Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebenunddreißigstes Kapitel

Gewichtige Gründe, einen auf die Invalidenliste zu setzen. – Der Patient wird wider Willen kurirt. – Eine Vorlesung über Krankheit im Allgemeinen, bei der eine besondere Instrumentenkapsel als Ausleger dient.

————

Endlich kam der wichtige Tag der Inspektion – es war der letzte vor der Abreise. Der große Tisch in der Kajüte war gebührend mit Papier, medizinischen Büchern, Feder und Dinte versehen worden. Drei Postkapitäne mit Degen an der Seite, unter denen sich auch unser Kapitän befand, und drei Wundärzte mit Lanzetten in ihren Taschen, versammelten sich mit gravitätischer Höflichkeit, nahmen ihre Sitze je nach der Stellung ihres Ranges und bildeten das Sanitätsgericht. Da eine passende Vorbereitung nöthig war, so begannen die Kapitäne über die Vorzüge der schönen Phrynen von Cork zu debattiren, während die drei Fakultätsherren zu streiten anhuben, ob die Pest kontagiös oder miasmatisch – ob sie beides zumal, oder keines von beiden sei. In demselben Augenblicke, als Kapitän Reud die Ueberlegenheit einer blonden Daphne gegen die Behauptungen eines Kämpen für eine brünette Phillis verfocht, und der älteste Arzt in der Hitze seiner Argumentation für die Nichtkontagiosität so weit ging, daß er behauptete, man könne durch das Gift des Karbunkels die Krankheit nicht inokuliren – erschien der Patient, dessen Sache sie zu endlicher Entscheidung bringen sollten.

Zugäblich zu dem grünen Augenschirme hatte unser Doktor seinen Hals mit einem ungeheuren Scharlachtröster eingebunden, so daß der Reflex des grünen Schadens oben und der Kontrast der Farbe unten die Blässe seines Gesichtes noch auffallender machte. Kapitän Reud winkte den Aerzten zu, in ihrer Disputation fortzufahren, und ließ sich desgleichen in seinen eigenen Argumenten nicht stören.

Eine doppelte Debatte wurde deshalb fortgeführt, und zwar gerade mit hinreichender Schärfe, um sie höchst interessant zu machen. Bei den edeln Postkapitänen stand die Sache wie eins zu zwei, das heißt, unser Kapitän, der Daphnite, hatte sich gegen die zwei andern, welche Phillisiten waren, abzukämpfen. Wenn Einer gegen Zwei streiten muß und nicht ganz zuverlässig sein kann, daß er Recht hat, so bleibt ihm nichts übrig, als tüchtig zu schreien. Nun haben aber die Menschen trotz ihrer göttlichen Abkunft einige Dinge mit der Hundespecies gemein. Geht in ein Dorf und ihr werdet bemerken, wie bei dem beginnenden Kläffen eines einzigen Köters jeder Hund, der den Ton auffängt, gleichfalls den Kopf aufwirft und ein wetteiferndes Gebelle eröffnet. Kapitän Reud sprach eben so schnell als laut, weshalb er seinen Gegnern nahezu gewachsen war, weil diese nur laut redeten.

An dem andern Ende der Tafel standen die Wahrscheinlichkeiten, wie zwei zu eins, was nicht immer gleichbedeutend ist mit eins gegen zwei. Das heißt, die zwei ältesten Aerzte hatten den jüngsten zum Opponenten. Diese drei waren bis auf eine Note hin – die Note nämlich, die sie unwillkürlich der Schiffsordnung als Zoll abtrugen – gerade so laut, wie die drei Kapitäne. Beide Partieen ließen sich über Pesten vernehmen.

»Ich behaupte, Sir,« sagte der kleine Wundarzt, welcher der älteste war, »sie ist nicht ansteckend. Doch da kommt Doktor Thompson.«

Nun hatte der gelehrte Doktor von Anfang an keine großen Aussichten, denn Kapitän Reud war fest entschlossen, ihn nicht invalid werden zu lassen. Die beiden andern Kapitäne kümmerten sich nichts um die Sache, wollten aber natürlich nicht so unhöflich sein, ihrem vorgesetzten Offiziere zu widersprechen, um so weniger, da derselbe großen Einfluß besaß und der Amphitrion des Tages war. Was nun die Aerzte betraf, so hatte der älteste einen besondern Groll gegen Doktor Thompson, weil er selbst nicht gesetzlich M. D. hinter seinen Namen schreiben konnte. Der zweite konnte in Behandlung der Frage gleichfalls nicht zu Gunsten des Patienten reden, da sonst die Reihe an ihn kam, mit nach Westindien zu ziehen, wenn er nicht sich selbst gleichfalls krank machen wollte; der jüngste aber war für den Augenblick gleichgültig gegen Alles, den Wunsch ausgenommen, seine Gegner aus dem Felde zu schlagen und die Kontagiosität der Pest zu beweisen.

»Doch da kommt Doktor Thompson – auf ihn berufe ich mich,« sagte einer der Non-Kontagionisten – eine sehr unglückliche Berufung für den Appellirenden sowohl, als für den Doktor, denn Letzterer war ein Kontagionist, und so stellten sich die Changen nicht länger wie zwei zu eins, sondern wie zwei gegen zwei. Die Debatte wurde stürmisch und unser Freund im weiten Rocke vergaß völlig, daß er krank war, wie auch seinen Gegnern außer Acht kam, daß sie seinen Gesundheitszustand zu untersuchen hätten. Sie hatten nichts Anderes im Auge, als ihre Lehrsätze, wurden laut, dann schneidend höflich, dann mörderisch sarkastisch und endlich eigentlich wüthend.

»Ich sage Euch, Sir, daß ich ein Buch über diesen Gegenstand geschrieben habe.«

»Hattet Ihr zu jener höchst unglücklichen Zeit keinen Freund in Eurer Nähe?« versetzte Doktor Thompson.

»Ihr mögt wissen, Sir, daß ich mit Niemand über dieses Thema streiten mag, wenn er nicht meine lateinische Abhandlung › de natura pestium et pestilentiarum‹ gelesen hat.«

»Dann werdet Ihr wohl blos mit Euch selbst streiten müssen,« sagte der stämmige, junge Arzt.

Jetzt übertönten die Stimmen der kriegerischen Männer die der Heilkünstler.

»Das schönste Auge, Kapitän Templar, das je unter einer sterblichen Stirne funkelte,« schrie unser Kapitän. »Sein liebliches Blau, das einem so zarten Gegenstand zu ihrer weißen Haut bildet, ist ganz –«

»Wie der Bläubeutel einer Wäscherin unter ihrem Seifensud – wässerig genug.«

Nun gewannen die medizinischen Stimmen das Uebergewicht und man vernahm deutlich folgende Ausdrücke –

»Ihr wollt mich der Ignoranz beschuldigen, Sir–r–r?«

»Nein, Sir–r–r. Ich behaupte blos, daß Ihr keinen Teufel von der Sache versteht.«

Während dieses Getümmels ging ich mit dem Zahlmeister über das Halbdeck.

»Was das doch für ein schrecklicher Lärm in der Kajüte ist,« bemerkte ich. »Was treiben sie denn?«

»Man macht den Doktor krank,« sagte der Marineoffizier, der sich uns eben angeschlossen hatte, mit einer weisen Miene.

»Wird bezweifelt,« versetzte der Zahlmeister.

»Das muß eine schreckliche Operation sein,« sagte ein junger, irischer Gentleman (die jungen Gentlemen in der Flotte sind in der Regel nicht jung); »aber zur Ehre des Dienstes sollte er's um's Leben nicht so schwer nehmen.«

»Das ist's gerade, was er eben jetzt zu thun versucht,« lautete die Entgegnung des Zahlmeisters.

Kehren wir jedoch zu der Kajüte zurück und lesen wir auf, was wir hören können. Ich berichte die Sätze, wie sie eben an jedem Ende des Tisches die Oberhand gewannen.

»Betrachtet nur ihren Gang,« sagte ein Kapitän, von seiner Dame sprechend.

»Schlotternd, schwach, im Zickzack,« erklärte ein Arzt, einen von der Pest Befallenen schildernd.

»Ihre schöne, offene Elfenbeinstirne –«

»Ist über und über mit abscheulichen Pusteln bezeichnet.«

»Und ihr Athem – oh, ihr köstlicher Athem –«

»Ekelhaft, giftig, verderblich.«

»In der That, ihr ganzer lieblicher Leib ist eine Region –«

»Voll pestilenzialischer Beulen und fauler Geschwüre.«

»Und,« brüllte Kapitän Templar, »wenn Ihr nur eine einzige Stunde in ihrer Gesellschaft zubringt – –«

»Werdet Ihr zuverlässig Eure Verwegenheit bereuen,« rief der starrköpfige Contagionist.

Diese Verwirrung währte vielleicht eine Viertelstunde – eine hinreichende Zeit, um mit gutem Gewissen ein ganzes westindisches Regiment krank zu machen.

»Nun, Gentlemen,« begann Kapitän Reud, ein wenig erhitzt aufstehend, »seid Ihr über diesen sehr einfachen Fall zu einem Entscheide gekommen? Ich bemerke, der Doktor sieht bereits besser aus; sein Gesicht ist nicht länger blaß.«

»Ich will Euch was sagen,« entgegnete der älteste Arzt, indem er sich mit dem andern erhob, »wenn Ihr weder auf mich, noch auf die Vernunft, noch auf mein Buch hören wollt, so kann ich zwar nicht für die Gesundheit Eures Geistes, wohl aber für die Eures Körpers einstehen. Meine Pflicht, Sir – meine Pflicht gestattet mir nicht, Euch als einen Invaliden zu prädiziren.«

»Sah in meinem Leben keinen gesundern Mann,« erklärte der zweite Wundarzt.

»Macht Euch nichts daraus, Doktor,« sagte der dritte; »wir haben sie doch schönstens aus dem Felde geschlagen.«

Die Kapitäne brachen in ein schallendes Gelächter aus, und die Inspektion hatte ihr Ende erreicht. Die ältern Aerzte erklärten, daß unser armer Doktor gesund sei, weil sie fanden, daß seine Ansichten krank waren.

Die drei Wundärzte entfernten sich; zuvor aber bemerkte noch der älteste mit einem grimmigen Lächeln gegen Thompson:

»Es könnte vielleicht einige Eurer Irrthümer verbessern und Euch für den nächsten Inspektionstag vorbereiten – soll ich Euch mein Buch › de natura pestium et pestilentiarum‹ schicken?«

Der heitere Doktor dankte ihm mit einem eben so grimmigen Lächeln, und lehnte die Gabe in aller Form mit der Versicherung ab, daß zur Zeit das Schiff ganz gut mit Emeticis versehen sei.

Nun war der gute Doktor ein Schalk, und der Kapitän, wenn es einen Scherz gab, ein wahrer Affe. Der Aspirant für die Invalidenliste setzte sich wieder an dem einen Ende der Tafel nieder, während die Kapitäne ein Gleiches an dem andern thaten. Wein, Anchovies, Sandwiches, Austern und andere leichte, stimulirende Speisen wurden beigeschafft, um zu einem behaglichen Lunche zu dienen. Kapitän Reud warf einen sehr heitern, triumphirenden Blick nach dem stummen und niedergeschlagenen Doktor. Der Diener hatte Letzterem ungeheißen ein Gedeck und Gläser vorgesetzt.

»Bringt den Teller des Doktors,« sagte der Kapitän.

Der Doktor verhielt sich leidend – der Teller wurde gebracht, mit Delikatessen gefüllt und ihm dann unmittelbar unter die Nase geschoben. Die Versuchung war furchtbar, da er sich bereits acht oder neun Tage lang durch Fasten kasteiet hatte. Er stierte den Inhalt des Tellers mit düsterer Sehnsucht an, blickte dann auf, und ein drolliges Lächeln, das bis in die tiefen Pockengruben hineinwirbelte, überflog sein Gesicht.

»Ein Glas Wein, Doktor?«

Die Flasche wurde vor ihn hingeschoben und sein Glas durch den Diener gefüllt. Der Doktor schüttelte den Kopf und erklärte:

»Ich sollt's nicht wagen, aber aus Höflichkeit will ich es an meine Lippen setzen.«

Er that so, und als das Glas wieder den Tisch erreichte, war es leer. Dann begann er allmählig seinen ungeheuren wollenen Tröster loszubinden, und als er sich unbeachtet glaubte, steckte er die Belästigung verstohlen in seine weite Rocktasche. Nun störte er in sorgloser Zerstreutheit die große Masse kalten Geflügels und Schinkens auf seinem Teller umher, und es gelang ihm durch einen unbegreiflichen Prozeß, ohne Anwendung des Messers, den Inhalt in eßbare Stücke zu trennen. Sie verschwanden rasch und der Teller war fast eben so schnell geleert, als das Weinglas. Der grüne Schirm fiel zufälligerweise von den Augen; aber statt ihn wieder aufzusetzen, ließ er ihn gleichfalls in die Tasche spazieren, damit er dort dem Tröster Gesellschaft leiste. Neben ihm stand eine Platte mit köstlichen Austern, zu welcher er schweigend seinen leeren Teller hinschmeichelte und den Inhalt verstohlen in die vielgekränkte Kehle hinunterschickte.

Die andern Gentlemen bewachten diese Operationen mit stummem Entzücken, und nach einer Weile forderte ihn Kapitän Templer auf, mit ihm einen Humpen zu leeren, was dann auch angenommen wurde, indem der Doktor sein Glas ohne viel Ziererei leerte. Er hatte noch ein schweres Spiel zu spielen; da er übrigens sah, sein Kunstgriff sei entdeckt, so däuchte es ihm am besten, den Irrthum dadurch wieder gut zu machen, daß er die durchscheinende Maske keck abwarf. Freilich legte ihm die Anwesenheit der zwei fremden Kapitäne einigen Zwang auf. Endlich warf er seine Augen auf Kapitän Reud, legte in sein Gesicht den drolligsten Ausdruck der Bitte und sagte mit possirlicher Kläglichkeit:

»Sind wir Freunde, Kapitän Reud?«

»Die besten von der Welt, Doktor,« lautete die rasche Antwort, und der Kapitän erhob sich, um ihm seine offene Hand entgegenzustrecken.

Doktor Thompson stand ebenfalls auf, trat an den obern Theil der Tafel, und Beide drückten sich sehr herzlich die Hände. Die beiden andern Kapitäne erbaten sich die gleiche Ehre und wünschten ihm Glück zu seiner raschen Wiedergenesung.

»Um Euch zu beweisen, wie sehr ich Euch schätze, Doktor, sollt Ihr mit uns diniren; wir wollen eine lustige Nacht durchmachen,« sagte unser Kapitän.

»O Kapitän Reud, bedenkt doch – wahrhaftig nein, so schnell kann's nicht gehen.«

»Ihr müßt, Ihr müßt. Gentlemen, Niemand versteht sich besser aufs Punschmachen. Bedenkt doch den Punsch, Doktor.«

»Das ändert freilich den Fall. Da diese eselhaften Wundärzte die diagnostischen Merkmale meiner Krankheit nicht voll zu verstehen vermochten, so muß ich wohl für die kleine Weile, die ich noch zu leben habe, meine Dienste erfüllen. Ich will meiner Pflicht nachkommen und pünktlich um fünf Uhr erscheinen, um mich zu überzeugen, daß keine schädlichen Ingredienzien in den Punsch gemischt werden.«

Mit diesen Worten verbeugte er sich und verließ die Kajüte, ohne sich auf die Schultern seiner Gehülfen zu stützen.

Noch aber hatte er die schlimmste Ordalie durchzumachen – nämlich dem Angriffe seiner Tischgenossen Trotz zu bieten, was er auch nobel that. Sie waren Alle in dem Konstabelzimmer versammelt, denn diejenigen, welche nicht schon dort gewesen, begaben sich augenblicklich dahin, sobald sie ihn herunterkommen sahen. Er watschelte an den obern Theil des Tisches, setzte sich nieder und rief mit einer Stentorstimme:

»Steward, ein Glas Halb und Halb. Gentlemen, ich muß voraussetzen, daß ihr nichts von einem medicinischen Falle versteht. Steward, bringt mir mein Pistolenfutteral und das kalte Fleisch. Ich behaupte, ihr versteht nichts von einem medicinischen Fall.«

»Wohl aber den Eurigen,« unterbrachen ihn zwei oder drei Stimmen zumal.

»Nein, ihr versteht nichts davon; aber dies versteht ihr vielleicht besser« – er schob seine langläufigen, mantonischen Duellpistolen in die Mitte des Tisches. »Nun, Gentlemen – ich habe nicht im Sinne, den Eisenfresser zu spielen – denn ich bin, Gott helfe mir, nur ein schwacher Civilarm des Dienstes, und« – hier greinte er ein wenig – »noch lange nicht ganz wohl. Gut, ich will euch meinen Fall zu eurer Zufriedenheit auseinandersetzen und so etwaigen kleinen Mißverständnissen vorbeugen. Ich war kürzlich von einer Art Atrophie behaftet, die in keinem medicinischen Handbuche beschrieben ist – von einer Stagnation der Fluida, von einer Congestion in den kleinen Blutgefäßen, und von einer spasmodischen Contraktion der peripherischen Nerven – ein Zustand, der mir mit den ernstlichsten Folgen drohte. Bei der Inspektion tischten zwei unwissende Quacksalber eine höchst lächerliche Ansicht – eine heterodoxe Lehre – eine verdammungswürdige Ketzerei auf. Als ich dies hörte, wurde mein gerechter Zorn geweckt, in einem Grade geweckt, daß eine Reaktion in meinem System stattfand, die so augenblicklich wirkte, wie eine galvanische Batterie. Meine Lebenskräfte sammelten sich, die Stagnation meiner Fluida hörte auf und die meuterischen kleinen Blutgefäße kehrten zu ihrer Pflicht zurück; ich bin daher so glücklich, sagen zu können, daß ich zwar noch weit entfernt bin, mich einer guten Gesundheit zu erfreuen, aber dennoch derselben um ein Bedeutendes näher gerückt wurde. Dies ist mein Fall. Fassen wir übrigens jetzt auch den eurigen in's Auge. Da wir für Monate oder vielleicht für Jahre in diesen Brettern eingeschlossen sein werden, so ist es unsere Pflicht, es uns gegenseitig durch Verträglichkeit, Höflichkeit und gegenseitige Nachsicht gemächlich zu machen. Von meiner Seite soll es nicht fehlen, und um dies zu beweisen, will ich nur so viel sagen, daß allerdings besondere Fälle eigentümliche Bemerkungen hervorzurufen im Stande sind; ihr werdet aber einsehen, daß diese, wenn man allzulange dabei verweilt, mir anstößig werden, und jene Eintracht stören müssen, die ich so sehr zu erhalten wünsche. Laßt uns daher die Sache mit einemmale bereinigen – macht alle eure Bemerkungen jetzt – scherzt, spottet, höhnt eine halbe Stunde« – er nahm seine Uhr heraus und legte sie auf den Tisch – »während ich mein Lunch zu Ende bringe, das ich, beiläufig bemerkt, in der Kajüte begonnen habe. Diese Zeit reicht zu, um euch alles Beißende über den Gegenstand sagen zu lassen; aber wenn ich nachher auch nur das Mindeste darüber höre – beim Himmel, so soll der Mensch, der sich untersteht, über mich zu witzeln, im nächsten Hafen mit mir an's Land gehen – oder sich, wenn wir auf der See sind, über den Tisch mit mir schießen. Wohlan, Gentlemen, ihr könnt anfangen, wenn's gefällig ist.«

»Hole mich der Teufel, wenn ich nur ein Wort über die Sache verliere,« sagte Farmer; »da habt Ihr meine Hand darauf.«

»Auch die meinige.«

»Und die meinige.«

Sie kamen dann Alle heran, drückten ihm herzlich die Hand, und der Gegenstand war für immer abgethan. Am nämlichen Abend machte Doktor Thompson den Punsch des Kapitäns, und verschloß sorgfältig seinen Invalidenanzug in seiner größten Seekiste.

Welchen Eindruck auch diese Anekdote auf den Leser üben mag, so müssen wir doch dem Doktor die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er sich für das Schiff als ein wahrer Segen bewies. Er zeigte sich als wohlwollender Freund und als geschickter, schonungsvoller Arzt, war ein Beförderer aller geselligen Lust, dämpfte das Aufbrausen der Leidenschaften, bot bei Beleidigungen eine vermittelnde Hand, und stiftete allenthalben Frieden.

*

 


 << zurück weiter >>