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Trauerlied
von denen
Soldaten
welche
den 5ten Juny sind erschossen worden.

Wien, 1794

Im Tone: Ach Schwester, die du sicher.

Schwingt euch betrübte Seelen
Aus eurer Angst empor,
Und singt in Wehmuthstönen
Der Welt ein Klaglied vor,
Denn bald erscheint die Stunde,
Die jeder zitternd nennt,
Die schreckenvolle Stunde
Die euch vom Körper trennt.

Ach höret, Menschen höret.
Was nicht die Wuth gethan.
Wie Unsinn oft bethöret,
Den Jüngling straffen kann.
Prägt diese Leidgeschichte
Tief in das Herz hinein,
Und lernt durch unser Sterben
O Brüder Menschen seyn.

Wir schwur'n vor ein'gen Jahren
Dem Kaiser unsre Treu,
Und wünschten uns aus Thorheit,
Des Bundes wieder frey,
Wir floh'n und seht, der Himmel
Ließ uns es nicht gedeih'n
Gleich brachte uns man wieder,
Als Deserteure ein.

Doch höret Menschenkinder,
Was g'schah nicht diese Zeit,
Wir wurden Strassenräuber,
Nur aus Vermessenheit,
Und denen die wir raubten,
Drohten wir mit dein Tod,
Doch überfiel uns alle,
Die größte Angst und Noth.

Nun liebste Kammeraden
Erfüllt dann Eure Pflicht,
Erwäget unsre Thaten,
Verschonet unser nicht.
Wir fühlen uns verschuldtet,
Verzeiht, was wir gethan,
Seht nur nicht unser Laster,
Vielmehr den Unsinn an.

Wir sterben liebste Brüder
Seht unser Herz ist voll,
Wir sterben, doch wir sterben
Nicht wie man sterben soll,
Nicht rühmlich vor dem Feinde,
Nicht siegend in der Schlacht.
Nein Brüder unsre Boßheit
Die hat uns umgebracht.

Schwingt euch betrübte Seelen
Zu Gottes Thron empor,
Beweinet eure Fehler,
Stellt euer Klaglied vor;
Der Himmel wird euch nehmen
Führwahr in seinen Schutz.
Macht Menschen hier auf Erden
Dies Beispiel euch zu Nutz.


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