicht elngesponnen!)


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