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Theobald Nöthig (1841–1925)

Geheimer Vorschlag einer jungen Freundin

Ich möchte mich verloben,
Verliebt schon längst ich bin;
Doch wird es aufgeschoben
Noch immer weiter hin.

Ich kleide mich so sinnig,
Wies nur ein Künstler kann;
Ich stelle mich so minnig –
Und doch hält keiner an.

Zwar schilt Mama mit harten
Ermahnungen auf mich

Und spricht: Ich soll noch warten,
Doch das weiß besser ich.

Man glaubt es nicht, wie blöde
Die Herren heute sind,
Sie tun entsetzlich spröde
Und sind fast alle blind.

Man möcht, daß sie es rieten,
Anhängen – ohne Scherz –
Ein Schild sich: Zu vermieten Ist schleunigst hier ein Herz!

(Originalbeitrag)

Am Morgen

Längst hinter der Taxushecke
Auf Wache lauschend ich stand.
Da schimmerte um die Ecke
Wie Himmelsblau ihr Gewand.

Die blaßroten Nachtviolen
Nickten tauschwer ihr zu,
Als flüsterten sie verstohlen:
Nun, Königin, liebst auch du!

Wie morgens in Blütenzweigen
Ein Vogel singend uns weckt,
So hat aus träumendem Schweigen
Mein Gruß sie freudig erschreckt.

Zum Plaudern wurden gefunden
Noch trauter Worte genug,
Ob auch vor wenigen Stunden
Ihr Herz an meinem erst schlug.

Als lächelnd ich fragte am Ende,
Wie nachts sie habe geruht,
Schloß sie den Mund mir behende
Und stand in schämiger Glut...

Liebeserklärung

Was ist die Liebe? Sprich!
Ein Fragezeichen sicherlich.
Vielleicht auch ein Gedankenstrich,
Der an dem schönsten Punkte sich
Erhebt und plötzlich wunderlich
Ausrufungszeichen wird für dich.

(Originalbeitrag)


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