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Eine wunderseltsame
Geschichte

oder:

Begebenheit,
welche sich zugetragen in der weltberühmten Stadt und Festung Großwardein in Hungerland, mit einer Kommandantens Tochter, welche ihr Herr Vater hat verheurathen wollen: was sich aber weiters mit ihr begeben, wird solches in dem Gesange zu vernehmen seyn.

Gedruckt in diesem Jahr.

In Hungerland zu Großwardein,
was neulich da geschehen sey,
will ich jezunder zeigen an,
merkt auf mit Fleiß ihr Fraun und Mann.

Der Kommandant selbiger Stadt
ein Töchterlein erzeuget hat,
Theresia mit Nam thät seyn,
gottesfürchtig, züchtig, keusch und rein.

Sie war von ihrer Jugend an,
der Andacht also zugethan,
mit bethen und singen allezeit,
lobt sie die heiligste Dreyfaltigkeit.

Sobald sie kommen zum Verstand
ihr keusches Herz vor Liebe brannt,
auf Jesum war ihr Thun gericht,
zu seiner Braut sie sich verpflicht.

Sie war sehr schön von Leibsgestalt,
ihres gleichen finde man nicht bald,
ein Kavalier, jung reich und schön
hat sich die Jungfrau ausersehn.

Er hielt an um das Töchterlein,
Der Vater gab den Willen drein,
Die Mutter zu der Tochter spricht,
mein Kind diesen doch lasse nicht.

Die Tochter fing zu weinen an,
ich habe schon ein Bräutigam,
dem ich habe versprochen ganz,
zu tragen meinen Jungfrauenkranz.

Der Vater sprach, es kann nicht seyn,
mein Kind das bilde dir nicht ein,
wo willst du bleiben mit der Zeit,
sehr alt sind wir schon alle Beyd.

Vor meinem End ich wissen wollt,
wo du auch einmal bleiben sollst,
darum mein Kind ich rathe dir,
nimm dir zur Eh den Kavalier.

Der Kavalier auch wieder kam,
man stellte bald die Hochzeit an,
es war alles darzu bereit,
die Braut war voller Traurigkeit.

Sie gieng in ihren Garten früh,
sie fiel darnieder auf ihre Knie,
rufte von ganzem Herzen an,
Jesum ihren liebsten Bräutigam.

Da kam ein schöner Jüngling dar,
sein Angesicht war hell und klar
sein Kleid mit Gold ganz ausgestickt,
die Jungfrau erst vor ihm erschrickt.

Er grüßt die Jungfrau wunderschön,
die Jungfrau thut da vor ihm stehn,
schamhaftig schlägt die Augen nieder,
empfieng gar schön ihrem Jesum wieder.

Die Jungfrau Jesum bald erkannt,
ihr keusches Herz vor Liebe brannt,
vergaß vor Freuden all Traurigkeit,
gedacht nicht mehr an ihr Hochzeit.

Der Jüngling an zu reden fieng,
verehrt ihr einen goldenen Ring,
schau da mein Braut, zum Liebespfand,
tragt diesen Ring an euer Hand.

Die Jungfrau da schön Rosen brach,
mein Bräutigam zu Jesu sprach,
hiemit sey du von mir verehrt,
ewig mein Herz sonst kein begehrt.

Da giengen die Verliebte zwey,
brachen der Blumen mancherley,
Jesus spricht zu seiner Braut,
komm, komm mein Garten auch beschau.

Er nahm die Jungfrau bei der Hand,
führt sie aus ihrem Vaterland,
in seines Vaters Garten schön,
darinnen viel der Blumen stehn.

Die Jungfrau da mit Freud und Lust,
sehr köstliche Früchte sie da kost,
kein Mensch ihm nicht einbilden kann,
was da vor edle Früchte stahn.

Sie hört viel Musik und Gesang,
die Zeit und Weil war ihr nicht lang,
die silberweissen Bächelein,
sie flossen da ganz klar und rein.

Der Jüngling sprach zu seiner Braut,
mein Garten habt ihr nun beschaut,
ich will euch geben das Geleit,
In euer Land es ist nun Zeit.

Die Jungfrau schied mit Traurigkeit,
kam vor die Stadt in kurzer Zeit,
die Wächter hielten sie bald an,
sie sprach laßt mich zum Vater gehn.

Wer ist ihr Vater? man sie fragt;
der Kommandant, sie frey aussagt,
der eine Wächter aber spricht,
der Kommandant hat kein Kind nicht.

An ihrer Kleidung man erkannt,
das sie auch seyn vom hohen Stand,
ein Wächter sie geführet hat,
bis für die Herren in der Stadt.

Die Jungfrau sagt und bleibt darbey,
daß der Kommandant ihr Vater sey,
und sey nur vor zweyen Stund,
da sie hinausgegangen jezund.

Die Herren nahm es wunder sehr,
man fragt; wo sie gewesen wär,
ihrs Vaters Nam, Stamm und Geschlecht,
das mußte sie erklären recht.

Man suchte auf die alte Schrift,
unter andern man dies antrift,
daß sich ein Braut verlohren hat
zu Großwardein in dieser Stadt.

Der Jahreszahl man gar bald nachschlägt,
hundert und zwanzig Jahr austrägt,
die Jungfrau war schön und klar,
als wenn sie nur wär fünfzehn Jahr.

Dabey die Herren wohl erkannt,
daß solche Werk von Gottes Hand,
man trug der Jungfrau für ein Speis
im Augenblick wurd sie schneeweiß.

Nichts leibliches ich mehr begehr,
sie bat, bringt mir ein Priester her,
daß ich empfang vor meinem End,
daß höchste Gut im Sakrament.

Sobald nun dieses ist geschehn,
viel Christen Menschen es gesehn,
wurd ihr ohn grosses Weh und Schmerz,
gebrochen ab ihr reines Herz.

Und ist entschlafen sanft und still,
merk wohl mein Christ ist es dein Will,
daß du einstmahls willst selig seyn,
so lebe züchtig, keusch und rein.

So wird dir Gott bey diesem Leben,
gewißlich auch den Himmel geben,
nach ausgestandenen Kreuz und Leid,
die ewige Freud und Seligkeit.

Ende.


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