Johann Gabriel Seidl
Gedichte
Johann Gabriel Seidl

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An die Scheidende

      Hab' oft mit dir gesprochen,
Dir manchen Gruß geschickt,
Und eben ohne Pochen
Ins Auge dir geblickt.
Hab' oft mit deinem Schmucke
Gedankenlos gespielt,
Hab' oft bei deinem Drucke
Nichts, als den Druck gefühlt.

Nun seit du fortgegangen,
Hat sich das Blatt gewandt.
Mich zieht ein süß Verlangen
Nach deiner lieben Hand.
Zehn Lieder wollt' ich wagen
Für einen Laut von dir:
Ein Ring, von dir getragen,
Ein Kleinod schien' er mir.

Nun ist dein Blick mir teuer,
Nun dünkt er erst mich Glut:
Er war ein schleichend Feuer
Das zündet spät, doch gut.
Der Gruß bei deinem Scheiden
Durchfuhr mich wie ein Strahl
Mit niegekannten Freuden,
Mit niegekannter Qual.

Wo bist du hingeflogen?
Du hast mir's nicht bekannt.
Wo bist du hingezogen?
O nenne mir das Land!
Das Land so wahr ich lebe,
Das Land ist mir bewußt,
Und wenn's kein andres gäbe –
So wär' es meine Brust!

 


 


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