Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Liebchens Nähe

            Es ringt in mir so wunderbar,
Und ringt sich doch nicht los;
Der Himmel dünkt mich gar so klar,
Die Erde gar so groß;
Ein Lied – schon werd' ich mir's bewußt –
Schlug Wurzeln mir in tiefster Brust

Und ein Gefühl – ich ahn' es ja –
Ist's, was dies Lied durchglimmt,
Dem Mond verwandt, den Sternen nah',
Obwohl noch unbestimmt;
Die Lösung, nur, der Zauber fehlt,
Der aus dem Chaos schafft die Welt.

Doch horch! da säuselt was heran,
Jungfräulich, durch die Nacht,
Ein Auge, lachend sternenan,
Von Sternen angelacht;
Und, sanft umspielt von Vollmondlicht,
Ein Mund, der auch durch Schweigen spricht.

Sieh nur, ich hab' sie nicht verkannt,
Die Liebste naht sich mir,
Und mein Gefühl, dem Mond verwandt,
Den Sternen nah', galt – ihr!
Ihr Mund, ihr Aug' nur hat gefehlt,
Und aus dem Chaos steigt die Welt!

O eine Welt, wie wonnereich,
Ein Leben, wie so laut,
Ein Lieben, wie so sternengleich,
Ein Singen, wie so traut!
Ja – was mir selbst ein Rätsel war,
Des Liebchens Nähe macht mir's klar!

 


 


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