Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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Bei der Rückkehr

        Nur wenig Jahre sind entschwunden,
Seit ich die Stadt nicht wieder sah;
Nun ich mich freudig heimgefunden,
Wie ganz verändert steht sie da!

Wie aufgewachsen aus der Erde,
Hob Haus an Haus sich fremd hinan,
Zu manchem, einst mir lieben Herde,
Trat ich, ein unbekannter Mann.

Und mancher, den ich kennen sollte,
Ging stumm und kalt an mir vorbei;
Von manchem, den ich grüßen wollte,
Vernahm ich, daß er nicht mehr sei.

Und liebe Plätze, traute Stellen,
Mir heilig durch Erinnerung,
Wie weggespület von den Wellen,
Vermodert, was ich kannt' als jung.

Mit frohem Herzen, leichtem Fuße
War ich genaht dem lieben Ort,
Und schritt mit meinem besten Gruße,
Jetzt, ohn' ihn anzubringen, fort.

Ging fort, hinaus, wie ein Verbannter,
Hinaus zum nahgelegnen Wald;
Vielleicht, daß dort noch ein Bekannter,
So dacht' ich, Gruß mit Gruß bezahlt!

Und da war alles noch geblieben,
Da nichts verändert, nichts gestört,
Noch alles so, wie's einer lieben
Erinnrung ewig angehört:

Die abenteuerlichen Föhren,
Der Fels mit seinem Hut von Moos,
Die Quelle mit den Finkenchören,
Die Grotte mit dem Westgekos'.

Dieselben Pfade längs den Hecken,
Dieselben Bäume darüber her,
Dasselbe Flüstern, Rauschen, Necken, –
Ich hört', ich sah nichts Fremdes mehr.

Und meinen Gruß rief ich entgegen
Der teuren Sippschaft dieses Hains,
Und fühlte tief den ganzen Segen
Des seligsten Zuhauseseins.

 


 


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