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Vierzigstes Kapitel

Wie man sich ein Tagewerk leicht macht. – Ralph vermeidet die Mühe, indem er zum Voraus an's Land geht, wobei ihm übrigens der Feind zuvorkommt. – Ein Kapitel voll Jagden, welches hoffentlich auch die Langeweile des Lesers auf eine angenehme Weise verjagen wird.

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Es zeigten sich nun die gewöhnlichen Merkmale der Landnähe, die freilich meiner Rechnung zufolge um vierzehn Tage früher hätten sichtbar werden sollen. Der nicht seekundige Leser muß nämlich wissen, daß die jungen Gentlemen jeden Tag von dem Kapitän aufgefordert werden, ein Tagewerk auszuarbeiten – das heißt, den Kurs des Schiffes während der letzten vierundzwanzig Stunden, die zurückgelegte Entfernung und die nunmehrige Lage zu berechnen.

Diese Arbeiten wurden mir, sobald ich mir die verschiedenen Methoden der Berechnung zu eigen gemacht hatte, sehr zuwider, da ich nie an Etwas Interesse finde, wo keine Schwierigkeiten zu überwinden sind. Mit jenem Irrthume, der mich in meinem Leben nie verließ, fertigte ich daher die Sache stets in großer Eile ab; ich gab dem Schiff mehr Weg, erlaubte ihm jeden Tag vierzig oder fünfzig Meilen wegen den westlichen Strömungen, und ließ in meiner Berechnung die Eos schon gute drei Wochen, ehe wir das Land antraten, hoch und trocken auf der Insel Barbadoes liegen. Ich hatte daher die Befriedigung, in selbstgefälliger Unthätigkeit zuzusehen, während meine Tischgenossen ganz wüthend ihre Gunter's-Scalen bearbeiteten, und über den klein gedruckten Zahlen in den Entfernungs- und Abfahrtsspalten des John Hamilton Moore gesegneten (oder verwünschten?) Andenkens fast erblindeten. Dieses Geschäft fand in einer Kajüte, bei mehr als neunzig Grad Fahrenheit statt, welche zu gleicher Zeit sowohl den jugendlichen Seefahrer, als die einzige erbärmliche Zahlmeisterskerze, welche dem Arbeiter durch ihre gelbe, flackernde Flamme mehr zur Qual als zur Erleichterung diente, zerschmelzen machten.

Wie wir uns der Insel näherten, wurden in Betreff des Convoys größere Vorsichtsmaßregeln gehandhabt. Wir segelten in gedrängterer Ordnung, und kamen bei Nacht fast gar nicht vorwärts. Die Zusammentreiber thaten sich rührig um, denn es war wohl bekannt, daß dieser Theil des atlantischen Meeres stets durch zahlreiche kleine französische Kriegsschiffe und einige Kaperschooner beunruhigt wurde.

Der Morgen kam endlich an, an welchem stark debattirt wurde, ob die matte Färbung, welche die Linie des westlichen Horizonts unterbrach und von dem Stengenkopfe aus gesehen würde, Land sei, oder nicht. Mit der Zunahme des Tags klärte sich auch die Lage unsres Convoys auf. Die Wölfe zeigten sich in der Nähe der Heerde. Weit unten im Süden stand ein großer, Raasegel führender Dreimaster, der mit einem unserer schönsten Westindienfahrer fraternisirte. Der Fremde war hoch und sah grimmig und düster aus; seine unteren Segel waren beschlagen, die Bram- und Oberbramsegel aber gesetzt. Die weiße Leinwand des Kauffahrers flatterte in allen Richtungen; er hatte beigelegt, seine Leesegel gesetzt, und viele seiner Takeln und Schooten flappten im Wind. Die Rümpfe beider Schiffe waren von unserem Deck aus nicht zu unterscheiden, aber wir konnten uns wohl denken, was vorging. Gerade im Stern und unmittelbar vor uns im Windsauge befand sich ein flacher, breiter Schooner, der blos mit Fockstagsegeln vor dem Winde lief. Als er an dem Rande des Horizontes auftauchte, zeigte sich die Breite seines Gebälks so groß, und seine Bollwerke standen so wenig über das Wasser hervor, daß er eher mit der Seite, als in der gewöhnlichen Schiffslage vorwärts zu kommen schien. Kein Schiff war ihm besonders nahe, und diejenigen Kauffahrer, welche sich dieser Nachbarschaft am meisten erfreuten, schienen durch den Druck der Segel, den sie führten, anzudeuten, daß sie ihre Lage für nicht sehr beneidenswerth hielten. Indeß stand der Falke, eine von unseren Kriegsbriggen, zwischen dem gedachten Schooner und dem ganzen Convoy, das Signal zu der Frage aufsteckend! »Soll ich Jagd machen?«

Aber dies war noch nicht Alles. Als sich der weißliche Nebel im Norden aufklärte, wurden wir einer stattlichen Felucke mit langen lateinischen Segeln ansichtig, die in dem Mittelpunkte eines Häufleins langsam segelnder Kauffahrer fegte, von denen sie, wie sich aus dem veränderten Kurse der letzteren entnehmen ließ, augenscheinlich Besitz genommen hatte. In Berücksichtigung des guten alten Sprüchworts: »wer zuerst kömmt, mahlt zuerst,« wandten wir unsere Aufmerksamkeit zuvörderst dieser neuen Erscheinung zu, und unsere andere Kriegsbrigg, der »Strandpfeifer«, erhielt den Signalbefehl, auf die nur zwei Meilen entfernte Felucke Jagd zu machen und sie zu nehmen.

Das Convoy hatte sich kaum in die Sachlage zu finden angefangen, als die Schiffe, wie ein Haufen lärmender, erschreckter, alter Weiber – pop, pop, pop – ihre Ein- und Zweipfünder in alle Richtungen abfeuerten, wobei diejenigen, welche am meisten von dem Schauplatze der Thätigkeit entfernt lagen, ihre Geschütze am hurtigsten bedienten. Sie schienen sich wenig daran zu kehren, wohin die Kugeln fielen, wenn nur die Kanonen gelöst wurden. Das war nun freilich sehr ärgerlich, da der dadurch erzeugte Rauch unsere Signale nicht unterscheiden ließ, selbst wenn diese kleinen Kämpfer nicht durch derartige Demonstrationen ihrer eigenen Ritterlichkeit allzusehr in Anspruch genommen worden wären, um darauf zu achten. In der That wurden durch dieses Schlüsselbüchsengeknall gewaltige Dampfmassen umhergebreitet.

Ich weiß nicht, ob es in dem Kauffahrer-Kodex ein Convoy-Signal gibt, welches gleichbedeutend mit dem Befehle ist, das Feuern einzustellen. Ob übrigens nun ein solches ausgesteckt wurde, oder nicht – das Getümmel steigerte sich eben mehr und mehr. Wir sahen uns zuletzt genöthigt, ein paar Kugeln über die kampflustigen Schreier hinfliegen zu lassen, um sie zufrieden zu stellen, und es zeigte sich nun das auffallende Schauspiel, daß drei Schiffe das Convoy kaperten, während die Artillerie ihres Hauptbeschützers unablässig gegen seine Pflegbefohlenen zu spielen schien.

Da unsere Aufmerksamkeit so vielfach getheilt war, so entwickelte sich auf unseren Decken viel rührige Thätigkeit, ohne jedoch in Verwirrung auszuarten. Wir hißten unsere Boote hinaus, um als Wiederkaper zu operiren, und vertheilten die Seesoldaten in dieselben. In der Mitte dieses Getümmels, in welchem sich unser erster Lieutenant besonders erhitzte, ereignete sich ein possierlicher Vorfall, als Folge des unüberlegten Feuerns von Seite des Convoy's. Ein Boot ruderte an unsere Seite, und ein kleiner Schwapper mit gluthrothem Gesicht sprang in hohem Zorne auf das Halbdeck, etwas in einem seidenen Schnupftuche eingeschlagen tragend. Er war so aufgeregt, daß er, während er dem ersten Lieutenant zwei oder drei Minutelang überall hin nachfolgte, keinen artikulirten Laut hervorzubringen vermochte.

»Aus dem Wege, Mann. Mr. Burn seht zu, daß alle kleinen Waffen bereit gehalten und in guter Ordnung nach dem Boote geschafft werden. Aus dem Wege, Mensch – was zum Teufel wollt Ihr? Mustert die Pinassenmannschaft auf der Steuerbord-Laufblanke – schafft alle diese tölpelichten Seesoldaten bei Seite. Mr. Silva, wenn jener dumme Tropf nicht zu feuern aufhört, so schickt ihm eine Kugel recht in die Rippen. Zum Henker, Mensch, was wollt Ihr, könnt Ihr nicht sprechen?«

»Da, Sir,« stotterte endlich der kleine, zornige Meister einer Brigg, indem er sein Schnupftuch auseinander schlug, und einen Zweipfünder in sehr schmutzigem Zustande zur Schau stellte. »Was – was denkt Ihr davon, Sir? Ist zu mir an Bord geflogen von der Lady Jane, Sir – hat mir meine Bollwerke durchschlagen und ist in des Kochs Geschiedelfaß gedrungen, da haben wir Mord und Seeräuberei auf hoher See – mein Geschiedelfaß, Sir – meine Bollwerke, Sir!«

»Hole der Henker Euch und Euer Geschiedelfaß dazu – aus dem Wege. He, Segelsetzer da oben, haltet die Stengen- und Bramleesegel bereit.«

»Soll ich keine Vergütung haben? Muß sich's ein britischer Unterthan gefallen lassen, daß man auf hoher See gegen sein Geschiedelfaß kanonirt, ohne daß ihm Ersatz würde? Sir, Sir, ich sage Euch, Sir, wenn Ihr mir nicht Gerechtigkeit widerfahren laßt, so gehe ich an Bord zurück, und eröffne mein Feuer auf jene spitzbübische Lady Jane.«

Nun klang dies großsprecherisch genug, da unser aufgeregter Freund nur drei Quäcker (hölzerne Kanonen) auf jeder Seite hatte, die zuverlässig sich nicht einmal mit den Verdiensten jenes apokryphischen guten Hundes zu messen vermochten, der zwar bellen, aber nicht beißen konnte; wie dem übrigens sein mochte, es that doch wenigstens dergleichen.

»Ihr würdet besser thun,« sagte Kapitän Reud, »wenn Ihr an Bord der Lady Jane ginget, und, falls Ihr Manns genug dazu seid, dem Meister ein Bischen das Fell gerbtet.«

»Wenn ich Manns genug bin?« rief er, in zorniger Behendigkeit mit seiner Kugel wieder in das Boot springend.

Bald nachher griff ich zu meinem Glase, und schaute nach der Lady Jane hin. Dort fand nun wirklich auf dem Halbdecke eine pugilistische Begegnung statt, mit all' dem eigenthümlichen Geschmack ausgeführt, welcher die Engländer bezeichnet, wenn sie in einer derartigen Unterhaltung begriffen sind.

In Erwiederung auf das Signal des Falken, der im Sterne des ganzen Convoy's stand, und letzteres von dem gigantischen Schooner trennte, antworteten wir, daß er »nicht jagen« solle. Wir hatten mittlerweile unser Convoy in eine Art von Stillschweigen und guter Ordnung gedroschen. Dann bedeuteten wir demselben durch Signale, sich dem Falken anzuschließen und beizulegen; die Brigg selber aber erhielt die Weisung, »das Convoy zu schützen«.

Wir hatten nun schon einige Zeit auf dem Posten gestanden, wie auch Alles für die Jagd und den Kampf bereit gehalten. Im Norden war jedoch schon ein Anfang gemacht worden. Unsere zweite Kriegsbrigg, der Strandpfeifer, stand der Felucke ziemlich nahe, während diese augenscheinlich bemüht war, die Jagd windwärts zu halten. Die Brigg rückte näher, als nöthig war, denn sie brachte sich wohl in eine Lage, Breitseite gegen Breitseite auszutauschen, aber so viel wir bemerken konnten, wurde wenig oder keine Wirkung erzielt. In kurzer Zeit gelang es dem Kaper, in das Windsauge des Kriegsschiffs zu kommen und davon zu eilen. Nach den vier gekaperten Schiffen, deren jedes einen andern Kurs einschlug, schickten wir drei Boote aus – die Barke, die Jolle und die Pinasse. Mr. Silva hatte den Befehl, sie wieder zu nehmen, wozu auch alle Aussicht vorhanden war, da die Brise leicht ging, und sie wahrscheinlich vor zehn Uhr nicht auffrischte; denn wie auch die gekaperten Schiffe steuern mochten, mußten sie doch Luv halten, da sie bei dem Versuche eines Leelaufes die Masse des Convoy's gekreuzt haben würden.

Nachdem wir unsere Maßregeln getroffen hatten, richteten wir unsere ganze Aufmerksamkeit auf den großen, dunkeln Dreimaster im Lee, der noch immer beilag, und uns nur geringer Aufmerksamkeit zu würdigen schien. Er hatte das schönste und größte Schiff des Convoy's in Besitz genommen.

So viel Zeit ich auch auf die Erzählung dieser Thatsachen verwenden mußte, kann ich doch den Leser versichern, daß sie einschließlich der episodischen Monomachie an Bord der Lady Jane, keine zehn Minuten in Anspruch nahmen. Wir setzten jeden Stich Segel bei, richteten den Schnabel unserer Fregatte gegen den Fremden, und hatten eben den achtruderigen, mit Schiffssoldaten bemannten Kutter in's Tau genommen, als der Dreimaster den Westindienfahrer unter vollem Tuchdrucke in den Wind brachte. Er selbst folgte dem Beispiele seiner Prise nicht, sondern steuerte seinen Kurs südwestlich bei West, während der Kauffahrer fast geradezu südlich lief.

Ich habe stets gefunden, daß man sich den Umfang eines jagdbaren Schiffes, sei es nun aus Erwartung oder aus Furcht, als größer vorstellt. Wir hatten anfangs nicht gezweifelt, das fliegende Schiff sei eine französische Fregatte, die der unsrigen nicht, oder doch nur wenig, nachstand; auch hatten wir aus guter Quelle erfahren, daß ein paar große Fregatten von Brest aus unsern Blokadekreuzern entwischt seien und nun unter den westindischen Inseln ihr Unwesen trieben. Wir Alle kamen nun augenblicklich auf den Schluß, das in Sicht stehende Schiff müsse eine derselben sein, und wenn sich unsere Vermuthung als wahr erwies, hatten wir kein leichtes Geschäft vor uns, da wir unsere Macht durch Absenkung so vieler Offiziere und Matrosen in den Booten bedeutend geschwächt hatten.

Es war nun ein Gegenstand ernster Ueberlegung; welchem der beiden Schiffe wir zuerst unsere Aufmerksamkeit zuwenden sollten, da die Wahrscheinlichkeit, beide zu kapern, sehr gegen uns war. Wie ich bereits erwähnte, war der Prinz Wilhelm, der gekaperte Westindienfahrer, das größte und schönste Schiff unseres Convoy's, und fast so groß, wie unsere Fregatte; er führte sechszehn Kanonen und war zu einem Hülfsschiffe gemacht worden, welches den Auftrag hatte, im Nachtreiben der schlechten Segler Beistand zu leisten.

Eine Jagd nach der Prise schien sich eben so in die Länge zu ziehen, wie die nach dem Franzosen.

Mr. Farmer, der sehr kampflustig war, weil er darin einen weitern Schritt zu seiner Beförderung zu sehen glaubte, machte den Vorschlag, dem Westindienfahrer ein wenig näher zu rücken, den Kutter zu Bergung der Prise auszuschicken, und dann Allem aufzubieten, um die Fregatte zu nehmen. Nun hatte der Kutter acht Ruderer; in seinen Bugen saßen zwei gut aussehende Seesoldaten mit ihren Musketen zwischen den Knieen und sechs weitere in den Sternschooten; dazu kamen noch Mr. Pridhomme, der verliebte Meistersgehülfe, dann der irische junge Gentleman, welcher so viele Jahre zählte und so viel vom Dienst gesehen hatte, als ich selbst, und endlich der Beischiffsführer, welcher am Steuer saß. Mr. Farmer maß natürlich den Muth anderer Leute ganz nach seinem eigenen; aber ich glaube, er schlug doch die britische Unerschrockenheit ein wenig zu hoch an, wenn er verlangte, neunzehn Personen sollten an hellem Tage in einem offenen Boote Jagd machen, da es nothwendig zwei oder drei Stunden hintendrein rudern und dabei dem Feuer der Leute an Bord ausgesetzt war. Gesetzt nun auch, daß unter dem Kugelregen, der hageldicht auf sie niederfallen mußte, Keiner getödtet oder verwundet wurde, so sollten sie dann unter gleich feindlicher Abwehr an der Seite eines Fahrzeugs hinaufsteigen, das so hoch aus dem Wasser stand, wie ein Fünfzig-Kanonenschiff. Wir sagen nichts von dem Geschütze, das aus die Angreifer seine Kartätschen fliegen lassen konnte, und von der Anzahl der Mannschaft, die sich mit aller Wahrscheinlichkeit an Bord befand, um eine so edle Prise zu vertheidigen und zu steuern. Kapitän Reud erwog all' dieses und entschied sich dafür, zuerst mit der Fregatte die Prise wieder zu nehmen, in dem Weitern aber sich auf die Vorsehung verlassend – ein Entschluß, der mir sehr vernünftig vorkam, obschon der erste Lieutenant und einige der Offiziere finstere Gesichter machten und Winke von schwarzen Vögeln fallen ließen, die bisweilen weiße Federn zeigten.

Der Erfolg bewies, daß der Kapitän sich mit größter Umsicht benommen hatte. Zu unserm nicht geringen Erstaunen kamen wir Hand über Hand mit einem Schiffe, das, wie wir zuvor schon beargwohnt hatten, in freiem Gange nahezu so schnell segelte, als wir selbst. Natürlich kamen mir nun schnell von dem Convoy ab. Wir fanden, daß die Felucke sich todt in den Wind gearbeitet hatte und mittlerweile fast aus dem Schußbereiche des Strandpfeifers gekommen war; ferner, daß der träge, fremde Schooner jetzt gleichfalls Segel machte, und zwar so schnell, daß er sich rasch dem andern Kaper näherte.

Als das große Schiff bemerkte, daß unsere Absicht bloß auf Wiederwegnahme der Prise gerichtet war, so kürzte es wieder die Segel und machte Demonstrationen zu Verteidigung seiner Beute. Hierüber grinste Mr. Farmer wilden Beifall, und da wir den Rumpf noch nicht gut sehen konnten, so schlossen wir Alle aus dem Benehmen des Dreimasters, daß er sich seiner Stärke bewußt sei. Wir nahmen daher doppelt darauf Bedacht, Alles in die beste Kampfordnung zu bringen. Die Scheidewände der Kapitänskajüte wurden niedergeschlagen und Schafe, Schweine und Geflügel in den Raum hinuntergebracht, als Vorbereitung zu der Zerstörung ihrer verschiedenen Ställe auf dem Hauptdecke. Ich fand alles dies sehr unterhaltlich, obgleich mir ein wenig bange wurde, denn trotz meiner Unerfahrenheit konnte ich mir doch wohl denken, daß wir, wenn es zum Treffen käme, die achtzig oder neunzig Mann, welche in den Booten weg waren, schwer vermissen würden. Auch that mir Mr. Silva's Abwesenheit leid, denn es plagte mich die kindische Neugierde, zu sehen, wie ein Mann, der ein Buch geschrieben habe, fechten könne.

Nach anderthalbstündiger Fahrt kamen wir fast an die Seite des Prinzen William, während wir doch wenigstens eine Jagd von zehn Stunden erwartet hatten. Es war gut, daß wir so früh anlangten, denn der Franzose hatte vierzig so übel aussehende, wilde Vagabunden an seinen Bord gesetzt, als nur je welche einen armen Teufel über die Planke spazieren ließ. Sie waren völlig darauf vorbereitet, den Kutter zu versenken, sobald die Fregatte herankäme, und hatten sich gut mit zerstörenden Werkzeugen versehen.

Als unsere Gefangenen die Seiten heraufkamen, entdeckten wir bald an den schäbigen, verblichenen und zerrissenen Uniformen der zwei Offiziere, daß sie zum kaiserlich-französischen Dienste gehörten. Sie trugen das Umschlagen ihres Glücks, obgleich sie einer philosophischen Nation angehörten, mit sehr verächtlicher Philosophie, denn sie stampften wüthend auf den Boden und knirschten unablässig ihre sacres zwischen den Zähnen. Sie konnten nicht begreifen, wie ein so schön aussehendes Schiff so schlecht wie ein Heuschober segle; aber das Geheimniß war bald gelöst. Der dritte Mate war mit ungefähr einem halben Dutzend Matrosen an Bord gelassen worden, und der vorsichtige junge Bursche hatte es, während die Franzosen sich auf den drohenden Angriff des Bootes vorbereiteten, unbemerkt einzuleiten gewußt, daß er von den Bugen ein übriges, mit Kugeln gefülltes Segel über Bord lassen und in dieser Weise wirksam den Gang des Schiffes hemmen konnte. Wenn auch die Franzosen ihre Aufmerksamkeit nach jenem Theile des Schiffes lenkten, so vermochten sie ohne eine ganz sorgfältige Untersuchung doch nicht weiter zu entdecken, als ein Tau, das über Bord hing. Zuverlässig hätte er für diese List sich in das Prisengeld mit uns theilen sollen; er litt übrigens nicht viel durch den Umstand, daß sein Name nicht auf der Prisenliste erschien, da von dem, was wir an jenem Tage thaten, Niemand als der Kapitän Gewinn zog. Der schlaue Hund ließ sich seinen Antheil, und (wie man wissen wollte) sogar darüber, zum Voraus bezahlen, und ernannte die Herren Isaiahson und Compagnie zu unsern Agenten. Sie zogen das Geld ein, und da der Besitz vieler klingender Münze, die andern Leuten gehört, sehr ausmergelnd wirkt, so machten sie bankerott, zahlten für das Pfund Nichtsbatzen, wurden sehr bedauert und lebten hintendrein, wie wir später vernahmen, von den armseligen Trümmern ihres (?) Vermögens in Amerika wie Fürsten.

Wir stellten natürlich sehr angelegentliche und ausführliche Fragen an die Herren Franzosen in Betreff des Schiffes, zu dem sie gehörten und das wir nun zu verfolgen gedachten. Wie sich erwarten ließ, erhielten wir von ihnen die widersprechendsten Berichte; aber Alle kamen darin überein, daß sie uns den sehr gewissenhaften und uneigennützigen Rath ertheilten, wir sollten ja nicht daran denken, den Dreimaster zu reizen, da wir sonst zuverlässig aus dem Wasser geblasen würden. Wir verstanden diese Leseart umgekehrt. Wann der Feind stark genug war, uns zu nehmen, so lag es in dem Interesse unserer Gefangenen, daß wir mit ihm anbanden und ihre Befreiung in dieser Weise bewerkstelligt wurde.

Da es ungeachtet dieser vielen Vorfallenheiten zur Zeit der Wiedereroberung der Prise erst acht Uhr Vormittags und das ganze Convoy noch immer in Sicht war, so setzten wir nur sechs Mann auf den Prinzen Wilhelm, welche in Vereinigung mit den an Bord befindlichen Engländer zureichten, das Fahrzeug nach dem Strandpfeifer hinunterzubringen, um den sich sämmtliche Kauffahrer gesammelt hatten; zugleich würde dem Kommandeur der Kriegsbrigg der Befehl übermacht, hinreichend Mannschaft an Bord der wieder genommenen Prise zu setzen, um sich gegen weitete Unfälle sicher zu stellen.

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