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Richard Zoozmann (geb. 1863)

Im Spreewald

Im Spreekrug wird lustig gejohlt und gesprungen
Am Sonntag zur Nacht;
Da hopsen die Mädels, von Burschen geschwungen,
Daß die Diele kracht!
Das Horn und die Flöte, die Fiedel, der Baß:
Das schwirrt und klirrt –
Und wer nicht just tanzt, der schwenkt sein Glas –
Und es schmunzelt der Wirt.

Ward einem Pärchen zu heiß beim Tanz,
Didelditzken dumdei,
Es drückt durch die Tür sich – verstohlen ganz –
Schau schau! Ei ei!
Da draußen im Mondschein bleich zittern die Wiesen,
Und lau ist die Nacht;
Im Erlenbusch schäkert der Krischan mit Liesen –
Wer hätt das gedacht?

Wie lang hat vergeblich Begier ihn gespornt –
Daß Gott erbarm.
Nun hängt, die so spröd erst und stachlig umdornt.
Ihm zärtlich im Arm.

Nicht Mutter noch Vater wird Liesen verdammen,
Gern wird ihr verziehn;
Sie wissens ja alle: – es werden stets Ammen
Gebraucht in Berlin!

Der Spinnerich

Ein junger Spinnrich sprach: »Mama,
Wozu sind auf der Welt denn da
Die Spinnen?«
Die Mutter sprach: »Wie fragst du nur
So blöd? Es machte die Natur
Die Spinnen
Zum Minnen!

Doch warn ich dich, du junger Tor,
Nimm dich in acht gewaltig vor
Den Spinnen.
Denn bist du erst in ihrem Bau,
Nie kannst du – wärst du noch so schlau –
Den Spinnen
Entrinnen!

Denn ach! es ist des Spinnrichs Los:
Kaum sitzt er liebeswarm im Schoß
Der Spinne,
(Dein Vater, ach! war auch so dumm)
So bringt den Ärmsten schleunigst um
Die Spinne
Aus Minne!« –

Der Spinnrich glaubte nicht daran
Und fing ein Techtelmechtel an
Aus Minne.
Er hat so Böses nicht gedacht.
Drum lag dem Kleinen Tag und Nacht
Die Spinne
Im Sinne.

Auch sie schien spinnefeind ihm nicht,
An sich heran ließ ihn ganz dicht
Die Spinne.
Doch nach vollbrachtem Werke – schwapp!
Biß sie den Kopf dem Spinnrich ab
Aus Minne –
Pfui Spinne!

(Originalbeitrag)

Philosophie der Liebe

Mein Kind, man muß es eigentlich bedauern,
In punkto Liebe nur ein Mensch zu sein;
Was alles auch auf uns an Wonneschauern
Herniederregnet, ist doch arm und klein!

Wir wähnen uns zum Sonnenflug befiedert,
Da schmettert uns hinab der jähe Sturz,
Und fühlen dann, von Dumpfheit angewidert:
Schön war der Himmelsaufschwung, doch zu kurz!

Der Frosch im Sumpf, der Käfer in der Hecke,
Selbst der Polyp, scheinbar so ungeschickt
Zum Liebeswerk, die arme träge Schnecke –
Sie schlürfen bis zum Rest, was sie erquickt.

Im Holz der Wurm, im Silbernetz die Spinne,
Und was im Meeresgrund die Sonne scheut,
Sie heimsen ein zu reicherem Gewinne,
Was Menschen nur minutenlang erfreut.

Empfindets das erbärmlichste Geziefer
(Wenn es die Fordrung der Natur erfüllt)
Nun länger und beseligt es sich tiefer,
Wie es des Forschers Weisheit uns enthüllt:

So war der Mensch, der edler sich und seiner
Bedünkt, am ärmsten auf dem Erdenball?
Und nur auf ihn gemünzt, hätt der Lateiner
Sein Wort vom triste omne animal?

Du sagst, o Freundin, daß ich mich versündige
Und daß im Wenigen das Bessere liegt,
Daß sich der wahren Liebe Wert verkündige,
Sobald an ihr das Sinnliche verfliegt?

Ja, du hast recht! Genießen heißt nicht leben;
Ist kurz ein Glück, ists drum nicht minder groß:
An niedersten Instinkten festzukleben,
Ist Tieresschicksal und nicht Menschenlos!

(Originalbeitrag)


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