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Es war ein Dieb, der hängen sollt.
Als man zum Galgen ihn führen wollt,
Kam eine Magd auch auf den Plan
Und sprach den Henker dringlich an,
Er sollt den Dieb zum Mann ihr geben,
Denn sie wollt ehlich mit ihm leben.
Der Dieb besah sich genau die Magd,
Doch hat ihre Lieb ihm nicht behagt;
Er sprach: sie hätt eine Habichtsnasen
Und Lippen, so dick und aufgeblasen.
Rief: »Meister, richte mich immer hin!
Viel besser ists, daß tot ich bin.
Als daß ich sollt mit dieser Vettel
Vertun mein Leben – mir gilts n Bettel!
Denn besser ists, ich sterb einmal
Als so zu leben in steter Qual!«
An einem Karfreitag sichs begab,
Daß man trug einen Mann zu Grab.
Sein Weib sich gar verzweifelt gebärdt,
Als man den Gatten bracht zur Erd,
Wollt ihr Geschrei nicht unterbrechen.
Da fängt an auf sie einzusprechen
Ein Nachbar: »Müßt Euch nicht so stellen,
Habt doch daheim einen netten Gesellen,
Der würd sich gut zu Euch bequemen –
Ich weiß, der wird Euch gerne nehmen.«
Die Frau darauf zum Nachbar sagt:
»Ich habe selbst schon dran gedacht;
Jedoch, das bringt mir großen Graus –
Vorm lieben Ostern wird nichts draus!«