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Oswald von Wolkenstein (der letzte Minnesänger) (1367-1445)

Der Vogelsteller

Ein Mägdlein, frisch und jung und gut,
Auf steilem Berge, hoch und wild,
Gibt neu mir Lust und macht mir Mut
Zur Zeit, wenn sich das Waldgefild
Mit grünem Laub will schmücken.
Dann lieg ich bei ihr wie ein Fuchs,
Der in der Kluft verstohlen haust –
Guck aus den Stauden, schmieg dich, Luchs,
Bis daß ich ihren Schatz gemaust.

Auf allen vieren mit Bücken,
So tat ich sie berücken!

Ihr roter Mund
Ist Küssens kund
Und gar versüßt und zuckerlich.
Füßlein kleine,
Rund die Beine,
Weich an Händen,
Voll an Lenden,
Brüstlein quellen
Wonniglich –
Fort, Gesellen,
Bäurisch rauh und widerlich!

Der Amsel tu ich Ungemach
Und mancher Drossel auch im Feld
Zu oberst bei dem Lenebach,
Mit einem Netz, das ich gestellt.
Wenn ich das Schnürlein zücke
In meiner Hütte, wohlbedeckt
Mit rauhen Ästen, frisch und grün,
So kommt zu mir, die mich erweckt
Zu allen Freuden, keck und kühn
Geschlichen her durch die Lücke
Mit gar verliebtem Blicke.
Ihr roter Mund usw.

Und leg ich dann die Leine fort,
Wenn alles beieinander ist,
Da hört man süßes Küssen dort
Und laut Gegirr in kurzer Frist.
Sie mag von Herzen lachen,
Daß sie mir meine Kunst abstiehlt!
Den Vogelfang, den ich gelehrt,
Sie mir nun täglich neu befiehlt,
Weil sie des Gimpels gern begehrt.
Da hört ihr die Hütte krachen
Von tollen Liebessachen!
Ihr roter Mund usw.

(Übertragen von R. Z. Orginalbeitrag)

Mein Schwabenliebchen

Ich weiß, daß mancher Freude hat
An seinem edeln Eheweib:
Welch Schloß, welch Land sie, welche Stadt
Gebar? – O müßiger Zeitvertreib!

Ich werf aus meines Herzens Grund
Hinaus jetzt aller Länder Fund;
Mich liebt dafür ein roter Mund
Vom Land der Schwaben:
Sein Laut
Klingt traut!
Gehaben,
Herz und Gestalt
Sind lieb und fein!

Ja, eine stolze Schwäbin nennt
Ihr eigen dies, ganz tadelfrei;
Sie, die mein Herz als beste kennt,
Erwählt ich, daß mein Weib sie sei.
Mund, Auge, Näslein, Hals und Kinn
Sind hübsch geformt nach meinem Sinn,
Die Haut ist weiß, mit Rot darin,
Auch Hand und Arme!
Die Brust
Gibt Lust,
Die warme,
Mit tiefem Spalt,
Weiß, rund und rein!

Die Taille schmal, der Hüften Schluß
Vollrund gewölbt, schön unterbaut,
Das Lendenpaar aus kräftigem Guß;
An schlanker Wade zierlich schaut
Ein Fuß hervor, klein, aber flink,
Drauf sie stets brav und ehrbar ging,
Daß nie an sie sich Tadel hing.
Ihr Tun und Lassen
Ist hold,
In Gold
Zu fassen!
Mein hat Gewalt
Nur sie allein! (Orginalbeitrag Z.)


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