Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Anwartschaft

        Mein Leben – ach! ich kann mir's nicht erklären –
Mich dünkt es immer nur erborgt, geliehn,
Nicht wie ein Ding, das lang' noch könnte währen,
Nein, wie ein Traum, halb reif schon zum entfliehn.

Nein, wie das Stehn auf eines Hauses Stufen,
Woraus verbannt man zögert wehmutsvoll;
Gleich einem Amt, aus dem man abberufen
Nur des noch harrt, der uns ersetzen soll.

Ja – schon geleert, dünkt mich die kleine Stelle,
Die ich einstweilen auf der Welt vertrat;
Ernannt schon ist der rüstige Geselle,
Der treten soll auf meinen leeren Pfad.

Ernannt schon ist er, nur noch nicht gekommen, –
Bald wird er kommen, – und dann ist es aus!
Drum fühl' ich mich so seltsam oft beklommen,
Bin nimmer hier, bin noch nicht dort zu Haus.

Gewöhne dich hinüber, Herz, hinüber,
Schau nicht so bang um dich, schau nicht zurück.
Was du auch bist und hast, es geht vorüber,
Dort ist dein Leben, dort vielleicht – dein Glück!

 


 


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