Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Ehefeindlicher Gesang

Nein ich thue nicht was man will,
Droth man mir auch noch so viel;
Wenn auch alle Anverwandten,
Mich enterbten, mich verbannten,
Geh ich doch kein Heurath ein,
Dann ich will kein Sklave seyn.

Um der Ruhe süssen Werth,
Wird die Erbschaft leicht entbehrt;
Jene besser zu geniessen,
Will ich nichts vom Ehestand wissen,
Denn der glücklichste Gemahl
Lebet niemals ohne Qual.

Ehestand und die Fröhlichkeit,
Sind von sich entfernet weit;
Und für die so ehelich leben,
Kann es nur zwey Täge geben,
Die man glücklich nennen mag,
Hochzeit und Begräbnißtag.

Hoffnung zu den Wittwen Stand,
Ist der Trost im Eheband.
Und wenn wirs recht überlegen,
Soll uns nichts dazu bewegen,
Als die vorgebild'te Freud,
Das der Tod uns wieder scheid't.

Wie! an eine Frau allein,
Soll man stets gebunden seyn!
Niemals sie verlassen können,
Und bis der Todt es will vergönnen,
Und bis der die Freyheit giebt,
Ewig sehn, was man nicht liebt!

Wenns zu lieben mir gefällt,
Lieb ich, die ich mir erwählt,
Ohne doch ihr Man zu werden:
So vermeid ich all Beschwerden.
Blos aus Willkür liebt man mehr,
Und aus Pflicht nur halb so sehr.

Wenn es manche Fehler giebt,
Sucht man sie so lang man liebt,
Keinen Abscheu zu erwecken,
Vor dem andern zu verstecken:
Ist man einmal Frau und Herr,
Giebt man sich die Müh nicht mehr.

So behalten wir die Macht,
Wenn das Herz es nöthig acht,
Uns die Freundschaft aufzukünden,
Weil uns keine Bande binden,
Find man sich nicht gut dabey,
Steht es uns zu ändern frey.

Kaum ist noch kein Jahr herum,
Welchet man ab wie ein Blum;
Dann das stette Mißvergnügen,
Macht den muntern Geist verfliegen;
Lauter Sorgen, keine Lust,
Fühlt die unzufriedne Brust.

Kinder, Frau und Magd und Knecht,
Machen es uns selten recht;
Und dieß alles sollt ich wissen,
Und mich doch dazu entschliessen!
Nein! mein Herz das liebt die Ruh,
Und sagt ewig Nein dazu.


 << zurück weiter >>