Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Meinem treuen Weibe

            Der Seemann, der die sturmgewiegten Planken
Schon längst mit festem Ufergrund vertauscht,
Fühlt unterm Fuß den Boden oft noch wanken,
Und wähnt sein Ohr von Flutgebrüll umrauscht.

Der Krieger, der zu seinen sichren Laren
Aus heißem Kampfe längst schon heimgekehrt,
Schrickt oft, geweckt von Trommeln und Fanfaren,
Aus tiefem Schlaf empor und greift zum Schwert. –

Und wer im muntren Reigen freudetrunken
Vom Baum der Lust vollauf sich Blüten brach,
Dem klingen, wenn er längst in Schlaf versunken,
Des Tanzes Melodien noch neckend nach. –

So war's, da längst mein Herz sich heimgefunden
Aus seiner Sturmfahrt, seinem Kampf und Reihn,
Und sich die Flügel willig selbst gebunden,
Um einem Wesen alle Glut zu weihn.

Nur manchmal, wenn du schmeichlerisch mich wecktest,
Nacht, süße Fee, – ward ich mir leis' entrückt,
Und litt es, daß du mich mit Bildern necktest,
Für die ich längst die Augen zugedrückt.

Wozu dem Spiele wehren? Gab's doch Lieder:
Betrachtung, Nachklang, Weiterschweifen, Scherz,
Zuletzt, wenn auch nicht reuig, – Umkehr wieder; –
Die Brust ward freier, leichter war das Herz.

Hier sind sie nun, die Sünden solcher Nächte,
Gewiß verzeihlich, weil so gern bekannt! –
Nicht fragt' ich lange, wem ich sie wohl brächte:
Ich lege sie, mein Weib, in deine Hand!

Du kennst mein Herz mit allen seinen Schwächen,
Du hättest mir das meiste zu verzeihn; –
Willst diesen Liedern du den Stab nicht brechen,
So wird die Welt wohl auch nicht strenger sein!

 


 


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