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Robert Hamerling (1830–1889)

Morgenidylle

Am grauenden Morgen
Erhebt sich das Weibchen
Von der Seite des Trauten,
Im weißen Leibchen;

Er scheint noch zu schlummern,
Doch er schlummert nicht mehr,
Er blinzelt verstohlen
So hinter ihr her.

Er schläft nicht, er lauert,
Wie das Röckchen sie bindet,
Dann zum Ofen kauert
Und Feuer zündet.

Die Haare fallen
Übers süße Gesicht
Und den Busen, den weißen,
Ihr golden und dicht.

Mit verschlafenen Äuglein,
Noch traumestrunken,
Bläst sie in die Kohlen,
Da tanzen die Funken;

Es knistern die Scheiter,
Es singen die Flammen,
Wiegenlied-heimlich,
Wie Märchen der Ammen –

Sie singen und säuseln
Und kichern und sprühen,
Daß dem Weibchen im Widerschein
Die Wänglein erglühen.

Der Blinzelnde findet
Im knapperen Leibchen
Nun doppelt sie reizend
Und flüstert: Mein Täubchen!

Und lockt sie noch einmal
Zum Kusse zurück,
Und die singende Flamme
Beleuchtet sein Glück.

Aus Arkadien

Er überraschte sie am Quell im Bad;
Gewandlos war vom Haupt sie zu den Füßen;
Zum Tod erschrak sie schier. Ihn faßte Mitleid,
Und er bedeckte sie. Womit? – Mit Küssen!


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