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F. A. Geißler (geb. 1868)

Pelzwerk

Vorm Kürschnerfenster mein Liebchen stand
Und ging nicht von der Stelle,
Mit heißen Augen sah unverwandt
Sie auf die köstlichen Felle.

»Und bin ich so kalt, wie du immer klagst.
Versuche doch, mich zu schmelzen!
Ich wette, daß dus am besten vermagst
Mit solchen herrlichen Pelzen.«

Da sprach ich: »Ach, wär ich kein Musensohn,
So schenkt ich dir, mein Herze,
Für den ersten Kuß als süßen Lohn
Einen Pelz vom teuersten Nerze.

Wenn je der große Wurf mir glückt,
Dann bin ich furchtbar nobel,
Dann wird dein wonniger Leib geschmückt
Mit einem Mantel von Zobel.

Und krieg ich so viel Honorar
Wie einst der große Zola,
So bring ich dir als Gabe dar
Von Hermelin eine Stola.

Und nenn ich dich erst meine Braut,
So will ich zum Kürschner fliegen,
Dann kriegst du die größte Bärenhaut,
Um ewig darauf zu liegen.

Ja, darf ich dich führen zum Standesamt
Und nennst du mich deinen Gatten,
Erhältst du, verbrämt mit braunem Samt,
Einen Fußsack von Bisamratten.

Und müßt ich mich mühen beim Unterricht
Mit hundert Rüpeln und Runksen,
Ich kaufte dir doch, du mein Lebenslicht,
Einen Umhang von echten Skunksen.

O hörte doch endlich dein Herzchen nur
Auf meines Herzens Geknacke,
Dann kriegst du von Biber ne Garnitur
Und eine Persianerjacke.«

So sprach ich, sie nahm mich, und bald verflog
Der Wahn mir kindischem Toren,
Weil sie mit den zarten Händchen zog
Das Fell mir über die Ohren.

Als Künstlersgattin entbehrt sie zwar
Nerz, Bär, Chinchilla und Biber –
Doch den Ehemann hat sie mit Haut und Haar,
Und dieser Pelz ist ihr noch lieber.


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