Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Das Kirchlein am Berge

        Am Berge sieht ein Kirchlein,
Vergessen steht es da,
Der Menschenwelt so ferne,
Dem Himmelszelt so nah.

Auf seiner Pforte Stufen,
Die grünes Moos bedeckt,
Ruht selten nur ein Jäger,
Vom Wetter hingeschreckt.

Die alten Glocken hangen
Seit langem stumm im Turm;
Der sie noch manchmal läutet,
Der Glöckner, ist der Sturm.

Die Blitze nur verschonen
Das stille Gotteshaus,
Und wählen sich die Wipfel,
Die es umranschen, aus.

Wohl mocht' es Zeiten geben,
Wo mancher laute Zug
Mit Sang und Klang sein Opfer
Herauf vom Tale trug.

Jetzt wallen keine Beter
Den Waldpfad mehr empor;
Verscheuchte Vögel singen
Ihr Liedchen auf dem Chor.

Die Zeiten sind verklungen,
Verhallt ist Sang und Wort,
Der Geist der Andacht aber
Der weilt im Kirchlein fort.

Und sollt' es mit den Jahren
Auch ganz in Trümmern gehn,
Noch um die Trümmer würde
Der Geist der Andacht wehn.

Und überwüchs' auch Rasen,
Schon wuchernd Schutt und Sand,
So sagte jedes Gräschen,
Daß hier ein Kirchlein stand!

 


 


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