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Das Todtengräber Lied

(Handschriftlich)

Die Menschen san mir alle feind,
's gibt Manchen, der mich haßt,
Und doch bin ich sein letzter Freund,
Wenn alles ihn verlaßt;
Denn 's Sterben fürcht' a jeder Mann,
Vor'n Tod wird allen graus;
Und's muß halt do a jeder dran,
Und's bleibt mir kaner aus.

So mancher voll von Lebens Pein,
Sehnt sich nach stiller Ruh,
Den leg ich stad ins Grab hinein
Deck ihn mit Erde zu.
Und Aeltern, Kinder, treue Freund,
Selbst Braut und Bräutigam,
Ja viele die sich früher feind,
Lieg'n ruhig jetzt beisamm.

Der Eine, gwohnt auf Feder z'liegn
Der Andre nur auf Stroh
Thun alle d'gleiche Bettstadt kriegn
's beklagt sich kaner do;
Da ruh'ns von allem Kummer aus
Und bleiben gern bei mir,
Sie finden ja in meinem Haus
Das ruhigste Quartier.

Selbst Aemter, Orden, Ehr und Geld
Ist man nur amal todt,
Dann gibt man alles gerne her,
Das ist da unt nit Mod.
A Monument kriegt er fürs Geld
Und ist's oft gar nit werth,
Und manchen Braven in der Welt
Den leg'ns ganz stad in d'Erd.

Und so schwind't alles und vergeht
Zerrinnt wie Nebel-Dunst,
Nur Eins bleibt ewig und besteht:
Die Tugend und die Kunst.
Drum den, den wir als Künstler ehr'n
Und den die Tugend krönt,
An den denkt so a jeder gern,
Der braucht ka Monument.

Repetitions-Strophen.

So lang der Mensch am Leben ist,
Hat er an schweren Stand,
Denn gibts nur was zum Schimpfen g'wiß
Sein d'Leut glei bei der Hand.

Doch wenn ers überstanden hat,
Und ist nur einmal tod,
Schreit jeder glei: 's ist ewig schad –
Den Braven – tröst ihn Gott.

Zufrieden stellen hier die Leut,
O mein Gott, das ist schwer!
Gebt's jeden, was er wünscht gleich heut,
Und morgen will er mehr.

Man rennt dem Glück oft nach rabiat,
Und holt's am Grab erst ein,
Doch dorten ist's halt schon zu spat
Man sinkt sammt ihm hinein. –


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