Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Anruf

Übersetzung einer Elegie von Alfons von Lamartine

             

O du, die mir in meiner Nacht erschienen,
Du Erdengast, du Himmelsbürgerin!
Die mit den sanft verklärten Friedensmienen
Beruhigung geblickt in meinen Sinn!

O laß mich einmal dir im Auge lesen, –
O nenne Namen, Heimat mir und Ziel,
Ob deine Wiege diese Welt gewesen,
Ob du ein Himmelshauch? ein Gaukelspiel? –

Mußt du die Heimat morgen wiedersehen?
Bist du an diesen dornenvollen Strand,
An seine Schrecken, seine Qual und Wehen,
Wie unsersgleichen, seufzend festgebannt?

Woher auch immer stammt dein heilig Leben,
Wes Vaterlands und Loses auch du seist,
Mein ganzes Dasein ist dir hingegeben,
Dich fühlt mein Herz, und dich nur denkt mein Geist.

Mußt du, wie wir, hiernieden duldend weilen,
So sei mein Schutz, mein Anker und mein Hort,
Laß deinen Staub mich küssen, laß mich teilen
Die Lust mit dir, mich lauschen deinem Wort.

Doch mußt du heim in deinen ew'gen Frieden,
Und unter Engeln wieder Engel sein,
So liebe mich nur einen Tag hiernieden
Und denke dann in deinem Himmel mein!

 


 


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