Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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An die Sonne

                  »Sei mir gegrüßt, leuchtendes Strahlenbild!
Du goldlockiges Haupt, das wie ein Feuermeer
Schwebt am Saume der Himmel,
Staunen erweckend in jeder Brust.

Schön im schimmernden Schmuck bläulichen Wogenschaum s
Hülle meidend, erhebt flammend dein Antlitz sich,
Und die Pfeile des Auges
Glühn wie Gold dir, Entzückende!

Doch was bebt in der Brust Tiefen, der Seele mir?
Warum bebet der Blick, schauet er, Sonne, dich?
Ist's dein mächtiger Zauber,
Der in heilige Furcht uns winkt?

Ja, du bist es, du trägst, hohe, der Gottheit Spur; –
Hell auf strahlende Bahn wies er den Sternenchor,
Gab dir, Sonne, den Schimmer
Als dein Funke dem Staub entglomm!

Hoch auf ragendem Thron stand der Erschaffende:
Nacht war's, düstere Nacht, als er die Welten schuf,
Das hellschimmernde Licht schuf,
Und dem eigenen Werk erstaunt.

Segnend blickst du herab, Sonne, zu uns herab;
Dir ergrünt das Gefild, woget das Ährengold;
Was fruchtbringend emporkeimt,
Reift dem lieblichen Strahlenkuß.

Doch, o Sonne, warum eilet dein Hochgespann,
Kaum als aus dem Gewoge glühend dein Wagen glitt,
Zitternd wieder in Osten?
Bist auch du nur für eine Zeit?

Nein! Wenn einstens mein Geist droben im Sternenland
Freier schwebet, dann auch grüße ich dich, Himmlische;
Sonne, grüß' ich die Sonne,
Die zum Thron des Erschaffers eilt!

 


 


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