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Drei Küsse, die vergeß ich nicht.
Die mit hold lächelndem Gesicht
Einst spendete Beate,
Als grad der Sommer nahte.
Den ersten Kuß am Fliederbusch
Den raubte ich, und dann lief husch
Sie fort mit roten Wangen;
Die Vöglein lieblich sangen.
Den zweiten Kuß beim Mondenschein
Den bot sie mir schon dar allein
Mit süßem Liebeskosen;
Es dufteten die Rosen.
Den dritten Kuß – ich sags nicht gern –
Den dritten Kuß – ich sahs von fern.
Als ich davon mußt wandern –
Den gab sie einem andern.
Ich weiß eine Eiche, darunter hat
Ein Herzog zu Mittag gegessen;
Ich weiß eine Buche, darunter hat
Ein lebendiger König gesessen –
Ich weiß eine Pinie, die eine Prinzeß
Einst eigenhändig gepflanzt hat;
Ich weiß ne Kastanie, unter der
Ein Kaiser, ein Kaiser! getanzt hat –
Ich weiß eine Linde, bei der ich bald
Mein Liebchen küssen werde –
Und kenn keinen lieberen Baum im Wald,
Keinen schöneren Baum auf der Erde!
Lenore kam nach Abendbrot
Zum Kommandeur gegangen.
»Verzeihn Sie, ist der Wilhelm tot,
Ist er vielleicht gefangen?
Wo ist der Lump geblieben?
Er hat nicht mal geschrieben.«
Da sprach zu ihr der Kommandeur:
»Nicht tot, auch nicht gefangen
Ist Wilhelm, nein, er ist vielmehr
Zum Feinde übergegangen.
Er hat – ich sag es offen –
Die Löhnung stets versoffen.
Das sagt dir jeder, der ihn kennt,
Man muß sich seiner schämen.
Doch kannst aus meinem Regiment
Du einen andern nehmen.«
Das tat sie augenblicklich
Und lebt noch heute glücklich.