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Lächerlicher Heurathsantrag
eines
verliebten Alten
der
ein junges Mädchen begehrt, aber einen Korb bekömmt.

Samt einem Liedchen.
Für alte Junggesellen und Wittwer.

Holde Göttin!

Sie werden mir allergnädigst permittiren, daß ich Ihnen diesen kurzen Brief vor ihre hellglänzende Augen lege, und zugleich mit selben mein zum Sterben in Sie verliebtes Herz ausschütte, welches alltäglich für Sie heisser zum Brennen anfängt; und auch niemand, als Ihre Gegenliebe zu Löschen im Stande ist. – Reizender Engel! wenn Sie wissen, was ich wegen Ihnen empfinde, wie viele Nachte ich wegen Ihrer angenehmen Person schlaflos durchwache, kurz, was ich wegen Ihnen leide, so würden Sie allsogleich mir armen Verliebten die Festung Ihres Herzens mit Akord übergeben. – Ach Sie liebenswürdiges Wutzerl! wann wird doch die erwünschte Zeit heranrücken, daß ich meine flammenden Lefzen auf Ihre Korallen Lippen drucken werde? – Machen Sie, daß wir doch bald ein Paar werden, sonst muß ich vor Liebesglud vergehen. – Erst gestern habe ich Ihre feine Pergamenthaut durch die Brille betrachtet, und mich kaum zu fassen gewußt. Leben Sie indessen wohl, ich verhoffe von Ihrer alerbasternen Hand bald eine Antwort zu erhalten.

Dero

bis zur Asche
getreuer Anbetter
N. N.

 

Mein Herr!

Ihr so albernes Schreiben habe ich theils mit Verdruß, theils mit Lachen durchgelesen, und aus selben ersehen, daß Sie nicht lange mehr hin haben in den runden Thurm versetzet zu werden. Ihr gänzliches Gehirn muß in Raserey gerathen seyn, weil Sie in Ihrem Alter sich einen Gedanken auf ein so junges Mädchen machen. Sparren Sie Ihre Zärtlichkeiten, und nehmen Sie lieber den Rosenkranz in die Hand, damit Ihnen die Anfechtungen vergehen, denn Sie taugen eher in ein Spital oder Invalidenhaus, als in das Brautbett.

Leben Sie wohl!

Ihre

wohlmeinende
Freundin
N. N.

Lied

Im Tone: Mädchen mit dem blauen Auge.

 

I. Der Alte.

O mein Engel! mein Vergnügen!
Meine Lust!
Könnt ich einmal dich besiegen,
Lilien Brust!
Lange hab ich dich geliebet.
Und du hast mich stets betriebet
Unbewußt.

 

II. Das Mädchen.

Bist du im Gehirn verrücket
Grauer Mann?
Oder sprichst durch Wein entzücket?
Sage an!
Daß ich doch zu deinen Ränken
Und fast nie erhörten Schwänken
Lachen kann.

 

III. Der Alte.

Ey' mein Schatz nicht so vermessen
Sparr den Scherz.
Dich werd ich gar nie vergessen.
Denn mein Herz
Muß seitdem ich dich gesehen,
Lichterloh in Flammen stehen.
Voll vom Schmerz.

 

IV. Das Mädchen.

Rede Alter! Deine Triebe
Dauern mich
Doch ist deine kalte Liebe
Lächerlich –
Denn du sollst nach Ips hingehen.
Dort um eine Braut umsehen,
Faße dich!

 

V. Der Alte.

Backfisch! was soll ich dort machen?
Welch ein Hohn!
Saumag'n! weißt du meine Sachen?
Pension
Habe ich – drey hundert Gulden,
Ich mach dich gleich ohne Schulden
Zur Frau von –

 

VI. Das Mädchen.

Auweh! was nützt so ein Titel?
Herr! wie dumm –
Und zu klein sind diese Mittel
Auch Ihr Ruhm,
Scheinet mir gar nicht vom Adel,
Denn zu schlecht sind Ihre Wadel –
Seyn Sie stumm!

 

VII. Der Alte.

Um zu tilgen die Beschwerden,
Glaube mir!
Ich bin einer von Gelehrten
Sicher hier;
Ich kann ortographisch schreiben.
Mit Latein die Zeit vertreiben –
Bin kein Stier.

 

VIII. Das Mädchen.

Einen Deutschen will ich haben,
Dieß Latein,
Ist die beste Ihrer Gaben,
Für die Schwein'
Die sich reiben an der Mauer;
Sie sind gröber als ein Bauer,
Dort aus Krain –

 

IX. Der Alte.

Reit't dich Fisperl nicht der Teufel
Welch ein Schand!
Ich krieg eine ohne Zweifel
Noch vom Land;
Die wird sich sogleich bequemen,
Trotz dem Alter anzunehmen
Meine Hand.


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