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Der Brigittenauer Kirchtag,

ein Volkslied, nach der bekannten Melodie zu singen:
Josef und seine Brüder

Wien, 1834.
Gedruckt mit Hagenauer'schen Schriften.

Was strömt das Volk aus allen Classen
Und Groß und Klein von Häusern fort,
Was drängt es sich in dichten Massen,
Unaufhaltsam nach einem Ort?
Und Aller Miene tragt die Spuren,
Von Freude, ja von höchster Lust. –
So tobt's hinaus nach grünen Fluren
Laut jauchzend aus der frohen Brust. –

Brigittens Fest, – die Kirchenweihe, –
Ruft es zur gleich benannten Au,
Dort steht seit langer Jahren Reihe,
Ein Kirchlein, einfach ist sein Bau;
Sein Stifter war vom Fürstenstamme,
Gleich groß als Held und frommer Christ,
Sein Thatenruhm, so wie sein Name,
Bei Oesterreich unsterblich ist.

In den bedrängnisvollen Tagen,
Wo siegend schon ein Schwedenschwarm
Bei Wien sein Lager aufgeschlagen,
Beschützt e nur sein Heldenarm;
Zum hohen Kriegsrath, den er lenket
Als Feldherr sammelt er die Schaar,
Der and'ren Führer und bedenket,
Wie Wien zu retten vor Gefahr.

Und als sie nun zusammen alle,
Im Kreise pflegten weisen Rath,
So lauert schon nach ihrem Falle
Der Feind, der sie bemerket hat.
Er zielt mit tödtendem Geschütze,
Auf sie, – Verderbenslust im Sinn, –
Und bei des Pulvers Donner-Blitze,
Fliegt nach dem Zelt die Kugel hin. –

Hart an des Fürsten theuren Leben,
Stürzt brausend auf die Erde sie,
So daß erschreckt die Helden beben,
Doch er sinkt schweigend auf die Knie
Und sendet fromme Dankgebete
Zum Himmel, und gelobt genau.
Als Denkmal auf der Rettungsstätte
Der heiligen Kapelle Bau.

Kaum als das fromme Werk vollendet;
Da stift't nach christlichem Gebrauch,
Weil Gott dem Bruder Sieg gesendet
Der Kaiser selbst den Keß hin auch,
Der heiligen Brigitt' zu Ehren,
Die der Altar im Bilde weis't,
Vor dem, des Höchsten Ruhm zu mehren,
In Andacht sich erhebt der Geist.

Was aus versunk'ner Vorzeit Tagen,
Ehrwürdig sich zur Kunde bringt,
Muß sich zur spätesten Nachwelt tragen,
Denn Würd'ges nie gemein verklingt,
Drum walt das Volk seit langen Jahren
Schon nach dem Gott geweihten Ort,
Es zieht dahin in großen Schaaren,
Verrichtet seine Andacht dort. –

Der Tag, an dem die Kirch' geweihet,
Ist als ein Volksfest hochberühmt;
Alljährlich wird es froh erneuet,
Zur allgemeinen Lust es stimmt;
Die bunt gemischte Menschenmenge,
In langen Zügen strömt zur Au',
Und stellt im wogenden Gedränge,
Dem Blick' das schönste Bild zur Schau.

Die Au romantisch schön an Schätzen
Der allbewunderten Natur,
Die lockt nach ihren Zauberplätzen,
Sie ladet auf die sammtne Flur;
Von ihres Bodens grüner Schwelle,
Bis wo sie rings begränzt der Fluß,
Herrscht überall auf jeder Stelle
Der vollsten Freude Hochgenuß.

Von tausend Instrumenten schallen
Verworr'ne Töne weit herum.
Von Ferne schon an's Ohr sie fallen.
Verkündend dieses Tages Ruhm,
An dem das Volk in großen Massen,
Verbreitet auf dem weiten Raum'
Der Au', der Lust blos überlassen.
Sich freu't im gold'nen Kindheits-Traum!

Wer malte all' die bunten Scenen,
In denen sich's zur Schau hier trägt, –
Ein Chaos-Bild wär' es zu nennen! –
Hier einer der die Harfe schlägt,
Dort Geige, Bockspfeif und Trompete
Mit Leyer, Trommel und Cymbal,
Spielend in der tollsten Wette,
Zu Flöten- und zu Hörnerschall.

Verschwunden ist die Kluft der Stände, –
Vornehm, Minder, Groß und Klein,
Biethet traulich sich die Hände,
Lebt der Freude blos allein.
Ebenso des Altersstufen,
Zwanglos hier gelöset sind; –
Alles folgt dem frohen Rufen:
Mutter, Greise, werden Kind.

Hier schwingen sich zu munt'ren Reihen,
Der Tänzer mit der Tänzerin,
Dorther tönt frohes Jauchzen, Schreien, –
Da zieht ein Trupp zu Gauklern hin,
Um ihre Possen anzusehen,
Andere treibt Sucht nach Gewinn, –
Ihr Glück im Spiele zu bestehen,
Eilen hoffend sie dahin; –

Der eben erst auf Krücken gehend
Noch bettelte als halb kontrakt, –
Den sieht man nun im Kreise drehend,
Nach eines Fiedlers raschen Takt;
Musik und Wein, – die hab'n vollführet,
Dies Wunder schnell mit ihrer Macht, –
Doch besser hätt den Schelm kuriret,
Eine derbe Prügeltracht.

Weiter zeigt sich dort zur linken
Seite, ein Spektakel mir:
Ein Weib, ein Hund, um einen Schinken,
Balgen ritterlich sich hier,
Ringsum steh'n die Kampfesrichter,
Theilen Sonn' und Wind in sie,
Des Weibes Streiche fallen dichter, –
Doch der Hund ist ein Genie. –

Wie sie will den Schlag jetzt führen,
Nach der Bestie mit Macht. –
Weis er schlau zu retiriren,
Das sie stürtzt, – und Alles lacht.
Während sie mit derben Flüchen,
Vom Sturze sich zu heben sucht,
Ist der Hund ihr längst entwichen,
Nahm mit der Beute er die Flucht.


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